Kommunalpolitik

Bensheimer müssen mehr für Abwasser zahlen

In Bensheim werden ab dem 1. Januar die Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser erhöht. Die Stadtverordnetenversammlung sprach sich mit den Stimmen der Koalition für eine Anhebung aus.

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Dirk Rosenberger
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In Bensheim wird das Abwasser teurer. Die Stadtverordnetenversammlung hat mit Stimmen der Koalition eine Erhöhung zum 1. Januar beschlossen. © Dietmar Funck

Bensheim. Kurze Frage, schwierige Antwort: Was wird denn in diesen Tagen nicht teurer? Irgendetwas wird sich sicherlich finden, seit Donnerstagabend weiß man aber: Das Abwasser in Bensheim fällt nicht darunter. Die Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser werden auf Antrag der Koalition aus CDU, SPD und FDP angehoben.

Auslöser für das Vorgehen noch vor Ablauf des Kalkulationszeitraums Ende 2024 sind die erhöhten Kosten beim Zweckverband KMB. Im Vergleich zu 2021 steigt die von der Stadt zu zahlende Verbandsumlage um 1,1 Millionen auf mehr als sieben Millionen Euro – Stichwort galoppierende Energiepreise.

Bei der Straßenentwässerung könnten somit 105 000 Euro zusätzlich eingenommen werden, beim Abwasser 585 000 Euro. Konkret bedeutet das: Beim Schmutzwasser geht es von 1,64 Euro pro Kubikmeter auf 1,83 Euro, die Gebühr für das Niederschlagswasser wird von 57 Cent pro Quadratmeter befestigter Fläche auf 64 Cent steigen. Nach Angaben der Rathausspitze würde ein Drei-Personen-Haushalt in einem Einfamilienhaus (diese Referenzgröße wurde im Ausschuss genannt) 30 Euro jährlich mehr zahlen.

Stadt muss auch mehr zahlen

Andererseits wird durch den Beschluss aber auch die Stadt stärker zur Kasse gebeten und muss 105000 Euro mehr zahlen, „denn auch die Stadt nimmt Leistungen des KMB in Anspruch“, erklärte CDU-Stadtverordneter Bernhard Stenger in der Sitzung der Stadtverordneten im Bürgerhaus. Er verteidigte die Entscheidung gegen Kritik der Opposition und eine Warnung der Verwaltung vor juristischen Konsequenzen wegen des Eingriffs in den aktuellen Kalkulationszeitraum (wir haben berichtet).

„Gebührensatzungen sind kein Wunschkonzert, bei dem die Vertreter der Kommunen Fantasiezahlen aufrufen. Es geht schlicht um die Umlage der Kosten auf diejenigen, die die Leistung in Anspruch nehmen“, so Stenger. Die Steigerung der Energiekosten von mehr als 40 Prozent sei beim Beschluss 2021 nicht vorhersehbar gewesen. Jetzt könne man das aber nicht mehr ignorieren und müsse handeln.

Wenn man die Gebühren nicht erhöhe, werde das zwangsläufig zu Nachzahlungen führen. Außerdem müsse der Haushalt an dieser Stelle entlastet werden, um das Defizit zu verringern. Die Argumente für eine Anhebung seien stark genug, um gegebenenfalls vor Gericht zu bestehen. Die angeführten Urteile, auf die verwiesen wird, lägen mehr als ein Jahrzehnt zurück und „sind aus meiner Sicht hier nicht anwendbar“. Auch müsste überhaupt erst einmal jemand klagen.

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Die Bürger würden aus seiner Sicht nicht besonders stark dadurch belastet, es handele sich um kleine zweistellige Euro-Beiträge pro Haushalt im Jahr. Selbst wenn die Gas- und Strompreisbremse beim Zweckverband greife, hätte man immer noch höhere Ausgaben als zuvor.

Ähnlich argumentierte SPD-Fraktionschef Jürgen Kaltwasser. Nach den gesetzlichen Vorgaben müssten Gebührenhaushalte ausgeglichen sein. „Wir haben also eigentlich gar keine große Wahl.“ Wenn man abwarte, müsse man die Bürger in zwei Jahren massiver zur Kasse bitten, denn die Unterdeckung summiere sich. Vermutlich würde man dann Prügel beziehen, weil nicht rechtzeitig gegengesteuert worden sei. Das Klagerisiko stufte Kaltwasser als äußert gering ein.

Er kritisierte jedoch, dass eine von der Stadt angeforderte juristische Einschätzung durch den Hessischen Städte- und Gemeindebund bis zur Sitzung nicht abgegeben werden konnte. „Das finde ich grenzwertig.“ Schließlich sei dies bestimmt nicht der erste Fall in Hessen gewesen, vermisste er den guten Willen beim Spitzenverband.

Sicherheit vor Gebührenschwankungen

FDP-Fraktionsvorsitzende Thorsten Eschborn betonte, dass man auf die gestiegenen Kosten reagieren müsse und nichts anderes mache als den bisherigen Drei-Jahres- Rhythmus in einen einjährigen zu ändern. Rechtliche Bedenken habe seine Partei nicht, erläuterte der Jurist. Die Prognose müsse immer unter regelmäßigen Umständen erfolgen. „Wenn wir Krieg in Europa haben, eine Teuerung der Energiepreise, dann haben wir keine regelmäßigen Umstände, sondern eine Krise. Das müssen wir zeitnah reagieren.“

Mit Unverständnis reagierte Moritz Müller auf den Antrag der Koalition. „Ein Kalkulationszeitraum dient der Sicherheit vor jährlichen Gebührenschwankungen für die Bürger. Dieses Prinzip verletzten Sie heute“, konstatierte der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Die Erhöhung betreffe sowohl Grundstückseigentümer als auch Mieter. In der aktuellen Zeit sei dies „kein nötiges Signal“. Ob Nachzahlungen Ende 2024 überhaupt notwendig werden, wisse man heute nicht.

Das Verhalten der Koalition zeige keine Verlässlichkeit und beinhalte ein enormes Klagerisiko. Sollte der KMB durch die Strompreisbremse entlastet werden, hätten die Bürger zu viel gezahlt. Werde dann erneut die Satzung geändert? „Das ist doch absurd“, meinte Müller. Er verstehe nicht, warum die Einordnung der Verwaltung ignoriert werde und nicht auf die Stellungnahme des Spitzenverbands gewartet wird.

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Franz Apfel (BfB) zeigte durchaus Sympathien für eine Erhöhung. Jedoch brauche es vorher eine juristische Stellungnahme. Ob der Eingriff während des Kalkulationszeitraums korrekt ist, sei eine wichtige Information, die nun nicht vorliege. Daher könne man dem Antrag jetzt nicht folgen. Am besten sei eine Vertagung, bis Klarheit herrscht. Die Einlassungen der Verwaltung solle man ernst nehmen. Ansonsten könne man die Argumentation der Koalition verstehen, die Bürger in zwei, drei Jahren nicht stärker belasten zu wollen.

Apfel verwies zudem auf eine Bürgerinitiative in Darmstadt, die vor ein paar Jahren erfolgreich gegen höhere Abwassergebühren geklagt habe. Rolf Tiemann plädierte ebenfalls dafür abzuwarten, bis Rechtssicherheit herrscht. „Für beide Vorgehensweisen gibt es Argumente. Aber für uns überwiegen dabei die Risiken“, bemerkte der FWG-Fraktionschef.

Weil man nicht wisse, was ein mögliches Gerichtsurteil später bringen werde, sollte man sich wegen der Unwägbarkeiten jetzt ruhig verhalten und den Antrag zurückziehen, schlug Rolf Kahnt, Vorsitzender der Fraktion Vernunft und Augenmaß vor. Grundsätzlich beurteilte er die Anhebung als moderat, zustimmen könne er aufgrund der Unsicherheiten aber nicht.

Die Abstimmung verlief am Ende der Debatte erwartungsgemäß. Die Koalition votierte für eine Erhöhung, Grüne, BfB, FWG und VuA dagegen. Somit werden ab dem 1. Januar die Gebühren entsprechend angehoben.

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