Bensheimer Feuerwehren

Bensheimer Feuerwehren waren 476 Mal gefordert

Bei ihrer Versammlung am Freitagabend erstattete Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn umfassend Bericht. Nach wie vor ein Problem gibt es beim Nachwuchs.

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Dirk Rosenberger
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Ehrungen, Beförderungen und Ernennungen standen auf der Tagesordnung der Versammlung aller Bensheimer Feuerwehren am Freitagabend im Bürgerhaus Kronepark in Auerbach. An der Zusammenkunft nahmen auch zwei Kameraden und eine Kameradin aus der Ukraine teil, die am Wochenende mit einem Hilfstransport zurück in ihre Heimat gefahren sind. © Thomas Zelinger

Bensheim. Ein Lob für die Feuerwehr geht schnell über die Lippen. Ehrenamtliche, die ihr eigenes Leben riskieren, um Menschen (sowie ab und zu Tieren) in Not zu helfen? Da fallen Würdigungen leicht – und sind zurecht auch angebracht.

Aber die Bensheimer Feuerwehren sind viel mehr als eine schlagkräftige Truppe, die ausrückt, wenn die Leitstelle alarmiert. Sie sind eine verschworene Gemeinschaft, eine stabile Stütze der Stadtgesellschaft und Männer und Frauen mit einem großen Herz. Das zeigte sich zuletzt bei der Versammlung aller Bensheimer Feuerwehren am Freitagabend im Bürgerhaus Kronepark in Auerbach.

Mit dabei waren Iryna Drinkova, Andrii Mohylntskyi und Taras Bachuk von der Feuerwehr aus dem ukrainischen Chmelnyzkyi, die mit einem Lkw voller Hilfsgüter und einem ausrangierten Fahrzeug der Werksfeuerwehr von Sirona am Wochenende wieder die Heimreise ins Kriegsgebiet antraten. Bereits im Herbst war das Trio an die Bergstraße gekommen, um einen funktionsfähigen Löschwagen der Auerbacher Feuerwehr abzuholen.

Bei Rettungseinsatz gestorben

Allerdings hatten sie auch einen Verlust zu betrauern, denn vor Wochenfrist kamen zwei Kameraden bei einem Rettungseinsatz ums Leben, nachdem die Heimatstadt von Drohnen angegriffen wurde. Ihnen gedachte die Versammlung ebenfalls bei der Totenehrung zu Beginn. Und dass aus den Besuchern längst gute Freunde geworden sind, mit denen man hofft und bangt, war an diesem Abend ebenso spürbar.

Sowohl Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn als auch Bürgermeisterin Christine Klein erinnerten an die bisherigen Hilfsaktionen und sagten weitere Unterstützung zu. „Die Fahrzeuge werden dort dringend gebraucht, genauso wie Material und Ausrüstung“, bemerkte Karn.

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Er blickte anschließend in seinem Bericht auf ein erneut arbeitsintensives Jahr mit einem breiten Spektrum an Aufgaben und Herausforderungen zurück. Zwar ging die Zahl der Alarmierungen von 487 auf 476 leicht zurück, die Helfer mussten jedoch mehr Arbeitsstunden leisten. Der Stadtbrandinspektor führte dies unter anderem auf den schwierigen Einsatz bei Münster zurück, wo es im Sommer zu einem Waldbrand auf dem Gelände eines ehemaligen Munitionsdepots kam. Über 21 Stunden am Stück half man damals den Kollegen im Nachbarkreis aus.

Wieder mehr Einsatzkräfte

Beschäftigt haben die Brandbekämpfer erneut viele Fehlarme. Warum die Zahl steigt, müsse noch genauer ergründet werden, so Karn. Eine mögliche Ursache könne sein, dass die Kräfte bei der Anfahrt wieder abgezogen wurden, weil sich das Einsatzszenario weniger bedrohlich war als bei der Alarmierung gedacht.

Grundsätzlich erfreulich ist die Entwicklung der aktiven Mitglieder. 350 Einsatzkräfte (2021 waren es 335) stehen in Bensheim und den Stadtteilen zur Verfügung. Ein Problemkind bleibt der Nachwuchs. Waren es 2017 noch 120 Jugendliche in den Jugendwehren, sind es momentan lediglich 81. „Das können wir so nicht hinnehmen, davon hängt unsere Zukunft ab“, betonte Karn.

Ehrungen, Beförderungen und Ernennungen

  • Ehrungen, Ernennungen, Verabschiedungen und Beförderungen: Die Mitgliederversammlung aller Bensheimer Feuerwehren bot einen würdigen Rahmen, um Anerkennung auszusprechen und die wichtige Arbeit der Frauen und Männer zu würdigen.
  • Das Silberne Brandschutzverdienstzeichen am Band erhielten Hans Förg, Jürgen Ritz und Uwe Reichelt. Dieter Stephan, Jonas Schwerig und Simon Bickel bekamen das Bronzene Brandschutzverdienstzeichen. Die Kameraden, die nicht anwesend sein konnten, werden nachträglich geehrt.
  • „Sie haben über viele Jahre Verantwortung übernommen“, begründete Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn die Ehrung. Kreisbrandmeister Karl-Heinz Zecher oblag es, die Verdienstzeichen an den Mann zu bringen. Der Zwingenberger gratulierte der Nachbarstadt „für so eine schlagkräftige Wehr“.
  • Seit 25 Jahren Ehrenbeamter als stellvertretender Wehrführer beziehungsweise Wehrführer in Gronau wirkt Uwe Sänger. Für sein Dienstjubiläum überreichte ihm Bürgermeisterin Christine Klein eine Urkunde.
  • Zu Wehrführern ernannt nach ihrer jeweiligen Wahl wurden Alexander Merk (Mitte), Sascha Klein (Fehlheim), Harald Friedrich (Fehlheim, Stellvertreter), Uwe Sänger (Gronau), Florian Sänger (Stellvertreter Gronau), Patrick Kleber (Langwaden), Jörn Kleber (Stellvertreter Langwaden), Jens-Peter Karn (Schönberg), Michael Lortz (Stellvertreter Schönberg), Tobias Kindinger (Wilmshausen), Philipp Laubach (Stellvertreter Wilmshausen), Uwe Reichelt (Zell), Werner Mößinger (Stellvertreter Zell).
  • Den Diensteid legten außerdem Alexander Merk, Harald Friedrich und Florian Sänger ab.
  • Tassilo Deipenbrock (stellvertretender Wehrführer Auerbach) und Roland Schneider (stellvertretender Wehrführer Hochstädten) waren bisher kommissarisch in ihren Ämter. Weil sie nun alle erforderlichen Lehrgänge absolviert haben, konnten sie nun hochoffiziell in ihre Ämter übernommen werden.
  • Jürgen Ritz war von Dezember 2007 bis Januar 2023 stellvertretender Wehrführer in Bensheim-Mitte. Er wurde ebenso verabschiedet wie Simon Bickel, stellvertretender Wehrführer in Gronau von Januar 2013 bis Januar 2023. Hans Förg, von Dezember 2002 bis Januar 2023 Wehrführer in Bensheim-Mitte, konnte krankheitsbedingt nicht verabschiedet werden.
  • 50 Kameradinnen und Kameraden durften sich über eine Anerkennungsprämie des Landes Hessen freuen zehn, 20, 30 und 40 Jahre aktiven Dienst.
  • Befördert wurden zudem Harald Friedrich zum Brandmeister und Alexander Merk zum Oberbrandmeister. dr

Gegenmaßnahmen haben die Fachleute schon ergriffen, mit einer hauptamtlichen Stelle im Bereich der Brandschutzerziehung, die demnächst ausgeschrieben wird, soll durch nachhaltige Präsenz in Schulen und Kitas Werbung gemacht werden. Stadtjugendwart Chris Pahlke verdeutlichte in seinem Bericht ebenfalls, wie dringlich es ist, verstärkt aktiv zu werden. Er sprach von einem „deutlichen Schwund“. Pahlke stellte aber auch heraus, dass es bei den Kinderfeuerwehren ein Plus gebe – von 56 auf 77 Mitglieder.

Weil jedoch vor allem Mädchen den Schritt in die Jugendwehr nicht gehen würden, müsse man überlegen, wie man für sie das Ganze interessanter machen könne. Davon abgesehen dürften kulturelle Unterschiede oder Sprachbarrieren kein Hinderungsgrund sein, um in die Feuerwehr einzutreten. „Wir sprechen hier eine universelle Sprache. Und die heißt Hilfsbereitschaft.“

„Unsere Truppe kaltgestellt“

Kritisch bewertete der Stadtjugendwart die Absage der Weihnachtsbaumaktion im Vorjahr. Es sei unverständlich, dass „unsere disziplinierte Truppe kaltgestellt wurde“. Andere Vereine hätten sich getroffen und das ausrangierte Grün abgeholt.

Mit einem Lob für das engagierte Arbeiten aller Betreuer und einen großen Dank an seinen Stellvertreter Andreas Ehrhard schloss Chris Pahlke seine Ausführungen.

Bürgermeistern Christine Klein, zugleich Feuerwehrdezernentin, dankte für die ehrenamtliche Arbeit im Brand- und Katastrophenschutz sowie die Unterstützung der ukrainischen Kollegen. Das sei keine Selbstverständlichkeit. Die Wertschätzung des Engagements finde seinen Niederschlag auch bei den Finanzen. So stehen im Haushaltsplan vier Millionen Euro für Investitionen und laufende Kosten. Im Verbund mit zwei neuen Stellen (Brandschutzerziehung und Gerätewart) belege dies, dass „die Kommunalpolitik hinter ihnen steht“.

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Nun müsse man weiter dran arbeiten, die kritische Infrastruktur krisenfester zu machen. Dazu zählen bekanntlich die Umrüstungen der Sirenenanlagen ebenso wie die Aufrüstung der Gerätehäuser, um bei einem Stromausfall den Betrieb sicherstellen zu können.

Christine Klein appellierte an die Männer und Frauen, frühzeitig die Notfallseelsorge in Anspruch zu nehmen, um einer psychologischen Überbelastung durch die Schicksale, mit denen die Rettungskräfte bei ihren Einsätzen konfrontiert werden, vorzubeugen. „Sehr berührt von der tollen Kameradschaft, die sie hier leben“, zeigte sich Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert. Ohne die Feuerwehren wäre die Stadtgesellschaft ein großes Stück ärmer. „Sie opfern einen Großteil ihrer Freizeit, um sich im Ehrenamt einzubringen. Dafür gilt Ihnen unser aller Dank.“

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