Gemeinsame Aktion

Aus Bensheim macht sich ein Lkw voller Hilfsgüter auf den Weg in die Ukraine

Von 
Jeanette Spielmann
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Der Lkw mit Hilfsgütern, die in den letzten Wochen gesammelt wurden, startete gestern von der Scholl-Schule aus in Richtung Chmelnyzkyi in der Ukraine. © Thomas Zelinger

Bensheim. Chmelnyzkyi ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region in der Westukraine. Sie hat mit rund 275.000 Einwohnern vor dem Krieg etwa die Größe von Wiesbaden und liegt ungefähr in der Mitte zwischen Lwiw (deutsch Lemberg) nahe der polnischen Grenze und Kiew. Galt sie im vergangenen Jahr noch als einigermaßen sicher, weswegen auch viele Binnenflüchtlinge in die Stadt kamen, zählt sie inzwischen aber ebenso zu den Zielen der russischen Drohnenangriffe.

Erst in der Nacht zu diesem Montag wurde die Stadt von insgesamt drei Angriffen getroffen, dabei wurden zwei Feuerwehrmänner während eines Rettungseinsatzes getötet. Das war um so tragischer, da es sich um Kameraden der drei Feuerwehrkräfte handelte, die im vergangenen Oktober schon mal in Bensheim waren, um den ausgedienten, aber funktionsfähigen Löschwagen der Auerbacher Feuerwehr abzuholen (wir haben berichtet).

In dieser Woche waren Iryna Drinkova, Andrii Mohylntskyi und Taras Bachuk erneut in Bensheim und diesmal waren sie mit dem eigenen Feuerwehr-Lkw gekommen, um Hilfsgüter einzuladen, die in den vergangenen Wochen und Monaten gesammelt worden waren.

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Heute sind sie wieder auf dem Weg zurück in die Ukraine – nicht nur mit dem voll beladenen Lkw, sondern auch erneut mit einem Feuerwehrauto. Diesmal war es ein ausgemustertes Fahrzeug der Betriebsfeuerwehr von Sirona.

In den drei Tagen in Bensheim konnte das ukrainische Trio einmal mehr die enorme Unterstützung einer ganzen Stadt erfahren, denn an dieser Hilfsaktion waren unzählige Hände beteiligt. Darunter auch die Geschwister-Scholl-Schule, die in einer beispielhaften Sammelaktion eine Fülle an Sach- und Geldspenden akquiriert hatte. Die Organisation und das Packen der Paletten hatten insbesondere die Schülerinnen und Schüler der Klassen 10Ra und 10Rb mit ihrer Lehrkräften Simon Zwierlein und Claudia Nauth sowie das Lehrerehepaar Sandra und Frank Maus übernommen.

Für diese „unkomplizierte Zusammenarbeit“ bedankte sich Jürgen Pfliegensdörfer, für den es inzwischen der siebte von insgesamt 15 Hilfstransporten in die Ukraine war, den der für das Team Bensheim der Tour der Hoffnung zusammen mit dem Verein „Wir sind Bergstraße“ organisierte. Auch hob er die „hohe soziale Kompetenz“ an der Schule hervor. Das empfanden auch die Ukrainer so. Es sei schön zu sehen, dass Kinder und Jugendliche helfen wollen, dankte Iryna Drinkova für die Unterstützung.

Beim Treffpunkt an der Scholl-Schule sprach sie die Hoffnung aus, bald wieder Frieden zu haben – besonders für die Kinder sei dies wichtig. Ein unbeschwerter Schultag wie an der Scholl-Schule sei derzeit nicht möglich. Oft müssten die Kinder in den Schutzkeller oder könnten gar nicht zur Schule gehen. Davon betroffen ist auch die Tochter von Iryna Drinkova, die sie auf der Fahrt nach Bensheim aus Sicherheitsgründen zu Freunden in Polen gebracht hatte. Sie hatten sich eigentlich alle auf den in diesem Jahr anstehenden Schulabschluss gefreut, aber aktuell besteht die große Sorge, ob das überhaupt möglich ist.

Solidarität und Mitgefühl

Es waren vor allem Solidarität und Mitgefühl, die dem großen Engagement der Schulgemeinde zugrunde lag und die im PoWi-Kurs von Sandra Maus auf fruchtbaren Boden gefallen waren. Das spiegelte sich am Donnerstag auch in den Aussagen der Schülerinnen und Schüler wider. Wenn man selbst in so einer Situation wäre, wäre man auch über Hilfe und Unterstützung dankbar. „Wir werden immer an der Seite der Ukraine stehen“, versicherte eine sichtlich bewegte Schülerin, die ihre Wurzeln in Kasachstan und Freunde in der Ukraine hat.

Neben der Geschwister-Scholl-Schule waren an dem „tollen Netzwerk“, so Bürgermeisterin Christine Klein, aber noch viele andere Unterstützer und Helfer beteiligt. So stehen die Bensheimer Feuerwehren, am Donnerstag durch Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn vertreten, inzwischen in engem Kontakt mit der Feuerwehr in Chmelnyzkyj und haben die Kontakte mit der Betriebsfeuerwehr von Sirona geknüpft.

Der Verein „Wir sind Bergstraße“ ist fester Bestandteil des Netzwerks und mit im Boot war auch die Wirtschaftsvereinigung Bensheim, die dem Spendenaufruf gefolgt war. Denn finanzielle Mittel waren erforderlich, um die benötigten Notstromaggregate, haltbare Lebensmittel und weitere Hilfsmittel einkaufen zu können. Insgesamt konnten dadurch unter anderem 13 Notstromaggregate auf den Weg in die Ukraine gebracht werden.

Nicht vergessen wurde von Bürgermeisterin Klein Ralf Finkenwirt mit Tochter Allegra, durch die im vergangenen Sommer der Kontakt mit der ukrainischen Feuerwehr ins Rollen gekommen war. Sie waren durch ihr früheres Au-pair-Mädchen Anastasiia Opalink, auf den dringenden Bedarf der Feuerwehr in ihrer ukrainischen Heimatstadt aufmerksam geworden und als Mitglied in der Auerbacher Jugendfeuerwehr waren Angebot und Nachfrage schnell miteinander verknüpft.

Gefüllt wurde der Lkw aber auch mit Hilfsgütern von Edeka Jakobi und einer großzügigen Spende von Körperpflegeprodukten der Otto Cosmetic GmbH aus Groß-Rohrheim. Nicht zu vergessen Peggy Matas vom Parkhotel Krone in Auerbach, die die ukrainischen Gäste kostenfrei beherbergte.

Die Sprachbarrieren wurden beim Treffen an der Schule am Donnerstag von Tetyana Nareike aus Heppenheim perfekt beseitigt. Am Freitagabend nutzten die ukrainischen Gäste die Gelegenheit, an der Jahreshauptversammlung aller Bensheimer Wehren teilzunehmen.

Freie Autorin

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