Kommunalpolitik

Bensheimer Koalition geht harmonisch in die zweite Halbzeit

In Bensheim hat sich die Koalition aus CDU, SPD und FDP nach der Kommunalwahl 2021 zusammengefunden. Nachdem nun die Hälfte der aktuellen Wahlperiode abgelaufen ist, blicken die Parteien zurück - und nach vorne.

Von 
Dirk Rosenberger
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Halbzeitgespräch der Koalition im Medienhaus mit (v.l.) Tobias Heinz (CDU), Jürgen Kaltwasser, Heiko Moritz (SPD), Thorsten Eschborn und Lisa Marie Blumenschein (FDP) sowie Carmelo Torre (CDU). Vor zweieinhalb Jahren hatten sich die drei Fraktionen zu einem Bündnis zusammengeschlossen. © Ernst Lotz

Bensheim. Halbzeit für die Koalition: Vor zweieinhalb Jahren bewegten sich CDU, SPD und FDP nach der Kommunalwahl aufeinander zu, für Bensheim damals eine kommunalpolitische Premiere. Sozialdemokraten und Liberale fanden sich nach Jahrzehnten in der Opposition in einer neuen Rolle wieder. Die Christdemokraten brauchten andere Partner, nachdem die Liaison mit Grünen und der BfB in der vorherigen Wahlperiode in einer vorzeitigen Vertragsauflösung mündete.

„Es war die richtige Entscheidung, eine stabile Mehrheit zu bilden. Wir arbeiten konstruktiv zusammen“, betonte CDU-Fraktionsvorsitzender Tobias Heinz in einer Gesprächsrunde im Medienhaus Bergstraße mit Vertretern aus Partei und Fraktion der Dreier-Runde. Man habe zwar unterschiedliche Positionen, aus denen man komme, habe es in den zweieinhalb Jahren aber geschafft, bei verschiedenen Themen auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

Jürgen Kaltwasser (SPD): „Es herrscht ein gutes Klima“

SPD-Chef Jürgen Kaltwasser bestätigte ein „gutes Koalitionsklima“. Am Anfang habe schon eine gewisse Unsicherheit geherrscht, weil es diese Konstellation bisher nicht gab. Mit der Zeit sei aber ein gewisses Vertrauen gewachsen, „was sicherlich auch daran liegt, dass wir uns Freiräume zugestehen“. Es müsse nicht immer alles bis ins letzte Detail einstimmig beschlossen werden.

Kaltwasser und Heiko Moritz sehen die Koalition nach innen und außen von einer Harmonie getragen. „Es geht vorwiegend um die Sache, immer ehrlich und offen, Sticheleien wie in früheren Jahren gibt es nicht“, so Moritz. Thorsten Eschborn (FDP) attestierte dem Bündnis ebenfalls eine reibungslose Zusammenarbeit. Man müsse nicht immer eine Meinung haben, arbeite jedoch immer sachorientiert an einer Lösung. „Ohne Streitpunkte und interne Zwistigkeiten.“

Ausfluss dieses Zusammenwirkens sind nach Ansicht von Tobias Heinz und Stadtverbandsvorsitzendem Carmelo Torre wichtige Weichenstellungen bei größeren Themen, die ein stückweit knifflig zu lösen waren. Die Entscheidung für Kita-Neubauten in Fehlheim und Schwanheim statt einer großen gemeinsamen Kindertagesstätte listete der Fraktionschef im Namen der Bündnispartner in diesem Zusammenhang ebenso auf wie die mit Diskussionen behaftete Umsiedlung der Firma Sanner in den Stubenwald. Das sei ein gutes Signal an die Wirtschaft gewesen.

Die Neuausrichtung der MEGB gebe der Gesellschaft eine Sicherheit für die nächsten Jahre. Darüber hinaus sei die Fusion der GGEW AG mit der Energie Ried von der Koalition maßgeblich mitgetragen worden.

Einige Herausforderungen beim Haushalt

Für die Sozialdemokraten legte Kaltwasser den Schwerpunkt auf den Haushalt. Zum Start der Koalition habe man einige Probleme vorgefunden. Um einen genehmigungsfähigen Etat zu bekommen, habe man Grundsteuer B und Gewerbesteuer anheben müssen. „Das war alternativlos, auch wenn wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt hatten, nicht zu erhöhen“. Daran will man auch in den nächsten Jahren festhalten.

Gleichwohl sehe man beim Haushalt einige Herausforderung, ergänzte Tobias Heinz. Mit den Einnahmen, Bensheim sei sehr finanzstark, müsse man versuchen zurechtzukommen. Bei den Ausgaben müsse man schauen, dass diese sich auf dem Niveau der Einnahmen bewegen. „Solange wir ein so großes Volumen an Einnahmen haben, gibt es aus unserer Sicht keine Notwendigkeit, Grund- und Gewerbesteuern zu erhöhen“, konstatierte Heinz. Die Hausaufgaben bestünden darin zu schauen, was man einsparen könne.

Es sei nicht das Ansinnen der Koalition, die örtlichen Unternehmen durch einen Aufschlag bei der Gewerbesteuer zusätzlich zu belasten, erläuterte Carmelo Torre. Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft seien schwierig genug. Beim Haushalt selbst wünschen sich die Kommunalpolitiker eine bessere perspektivische Planbarkeit. Man treffe Entscheidungen auf der Grundlage von Planungen, die Ergebnisse „sagen dann aber was anderes aus, wenn das Jahr vorüber ist“. Das müsse man besser handeln können. Unabhängig davon sei es nicht der Plan, die Grundsteuerreform 2025 zu einer verdeckten Steuererhöhung zu nutzen.

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Kinderbetreuung als einer der größten Posten im städtischen Haushalt hat für die SPD ebenfalls eine zentrale Bedeutung. Nicht zuletzt durch die hochwertigen Neubauten habe man hohe Standards in Bensheim. „Das ist so gewollt, wir machen auch Werbung damit. Und haben immer noch verträgliche Elternbeiträge“, Kaltwasser und Moritz. Mit der Einführung einer neuen Stadtbuslinie am Berliner Ring, die offenkundig gut angenommen werde, habe man ein Wunschprojekt umsetzen können.

Für die Jugend soll mit dem Bewegungspark an der Taunusanlage, eine Initiative von Harry Hegenbarth, ein Angebot auf den Weg gebracht werden. Um die Planung weiterzuführen, sollen noch nicht verausgabte Mittel aus dem diesjährigen Etat eingesetzt werden. „An dem Projekt wird festgehalten“, versicherte Carmelo Torre.

Die FDP sei wichtig gewesen, der Innenverdichtung den Vorzug von einer weiteren Außenentwicklung zu geben. Mit den Projekten in der Damm- und Fabrikstraße „haben wir das mit unseren Koalitionspartnern gut hinbekommen“, meinte Thorsten Eschborn. Auf den schwierig zu vermittelbaren Grundstücken entlang der Bahnlinie entstehen zurzeit Wohnungen (Dammstraße) und Gewerbeflächen (Fabrikstraße). So habe man es geschafft, die wenigen innerstädtischen Flächen, die zur Verfügung stehen, gut auszunutzen.

Die Belebung der Innenstadt und eine Reduzierung der Leerstände lägen ihrer Partei ebenso am Herzen, bemerkte Fraktionschefin Lisa Marie Blumenschein. Kostenloses Kurzzeitparken führe die Besucher wieder mehr an die Stadt heran. Die Öffnung der Lauter und den Erhalt des Feuerwerks am Winzerfest listete Blumenschein ebenfalls als Pluspunkt auf.

Freiflächenanlage an der Autobahn soll bald umgesetzt werden

Die Christdemokraten verwiesen auf das Thema Energieversorgung, Stichwort Ausbau von Photovoltaikanlagen. Das städtische Programm habe man ausgerichtet auf die Förderung von Solarmodulen auf Dächern von Privathaushalten und Firmen. Zudem gebe es im Haushalt Mittel, damit die Stadt auf ihren eigenen Immobilien PV-Anlagen ergänzen kann, wie beim Parktheater. Die geplante Freiflächenanlage an der Autobahn solle hoffentlich bald umgesetzt werden. Andere Kommunen hätten dies schon getan, so Heinz.

Weitere Vorhaben dieser Art sollen folgen, um vor Ort Energie erzeugen zu können. Ergänzt werde dies alles von der Wärmeplanung, um den Umschwung zu schaffen. Der Ausbau des Glasfasernetzes in Kooperation mit der GGEW AG, zunächst dort, wo die Nachfrage besteht, sei wichtig für die Infrastruktur in Bensheim. Die Digitalisierung der Verwaltung habe man und werde man trotz hoher Kosten unterstützen. „Wir erwarten dann, dass sich die Verwaltung entsprechend modern aufstellen kann.“

Dass Bensheim kein Hort der Glückseligen ist, in dem negative Themen ausgeblendet werden, ist der Koalition durchaus bewusst. „Wir sind da sehr realistisch. In der Entwicklung der Stadt gibt es einige Themen, bei denen wir noch was zu erledigen haben – nicht nur die Stadtverordneten und die Fraktionen, sondern auch der Magistrat und die Verwaltung als Gesamtgebilde. Da können wir noch mehr tun“, fasste Carmelo Torre abschließend zusammen.

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