Auerbach. Die Sanierungsarbeiten in der Saarstraße an der Brücke über die Bahnlinie liegen in den letzten Zügen - sind aber noch nicht ganz abgeschlossen. Fertig ist dagegen schon ein Streetart-Kunstwerk, das das westliche Widerlager des Brückenbauwerks schmückt und von Bensheimer Graffiti-Künstlern gestaltet wurde - am Wochenende wurde das großflächige Bensheim-Motiv mit dem letzten Sprühstoß aus der Spraydose vollendet.
Bei der Brücke selbst soll es nun aber auch bald so weit sein. Spätestens am 9. Dezember soll der Verkehr über die Brücke wieder fließen können, betont Frank Daum, Geschäftsführer des für die Sanierung zuständigen Zweckverbands Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße (KMB) bei einem Ortstermin am Montagnachmittag. Seit Ende März ist die Brücke gesperrt, ursprünglich war von sechs Monaten für die Grundsanierung ausgegangen worden. Zuletzt stand der 30. November als neuer Termin im Raum, der aber auch nicht ganz zu halten war.
Die Saarstraße ist eine der wichtigen Verkehrsachsen in Auerbach - und neben dem Brückweg eine von nur zwei Möglichkeiten im Stadtteil, die Bahnlinie zu überqueren. Dementsprechend fiebern zahlreiche Verkehrsteilnehmer dem Tag entgegen, an dem die Strecke wieder freigegeben wird - und man zum Beispiel wieder ohne Umwege über die Westtangente in Richtung Autobahn oder B47 fahren kann.
Abstimmung mit der Bahn nötig
Dass es zu Verzögerungen kam, hat laut Daum vor allem damit zu tun, dass man sich in vielen Belangen mit der Deutschen Bahn abstimmen und viele Termine koordinieren musste. Manche Arbeiten konnten nur in einem bestimmten Zeitfenster ausgeführt werden, wenn keine Bahn auf den Schienen unterwegs ist. „Wir waren nicht allein Herr des Verfahrens“, betont Daum. Hinzu kamen außerdem Lieferverzögerungen beim Material und auch wetterbedingter Aufschub - etwa beim Aufbringen des Asphalts.
In den sozialen Netzwerken sei oft kritisiert worden, man sehe überhaupt keine Bauarbeiter auf der Brücke, berichtete Daum - der sich gegen solche Vorwürfe aber wehrt: „Die Hauptarbeiten fanden unterhalb der Brücke statt“, so Daum. „Oder auch nachts.“
Die Brücke wurde Mitte der 1970er Jahre als Gemeinschaftsprojekt von der Stadt Bensheim und der Deutschen Bahn errichtet - zuvor gab es an dieser Stelle einen gewöhnlichen Bahnübergang über die Schienen. Jetzt, nach 50 Jahren, wurde eine Grundsanierung des Bauwerks notwendig. Die Arbeiten waren durchaus umfangreich, wie die zuständige Bauingenieurin beim KMB Katharina Handel, erläutert: Zwei der insgesamt sechs Auflager wurden erneuert, die beiden Auflagerbänke sowie die zwei Widerlager instandgesetzt.
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Daneben wurde auf einer Fläche von 750 Quadratmetern eine neue Asphaltdecke aufgebracht, neue Geländer und neue Leitplanken (jeweils 160 Meter) wurden angebracht. Auch der Gehweg (110 Quadratmeter) hat ein frisches Pflaster erhalten. Die Baukosten belaufen sich laut Frank Daum auf insgesamt 1,3 Millionen Euro, die die Stadt, die für den Unterhalt des Brückenbauwerks zuständig ist, alleine zu tragen hat.
Die Bensheimer Graffiti-Künstler Sven Düfer und Julian Hauser haben in den vergangenen Wochen etwas Farbe in das betongraue Erscheinungsbild des Brückenbauwerks gebracht. Die beiden sind schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach legalen Flächen für ihre Spraykunst und hatten aus diesem Grund Kontakt mit dem KMB aufgenommen. Durch die Sanierung bot sich nun eine passende Gelegenheit - und gemeinsam wurde ein Konzept erarbeitet. Das Motiv sollte repräsentativ als auch einladend wirken.
Auf der zwölf mal sechs Meter großen Fläche des westlichen Widerlagers an der Lahnstraße prangen jetzt in leuchtenden Farben ein „Bensheim“-Schriftzug sowie Wahrzeichen und typische Merkmale der Stadt: Neben Trauben und Weinbergen sind auch das Kirchberghäuschen, das Auerbacher Schloss und die Kirche Sankt Georg verewigt. Letztere schiebt sich besonders eindrucksvoll in 3D-Optik dem Betrachter entgegen. In der Mitte prangt in Blau das herzförmige Logo der Stadt Bensheim.
Nicht nur Fußgänger oder Radfahrer kommen hier unterhalb der Brücke vorbei und haben das Werk bereits in seiner Entstehungszeit bewundert, auch aus dem Zug ist das Graffiti gut zu sehen - ein sympathischer Willkommensgruß für Besucher und Bensheimer.
Düfer und Hauser haben das Motiv selbst entworfen, der KMB hat die Kosten für Material und Gerüst übernommen. Zunächst wurde die Fläche mit Fassadenfarbe grundiert, bevor es ans Werk ging. Von einer A3-Skizze wurde das Motiv zunächst grob auf die große Wand übertragen - „das war die größte Herausforderung“, so die beiden Künstler, die viel Zeit in ihr Werk investiert haben. Gut 140 Stunden haben Sven Düfer und Julian Hauser die Fläche mit Farbe „bearbeitet“. „Wir haben eine Menge Spraydosen gebraucht“ - rund 50 dürften es gewesen sein, so schätzen die beiden. Jetzt ist die Hoffnung groß, dass das Kunstwerk nicht mit Schmierereien verunstaltet wird. Eigentlich herrsche in der Szene Respekt vor solchen Werken, sind die beiden Künstler optimistisch. Die Brückenpfeiler gegenüber, die im Zuge der Sanierung frisch beschichtet wurden, sind bereits wieder mit Schriftzügen beschmiert. Dem Bensheim-Kunstwerk soll das nicht passieren.
Ab 9. Dezember soll der Verkehr wieder über die Brücke rollen - und für die Auerbacher ist erst mal eine Verschnaufpause angesagt. Aber nicht allzu lange: Denn dann steht die Sanierung der restlichen Saarstraße an. Für die grundhafte Erneuerung soll es Fördermittel des Landes Hessen geben, der Bewilligungsbescheid wird Mitte des nächsten Jahres erwartet. Mit den Arbeiten wird dann voraussichtlich im Frühjahr 2024 begonnen.
Und nach der Saarstraße muss dann auch noch der Brückweg in Angriff genommen werden. Die Sanierung der zweiten Auerbacher Bahnlinienquerung ist ab dem Jahr 2026/27 fällig.
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