Kino

Ben Affleck im Kinofilm "Hypnotic“ von Robert Rodriguez zu sehen

In diesem tiefgründigen Thriller, der die Gesetze der Logik ignoriert, kämpft Danny Rourke (Ben Affleck) gegen eine Geheimorganisation von Hypnotiseuren. Ein Verwirrspiel zwischen Illusionen und Realität beginnt

Von 
Gebhard Hölzl
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Das plötzliche Verschwinden seiner Tochter verändert das Leben von Detective Danny Rourke (Ben Affleck) grundlegend. © Telepool/dpa

1993 sorgte ein Texaner, Jahrgang 1968, in Hollywood für Furore: Robert Rodriguez. Sein Kinoerstling „El Mariachi“, den er selbst geschrieben, gefilmt, inszeniert, geschnitten und vertont hatte, schlug mit (angeblich) nur 7000 Dollar zu Buche. Das beeindruckte das Studio Columbia Pictures, das ihn daraufhin unter Vertrag nahm, rund 200 000 Dollar Werbekosten ins Werk investierte und bei diversen Filmfestivals einreichte. Der Lohn: der Große Preis der Jury in Sundance sowie weltweite Anerkennung bei Publikum und Kritik.

Rodriguez haucht alten Filmgenres neues Leben ein

Über Nacht avancierte der damals 25-Jährige zur festen Größe in der Traumfabrik. Und zeigte nebenbei, wie man angestaubten Genres neues Leben einhaucht. So weckte der Kumpel von Quentin Tarantino etwa in „From Dusk Till Dawn“ die Untoten aus ihrem Dornröschenschlaf, gab mit „Faculty“ dem Teenager-Horrorfilm neue Impulse oder schuf mit „Spy Kids“ eine erfolgreiche Agentenfilm-Reihe. Sein Kniff da: Die Helden sind naseweise Kinder. Freilich blieben Rückschläge nicht aus.

So konnten sich die Produzenten nicht mit der Vision seines „Zorro“-Remakes anfreunden und ersetzten ihn während der Dreharbeiten zu „Die Maske des Zorro“ kurzfristig durch Martin Campbell. Was „The Wizard“ - übersetzt lautet sein Spitzname „Der Zauberer“- nicht tatenlos hingenommen hat. Rodriguez, seit 2013 Besitzer des Fernsehsenders El Rey Network - Reichweite: 40 Millionen Haushalte - und Gitarrist der Band Chingon, bereitet gerade eine eigene „Zorro“-Serie vor.

Ein Querkopf, ein Kinofreak, ein nimmermüder Filmemacher. Eigenwillig und durchsetzkräftig. Im Stil unverwechselbar. Grell, bunt, laut und blutig geht’s bei ihm zu, den klassischen B-Pictures fühlt er sich verpflichtet. Seine Titel sind Programm: „Sin City“, „Planet Terror“, „Machete“... Da reiht sich der Name seiner aktuellen Arbeit ein: „Hypnotic“, die mit 65 Millionen Dollar Budget für seine Verhältnisse üppig ausgestattet war. Was in erster Linie mit der namhaften, von „Big“ Ben Affleck angeführten Besetzung zu tun hat.

Thriller jenseits der Logik

Ein kurzer Augenblick der Unachtsamkeit verändert das Leben des von ihm gespielten Detective Danny Rourke für immer. Seit dem Verschwinden seiner siebenjährigen Tochter Minnie findet er nur noch in seinem Job Halt. Als er bei seinen Ermittlungen zu einer Banküberfallserie auf eine Spur des vermissten Kindes stößt, schöpft er wieder Hoffnung. Zusammen mit Wahrsagerin Diana Cruz (Alice Braga) macht er sich auf die Suche nach dem vermeintlichen Räuber Lev Dellrayne (William Fichtner), der sein Umfeld auf mysteriöse Weise zu manipulieren versteht. Bald wird die Realität des sonst so geerdeten Cops komplett auf den Kopf gestellt und er muss alles und jeden in seiner Welt in Frage stellen…

Big Affleck - „Big“ in jedem Sinn

  • 3,5 Millionen Dollar soll der Verlobungsring gekostet haben, den Ben Affleck Jennifer Lopez 2002 an den Finger steckte. Aus der Ehe wurde es zunächst nichts - erst 2022 fand die Trauung statt - und auch ihre Gangster-Komödie mit dem Titel „Liebe mit Risiko - Gigli“ floppte.
  • Eine Seltenheit in der Karriere des 1972 in Berkeley, Kalifornien, geborenen Benjamin Géza Affleck-Boldt, der als Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur und Produzent tätig ist. 35 Millionen Dollar Gage strich für Batman v. Superman - Dawn of Justice“ ein, bei „The Last Duel“ bzw. „Hypnotic“ waren es gar 55 Millionen.
  • Als guter Geschäftsmann erwies sich der 1,89 Meter große „Big Ben“ bereits zu Beginn seiner Karriere, für ihr Academy-Award-gekröntes Drehbuch(-Debüt) zu „Good Will Hunting“ kassierten er und Co-Autor Matt Damon 600 000 Dollar.
  • Der Erfolg blieb ihm treu, ob vor der Kamera, bei „Pearl Harbor“, „Die Hollywood-Verschwörung“ und „Daredevil“, oder dahinter, siehe „The Town“, der Oscar-Gewinner „Argo“ oder „Air - Der große Wurf“. Von 2005 bis 2018 war der ältere Bruder von Casey Affleck („Gone, Baby, Gone“) mit Kollegin Jennifer Garner („30 über Nacht“) verheiratet. Der Beziehung entstammten drei Kinder.

Ein Thriller voller Drehungen und Wendungen, der sich jedweder Logik entzieht. Um eine von der Regierung gegründete Geheimorganisation von Hypnotiseuren, genannt „Hypnotics“, geht es. Um falsche Realitäten und - wie es im Amerikanischen trefflich heißt - „mindfuck“. Die Gesetze der Logik sind außer Kraft gesetzt, Wahrscheinlichkeitskrämer fehl am Platz. Lustvoll plündert sich der Kult-Regisseur, gemeinsam mit Max Borenstein („Godzilla vs. Kong“) fürs Drehbuch, mit Sohn Rebel Rodriguez für die Musik verantwortlich, durch die Filmhistorie - von „Inception“ bis hin zu „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

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Bald kann man dem komplexen, besser gesagt verworrenem Skript nicht mehr folgen. Es ist geboten, sich einfach in die durchgeknallte Story fallenzulassen. Den kantigen Minimalmimen und Oscar-Preisträger Affleck („Argo“), der sich bei der Suche nach Minnie (Hala Finley ) in einem Labyrinth von Illusionen wiederfindet, zu begleiten. Sich mit ihm, seinem Partner Nicks (JD Pardo) und der von Braga („Elysium“) trefflich verkörperten Cruz zu verbünden, die ihm mit ihren übersinnlichen Fähigkeiten zur Seite steht.

Offenes Ende macht Fortsetzung möglich

Gewohnt sinister gibt Fichtner („L.A. Crash“) den mysteriösen, nicht tot zu kriegenden Gegenspieler, mit dem sich der gebeutelte Held eine schweißtreibende Verfolgungsjagd liefert. Hinzu kommt das nötige Maß an körperlichen Auseinandersetzungen, bei dem es natürlich nicht am Schusswaffeneinsatz fehlt. Sprich handfeste Actionware, die ausschließlich auf den Bauch zielt. Handwerklich ist all das alles sauber umgesetzt, das Hauptaugenmerk liegt auf Tempo und Stunts, die Spezialeffekte sind unaufdringlich integriert.

Weil Mr. Rodriguez zudem ein bekannt ausgeschlafener Geschäftsmann ist, hat er das Ende offen gehalten - zumindest so, dass er im Erfolgsfall schnell eine Fortsetzung nachschieben könnte. Mal sehen, ob die einschlägigen Fans eine wünschen.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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