Ludwigshafen. Er wird es aller Voraussicht nach nicht ganz leicht haben in Ludwigshafen, denn er wird ab dem Sommer auf einen Intendanten folgen, der mit Zahlen, künstlerischen Fakten und auch mit seiner Persönlichkeit schon fast den Nimbus des Umfehlbaren erreicht hat: Beat Fehlmann.
Aber Michael Gassmann, Fehlmanns Nachfolger an der Spitze der Deutschen Staatsphilharmonie, sagt selbstbewusst, er habe seinen „eigenen Kopf”, und auch an Ideen für „sein neues Orchester” mangelt es dem gebürtigen Bonner nicht, was weiß, wer Gassmann aus seiner Zeit beim Heidelberger Frühling kennt.
Herr Gassmann, erstmal: Gratulation zu Ihrem neuen Job. Jetzt waren Sie gerade in Ihrer Geburtsstadt Bonn tätig und müssen den Rhein hoch. Wie fühlt sich das an?
Michael Gassmann: In den vergangenen vier Jahren bin ich den Rhein regelmäßig hoch- und runtergefahren: Unter der Woche war ich in Bonn beim Beethovenfest tätig, die Wochenenden habe ich bei der Familie in Heidelberg verbracht, wo wir seit 2015 leben. Ich kehre also nun in meine andere Heimat zurück - das fühlt sich gut und richtig an.
Beat Fehlmann hat bei der Staatsphilharmonie quasi alles richtig gemacht und war intern und extern sehr beliebt. Was wollen Sie tun, um Charming-Points zu sammeln?
Gassmann: Ich weiß, dass ich in große Fußstapfen trete - es ist großartig, was Beat Fehlmann alles erreicht hat! Daran möchte ich anknüpfen und das in den letzten Jahren entstandene Profil weiterentwickeln. Ein paar eigene Ideen bringe ich aber auch mit... Und was die Charming Points angeht: Ich spüre beim Orchester, bei Chefdirigent Michael Francis und beim Team der Staatsphilharmonie eine große Offenheit und Herzlichkeit mir gegenüber, die möchte ich erwidern. Für das Publikum und die Partner der Staatsphilharmonie werde ich hoffentlich ein ebenso offener und zugewandter Gesprächspartner sein, wie Beat Fehlmann es war.
Ich bin zuversichtlich, dass Sie meine eigene Handschrift durchaus erkennen werden
Aber Sie sind ja doch ein ganz anderer Mensch…
Gassmann: Na klar! Aber Zugewandtheit, Menschenfreundlichkeit, ein Sinn für Gastfreundschaft - das sind ja alles Eigenschaften, die nicht auf einen einzelnen Menschen beschränkt sind. Ich bin zuversichtlich, dass Sie meine eigene Handschrift durchaus erkennen werden, zum Beispiel bei der Programmplanung ab der Saison 26/27.
Frappierend bei Fehlmann ist ja die Zuschauerentwicklung. Wie wichtig sind Ihnen Zahlen?
Gassmann: Ich liebe Zahlen. Das gilt für den ausgeglichenen Haushalt, das gilt aber auch für die Publikumsentwicklung. Ich habe nie daran geglaubt, dass das Klassik-Publikum ausstirbt. Wie man es gewinnt, gehört für mich zu den schönsten und faszinierendsten Aufgaben meines Jobs: Abgesehen von der Attraktivität des Programms braucht es die menschliche Ansprache, clevere Marketing-Strategien, eine exzellente Kunden-Kommunikation und ein State-of-the-Art-Ticketing. Es wird sicher ein Schwerpunkt meiner Arbeit in Ludwigshafen sein, hier weiter voranzukommen. Eine wichtige Frage scheint mir etwa zu sein: Wie schaffen wir es, auch in den kleinen und mittleren Städten der Pfalz jene Strahlkraft zu entwickeln, die die Staatsphilharmonie in Ludwigshafen und Mannheim mittlerweile besitzt?
Ist das eine Schwachstelle, die Sie bei Fehlmann diagnostizieren?
Gassmann: Es geht hier nicht um Versäumnisse. Beat Fehlmann hat absolut Großartiges geleistet! Wenn man so eine Position wie die Intendanz der Staatsphilharmonie antritt, fragt man sich aber: Was kann ich persönlich, mit meinen eigenen Interessen, Talenten und Erfahrungen, zum Gelingen des Projekts Staatsphilharmonie beitragen? Und ich bringe unter anderem aus Bonn ein besonders starkes Interesse für Kundenbindungsstrategien mit. Da mich gleichzeitig das einzigartige Profil der Staatsphilharmonie als „Zugvogel“, der das ganze Land bespielt, begeistert, möchte ich gemeinsam mit dem Team unter anderem darüber nachdenken, ob und wie man bei den zahlreichen Gastspielen in der Pfalz eventuell noch mehr Bindungswirkung und damit mehr Nachfrage erzielen kann.
Michael Gassmann - Intendant der Deutschen Staatsphilharmonie
- Michael Gassmann, geboren 1966 in Bonn, studierte katholische Kirchenmusik in Köln, danach Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Lateinische Philologie des Mittelalters in Freiburg und wurde 2000 mit einer Arbeit über „Edward Elgar und die deutsche symphonische Tradition“ promoviert.
- Gassmann nahm alle Orgelwerke Elgars auf CD auf. Er war von 2001 bis 2002 Feuilletonredakteur bei der „FAZ“, 2007 wurde er Geschäftsführer beim Musik Podium Stuttgart, anschließend arbeitete er als Dramaturg bei der Internationalen Bachakademie in Stuttgart und leitete ab 2015 den Künstlerischen Betrieb beim Heidelberger Frühling. Aktuell ist er kaufmännischer Geschäftsführer der Internationale Beethovenfeste Bonn.
- Ab Sommer wird Michael Gassmann nun Nachfolger des nach Liechtenstein gehenden Beat Fehlmann als Intendant der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz iun Ludwigshafen.
Aber Sie sind ja doch ein ganz anderer Mensch…
Gassmann: Na klar! Aber Zugewandtheit, Menschenfreundlichkeit, ein Sinn für Gastfreundschaft - das sind ja alles Eigenschaften, die nicht auf einen einzelnen Menschen beschränkt sind. Ich bin zuversichtlich, dass Sie meine eigene Handschrift durchaus erkennen werden, zum Beispiel bei der Programmplanung ab der Saison 26/27.
Frappierend bei Fehlmann ist ja die Zuschauerentwicklung. Wie wichtig sind Ihnen Zahlen?
Gassmann: Ich liebe Zahlen. Das gilt für den ausgeglichenen Haushalt, das gilt aber auch für die Publikumsentwicklung. Ich habe nie daran geglaubt, dass das Klassik-Publikum ausstirbt. Wie man es gewinnt, gehört für mich zu den schönsten und faszinierendsten Aufgaben meines Jobs: Abgesehen von der Attraktivität des Programms braucht es die menschliche Ansprache, clevere Marketing-Strategien, eine exzellente Kunden-Kommunikation und ein State-of-the-Art-Ticketing. Es wird sicher ein Schwerpunkt meiner Arbeit in Ludwigshafen sein, hier weiter voranzukommen. Eine wichtige Frage scheint mir etwa zu sein: Wie schaffen wir es, auch in den kleinen und mittleren Städten der Pfalz jene Strahlkraft zu entwickeln, die die Staatsphilharmonie in Ludwigshafen und Mannheim mittlerweile besitzt?
Ist das eine Schwachstelle, die Sie bei Fehlmann diagnostizieren?
Gassmann: Es geht hier nicht um Versäumnisse. Beat Fehlmann hat absolut Großartiges geleistet! Wenn man so eine Position wie die Intendanz der Staatsphilharmonie antritt, fragt man sich aber: Was kann ich persönlich, mit meinen eigenen Interessen, Talenten und Erfahrungen, zum Gelingen des Projekts Staatsphilharmonie beitragen? Und ich bringe unter anderem aus Bonn ein besonders starkes Interesse für Kundenbindungsstrategien mit. Da mich gleichzeitig das einzigartige Profil der Staatsphilharmonie als „Zugvogel“, der das ganze Land bespielt, begeistert, möchte ich gemeinsam mit dem Team unter anderem darüber nachdenken, ob und wie man bei den zahlreichen Gastspielen in der Pfalz eventuell noch mehr Bindungswirkung und damit mehr Nachfrage erzielen kann.
Was wollen Sie tun, um die total zersplitterte Gesellschaft mit ihren Partikularinteressen zu erreichen?
Gassmann: Ich halte den Ausdruck „total zersplittert“ für übertrieben. Aber diverser ist unsere Gesellschaft sehr wohl geworden. Die Staatsphilharmonie sollte also dahin gehen, wo diese diverse Gesellschaft sich trifft, zum Beispiel in die Schulen. Sie sollte Konzert-Angebote machen, die die diversen Mitglieder der Gesellschaft anspricht, und sie sollte ein exzellenter Gastgeber sein, der all jene willkommen heißt, die willkommen geheißen werden möchten. Da muss ich das Rad nicht neu erfinden, die Staatsphilharmonie praktiziert all dies bereits in vorbildlicher Weise (etwa mit dem Ensemble Colourage). Hieran möchte ich anknüpfen und die Dinge gemeinsam mit dem Team weiterentwickeln.
Empfinden Sie es als Belastung für Ihr neues Amt: Alles, was man machen müsste, ist Fehlmann schon angegangen?
Gassmann: Es ist ein großes Glück, ein wohlbestelltes Haus vorzufinden. Aber die Welt, auch die Musikwelt, steht nicht still. Neue Herausforderungen ergeben sich. Dann stellt sich heraus, dass nicht alles, was angegangen wurde, auch bereits vollendet sein muss. Das Kerngeschäft - die Aufführung von Musik - ist ohnehin eine in jedem Augenblick aufregend neue Aufgabe. Und seien Sie versichert: Ich habe meinen eigenen Kopf.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/kultur_artikel,-kultur-was-michael-gassmann-als-intendant-mit-der-staatsphilharmonie-ludwigshafen-vor-hat-_arid,2302916.html