Mannheim. Frisch, aufmerksam, ausdrucksstark: Die Mannheimer Philharmoniker zeigen sich bei ihrem Konzert im Rosengarten mit dem französischen Cellisten Gautier Capuçon mindestens auf Augenhöhe mit den anderen großen Orchestern der Region. Besonderes Charakteristikum: die sichtbare Freude jedes Einzelnen an Musik und gemeinsamer Performance.
Mit dem 42-jährigen Capuçon als Solist gelingt bei Antonin Dvoraks h-moll-Konzert op. 104 mühelos ein feinfühliges Zusammenspiel, angefangen vom hochromantischen Hornsolo im Kopfsatz, aus dem der Cellist im empathischen Dialog seine eigenen bewegenden Melodielinien hervorzeichnet. Im weiteren Verlauf gelingt gerade mit den Bläsern die Verzahnung vorzüglich. Dirigent Boian Videnoff schafft immer wieder Räume, in denen sowohl Gautier Capuçon als auch die einzelnen Instrumentengruppen für sich brillieren können.
Das Ensemble der Mannheimer Philharmoniker: "Inspirierend für verbindende Kulturarbeit"
Das ergriffene Publikum staunt nicht schlecht, als der Cello-Solist in den verhallenden Applaus hinein selbst das Wort ergreift. Das Ensemble der Philharmoniker sei inspirierend für verbindende Kulturarbeit. „Mannheim kann stolz auf dieses Orchester sein“, lobt Capuçon. Die anschließende Zugabe lässt den Saal wieder ruhig werden.
Den bewegenden „Song of the birds“, eine Art katalanische Hymne, die einst Pablo Casals nach seinen Konzerten im Exil zu spielen pflegte, zelebriert er mit den Streichern mit einer hohen emotionalen Intensität. Nach vier intensiven Minuten verharrt der Virtuose lautlos eine kleine Ewigkeit mit dem Bogen auf den Cello-Saiten, bevor irgendein Zuschauer es wagt, die Hände zum Applaus zusammenzuschlagen. Ein ganz seltener Moment im reichen Konzertleben der Metropolregion.
Die Mannheimer Philharmoniker legen nach. Peter Tschaikowskys vierte Sinfonie f-moll steht Dvoraks Werk, was Gefühlstiefe und kompositorische Meisterschaft angeht, in nichts nach. Als Weckruf kündigen Hörner und Fagotte mit dem Fanfarenthema das unausweichliche Schicksal des limitierten Menschen an: Was Tschaikowsky mit melancholisch-lyrischen Elementen zu beschwichtigen versucht.
Unvergessliche Momente bei Konzert im Mannheimer Rosengarten
Ein instrumentales Drama, in dem die Mannheimer Philharmoniker es verstehen, jeden kitschigen Unterton zu vermeiden. Ihr musikalischer Leiter Boian Videnoff führt die einzelnen Instrumentengruppen filigran und transparent zusammen. Herausragend, klangrein und tief empfunden die Holzbläser, allen voran Fagott und Oboe, die das Orchester mitziehen in den Strom der sich steigernden Wellen und überschwappenden Ausbrüche.
Wie zu Anfang bei Capuçons Interpretation des „Song of the birds“ wird der Beginn des dritten Satzes zum unvergesslichen Moment. Indem Videnoff das Tempo leicht übersteuert, werden die wilden Pizzicato-Läufe der Streicher und Flöten-Miniaturen zu einem markanten, fast jazzigen oder minimalistischen Ereignis. Ob Tschaikowskij da die Zukunft zumindest in der Theorie schon vorgeahnt hat?
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/kultur_artikel,-kultur-mannheimer-philharmoniker-mit-cellist-capu%C3%A7on-im-rosengarten-_arid,2210045.html