Mannheim. Der Dresdner Maler Ralf Kerbach ist bei Döbele wahrlich kein Unbekannter, gehörte die Galerie doch zu den Pionieren, die im Westen zeigte, was noch zu DDR-Zeiten im Osten gemalt wurde. Und Döbele tut wieder einmal das, was zur DNA der Galerie gehört - eine Linie ziehen zwischen Tradition und Gegenwart.
In diesem Fall heißt das, Ralf Kerbachs Arbeit als Hochschuldozent zu verfolgen. Dass er junge Talente zum eigenen Weg ermuntert, zeigt sich in der Schau „Kontinuum“ mit sechs internationalen Meisterschülern: Da sind die Bulgarin Ana Pireva, die Iranerin Mona Pourebrahim, der Armenier Aren Shahnazaryan, der Chinese Shengjie Zong - und die beiden Deutschen Felina Wießmann und Tillman Ziola. Wer da nach Spuren von Kerbachs malerischem Vorbild sucht, hat es schwer, denn alle sind ausgeprägt sie selber.
Werke beschäftigen sich mit neolithischen Kulturen
Die farbreduzierten Tuschearbeiten von Ana Pireva zeigen eine Persönlichkeit, die sich intensiv mit ihrem Malmaterial auseinandersetzt, mit eigener Papierherstellung, mit dem Fließen von Tusche und Aquarell, inhaltlich aber mit den bei Ausgrabungen gefundenen Gefäßen neolithischer Kulturen. Dass sie dabei den Gestus ihrer Hand geschult hat an chinesischer Kalligraphie - es deutet bei aller „atmenden“ Präsenz ihrer Blätter den dichten kulturhistorischen Hintergrund an.
Mona Pourebrahim dagegen malt Landschaften scheinbar klassisch mit Ölfarben, evoziert Leere, durchsetzt von einsamen figurenähnlichen Formen, geht fast bestürzend radikal mit Licht und Dunkelheit um, man fühlt sich erinnert an deutsche Romantik. Aber ach, die verhüllte Gestalt im Nebel eines Sandsturms kann sowohl ein Felsen als auch ein Paar sein, das unter schützender Decke beieinander Hilfe sucht. Und die nachtschwarzen, an der Unterkante in grellem Licht aufblitzenden Landschaften - das ist kein geheimnisvoll dunkler Wald, sondern die Schwärze brennender iranischer Ölfelder.
Kunst mit beißender Ironie und Naturmotiven
Vieles, was idyllisch daherkommt, ist geprägt von beißender Ironie. Aren Shahnazaryan, dessen pastoser Farbauftrag am ehesten an Ralf Kerbach erinnert, präsentiert mit dem Bild „Geschenk“ einen abgeholzten toten Baumast im Karton. Der „Skull“ (Totenschädel), die welkende Pflanze im Topf („Nature almost morte“), die „Stilllandschaft“ - Stillleben mit Baumstümpfen… es ist Tod überall, erinnernd an armenische Wälder, die der Holzindustrie zum Opfer fielen.
Sehr verhalten, stets interessiert an Menschen und sozialen Gruppierungen die Gemälde von Felina Wießmann. So einfühlsam sie ihre Figuren einfängt, so zart und distanziert bleibt sie aber auch. Zwei Bilder aus der neuen Serie „Aquarium“ lassen den Betrachter in eine verschwommene Wasserlandschaft blicken… Man wird das Gefühl nicht los, dass man mit der eigenen unklaren Lebenssituation konfrontiert wird, sehr leise, sehr unaufdringlich.
Blick auf soziale Themen im brachialen Stil
Da packt Tillmann Ziola ganz anders zu - kräftige Farben, Formate zum Hingucken - und Aussagen so rätselhaft wie brachial, strotzend von Sarkasmus. Was für ein plumper Moloch wird da gefüttert bei „Fütterungszeit“? „Hausbauer will Haus besitzen“ - die eine Hand auf dem Dach, die andere Hand unten mit dem Hammer drohend. Soziale Themen von Ausbeutung und Gier, von drohender Vergeblichkeit, da bringt ein viriles Temperament in scheinbar geordneten Farbflächen Dinge auf den Punkt.
Das tut mit ebenfalls kraftvollen Farben auch Shengjie Zong, aber distanzierter, verschlüsselter, mit intellektuellem Hintersinn. Das große Bild „Tod des Menschen, Signalstörung“, es blüht von Blau, Rot und Gelb, aber kein organisches Leben hat Platz in all den leuchtenden Flächen, der Kopf einer mechanischen Figur am oberen Bildrand erinnert vage an das, was verschwand… ist das unsere Zukunft?
Döbele Kunst Mannheim, Richard-Wagner-Str. 51, „Kontinuum“, bis 5. April, Mi bis Fr 14-18 Uhr.
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