Heidelberg. Alles wieder ganz anders: Der große Ausstellungsraum des Heidelberger Kunstvereins ist diesmal unterteilt mit kleinen Zelten aus Sperrholz, in denen sich Screens befinden, in denen also Filme gezeigt werden. Auch sind Teile des Raums abgesperrt, in dem auch Filmbilder laufen. Zudem sind sehr schöne Collagen aus verschiedenen Papiersorten in unterschiedlichen Farben zu entdecken.
Von Video bis Textildruck
Dahinter steckt die libanesische Künstlerin Marwa Arsanios, die 1978 in Washington/DC geboren wurde, aber heute in Berlin und Beirut lebt. Und schon sehr viele Ausstellungen überall auf der Welt hatte, zuletzt auf der Documenta fifteen. Hier, in dieser Ausstellung, die von Søren Grammel und Mehves Ungan kuratiert wurde, präsentiert sie sehr vielfältige, medienübergreifende Installationen, die Formate wie Textildruck, Zeichnung, Collage, Video und Archivmaterial umfassen.
Hinter alledem steckt eigentlich Forschungsarbeit, denn die Künstlerin ist außerordentlich interessiert an dem selbstbestimmten Leben von Frauen in Nordsyrien, im Libanon und in Kolumbien. Ihre seit 2017 fortlaufende, bislang vier Teile umfassende Serie „Who Is Afraid of Ideology?“ kreist um Fragen nach Landverteilung, Besitz und Nutzerschaft statt Eigentum.
Die verschiedenen Filme haben ganz unterschiedliche Themen: Ab 2016 entstand etwa im kurdisch kontrollierten Nordosten Syriens (Rojava) das ökologische Frauendorf Jinwar (auf deutsch „Ort der Frauen“). Die Planung und Umsetzung hier gehen auf die Zusammenarbeit von Frauen der unabhängigen kurdischen Frauenbewegung zurück.
Während das Dorf allen Frauen, gleich welcher Herkunft oder Konfession offensteht und sie willkommen heißt, haben Männer keinen Zutritt. Im Kontext von Krieg und Krise soll die Kommune explizit Frauen eine sichere Zuflucht bieten. Viele der im Dorf lebenden Frauen flohen vor dem Leben mit ihren oft gewalttätigen Ehemännern. Ganz anders wiederum ein Dorf in Kolumbien, hierbei geht es um das Gleichgewicht des Ökosystems sowie des Saatgutbestands: Es gilt, dieses wiederherzustellen und die durch die Profitgier der großen Landwirtschaftsunternehmen zugefügten Schäden zu reparieren.
Mehrfach finden sich Schutthaufen in der Halle - denn Beirut wird ständig vergrößert durch das Abladen von Schutt. Das Land, das im Prinzip aus einem schmalen Küstenstreifen besteht, erweitert seine eigene Fläche durch das gezielte Abladen von Müll und Schutt. Diese absurde neokapitalistische Politik wird noch getoppt durch Bilder und Stickereien von unbekannten Pflanzen und Tieren ... sehr sehenswerte Ausstellung!
Die Ausstellung ist bis 30. April im Heidelberger Kunstverein, Hauptstraße 97, zu sehen. Öffnungszeiten: Di bis So von 11 bis 18 Uhr.
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