Die 1983 in Berlin geborene deutsch-iranische Künstlerin und Filmemacherin Yalda Afsah hat den „Großen Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer“ verliehen bekommen. Der Große Preis zählt mit einem Preisgeld von 20 000 Euro sowie einer eigenen Katalogpublikation zu den höchstdotierten deutschen Kunstpreisen. Honoriert werden soll eine individuelle künstlerische Leistung, die eine eigenständig gefundene und konsequent verfolgte Thematik ausdrückt.
Unter Führung des Kunsthistorikers Andreas Bee entschied eine hochkarätige Künstlerjury über die Preisvergabe, darunter Kristina Buch (Cambridge/Karlsruhe), Leiko Ikemura (Berlin/Köln), Karin Kneffel (Düsseldorf/München), Marcel Odenbach (Köln), Martin Liebscher (Berlin/Offenbach), Ben Willikens (Stuttgart) und auch der Direktor des Wilhelm-Hack-Museums Ludwigshafen, René Zechlin.
Yalda Afsah studierte an der Burg Giebichenstein in Halle und der Universität der Künste in Berlin. Sie war auf vielen Ausstellungen und Festivals vertreten, darunter die Manifesta 13, das Locarno Film Festival, das New York Film Festival oder in der Berlinischen Galerie, dem Institute of Contemporary Arts London und im Neuen Berliner Kunstverein. 2022 zeigte sie zwei Einzelausstellungen im Kunstverein München und der Halle für Kunst Steiermark. Seit 2019 ist sie Mentorin beim Berlin program for artists (BPA).
Yalda Afsah konzentrierte sich in den zurückliegenden Jahre auf die Interaktion zwischen Mensch und Tier. In verschiedenen Werken geht sie der Frage nach Natürlichkeit und Künstlichkeit nach. Sie thematisiert die menschliche Kontrolle, die Dominanz, und ihre Folgen zum Beispiel bei der Dressur und analysiert somit Machtausübung allgemein.
Hans-Purrmann-Preis
- Der „Große Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer“ geht an Yalda Afsah. Der Große Preis zählt mit einem Preisgeld von 20 000 Euro sowie einer eigenen Katalogpublikation zu den höchstdotierten deutschen Kunstpreisen.
- Catherine Sanke gewinnt den Förderpreis „Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer für Bildende Kunst“.
- Der mit 6000 Euro und einer eigenen Katalogpublikation dotierte Förderpreis soll an förderungswürdige junge Künstlerinnen und Künstler verliehen werden.
- Die jeweils acht Nominierten für den „Großen Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer“ sind neben Yalda Afsah: Florence Jung, Leon Kahane, John Skoog, Nora Turato, Anna Virnich, Julius von Bismarck und Jonas Weichsel sowie für den Förderpreis neben Catherine Sanke: Tornike Abuladze, Tobias Becker, Maximilian Bernhard, Maria Braune, Hannah Gahlert, Valentina Jaffé und Manuel Wagner.
- Info: Ausstellung der Hans-Purrmann-Preise 2023, Kulturhof, Flachsgasse 3, Speyer, bis 12. März, Do-So 11-18 Uhr.
Film über Taubenflugkunst
Besonders überzeugt hat die Jury ein Film, in der Taubenflugkunst thematisiert wird. Dabei geht es um extrem ästhetische, jedoch scheinbar widernatürliche Bewegungen. Dem Training der Tauben liegt jedoch keine unmittelbare physische Interaktion zugrunde, denn im Flug bleibt die Taube frei in ihren Bewegungsabläufen. Interessant ist, dass die Arbeit „SSRC“ (Roller Pigeons Compton) ausschließlich von Männern betrieben wird, die sich dieser faszinierenden Kunst verschrieben haben. Sie trainieren ihre Tauben darauf, Rückwärtsüberschläge im freien Flug zu machen. Gegründet wurden die „Roller Pigeons“ innerhalb der schwarzen Community: die Gemeinschaft der Taubenzüchter ist eine Art gegenkultureller Frei- und Schutzraum.
Der Förderpreis für Bildende Kunst geht in diesem Jahr an Catherine Sanke. 1965 anlässlich des 85. Geburtstags und noch zu Lebzeiten von Hans Purrmann gestiftet, wird er jetzt zum 21. Mal verliehen. Er ist mit 6000 Euro und einer eigenen Katalogproduktion verbunden. Der Preis ist eine Auszeichnung für förderungswürdige, junge Künstlerinnen und Künstler, die einen europäischen Blick und Bezug haben, aber auch einen Bogen von Metropolen zu ländlichen Räumen spannen.
Auch Catherine Sanke, geboren 1990, hat an der Burg Giebichenstein in Halle studiert, in der Fachklasse Keramik. Die Künstlerin erhielt zahlreiche Stipendien und nimmt an Ausstellung im In- und Ausland teil. 2020 gewann sie den Perron-Kunstpreis Frankenthal für Nachwuchskünstlerinnen in der Sparte Porzellan.
Archiv der Stille
Überzeugt war die Jury besonders von Catherine Sankes Installation „In Nacht und Eis“ aus dem Jahr 2020: Eine Sammlung von Karteikästen, eine künstlerische Archivierung des Eises. Ausgangspunkt waren die Reisetagebücher der Nordpol-Expedition von Fridtjof Nansen von 1893-96. Das in den Aufzeichnungen festgehaltene Erlebnis wird in künstlerischen Reflexionen strukturiert, geordnet und abgelegt. Die Monochromie der Eiswüste ist in Schwarz gespiegelt, die Niederschrift des Erlebten durch den Einsatz des langlebigen keramischen Materials dauerhaft in den Zettelkästen konserviert. Man taucht ein in eine Bibliothek, eine Privatsammlung, ein Archiv der Stille. Sehr schön und stimmig!
Die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind teilweise keine Unbekannten in der Region; so ist etwa Valentina Jaffé ( Vertreterin im Rat für Kunst Mannheim) dabei, mit etwas kühlen Keramikarbeiten, oder Tobias Becker, 2020 mit dem Emy-Roeder- Preis (Ludwigshafen) ausgezeichnet, dessen technoide Handyarbeiten immer wieder verblüffen.
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