Seit Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan haben die Taliban das Land binnen weniger Wochen erobert. Doch viele Menschen schafften es schon in den Jahren zuvor zu fliehen.
Einige von ihnen Leben auch in Deutschland, so wie der 30-jährige Mohammad Reza Alizada und sein Freund Jafar Amiri – er ist 27 Jahre alt. Beide wohnen inzwischen bereits seit sechs Jahren in Bensheim und berichten über ihre Vergangenheit, ihren Integrationsprozess in Deutschland und ihre Liebe zum Fußball. Beide hatten in Afghanistan Probleme und flüchteten notgedrungen ins Ausland, was sie als letzte Instanz sahen.
Sprache mit YouTube gelernt
Soweit fühlen sie sich, so erklären sie, in Deutschland wohl. Schwierig ist für sie die Sprache im neuen Land, die sie sich Großteils selbst durch YouTube oder simple Kommunikation beigebracht haben. Denn beide hatten bei ihrer Ankunft vor 6 Jahren nicht die Möglichkeit Sprachkurse in Schulen zu besuchen, da diese nur für Jugendliche oder Menschen mit Aufenthaltstitel vorgesehen waren. Es gab nur die Möglichkeit ein- oder zweimal die Woche für zwei Stunden Sprachkurse zu besuchen, wodurch das Erlernen der deutschen Sprache schwierig war.
Sorgen bleiben trotz allem
„Das Leben in Afghanistan kann man nicht mit Deutschland vergleichen“, erklären sie. Gerade durch jüngste Ereignisse sind sie geschockt und erbost darüber, was in ihrer alten Heimat passiert.
Beide sind sehr glücklich, dass sie aktuell in Deutschland leben, haben aber noch Freunde und Familie in Afghanistan, um die sie sich aufgrund der Taliban sorgen machen. Trotz der enormen Sprachbarriere, die beide letztendlich weitestgehend überwinden konnten, haben sie nun in Deutschland Fuß gefasst.
So arbeitet Amiri als Metzger und Alizada als Paketzusteller. Im Jahr 2016 fanden die zwei Afghanen ein gemeinsames Hobby: Fußball. Gemeinsam mit Menschen vieler verschiedener Herkünfte trafen sie sich auf Sportplätzen und spielten zusammen das Spiel, welches Menschen aller Herkunft verbinden kann. Sie organisierten sich zu einer richtigen Mannschaft, verzweifelten aber lange Zeit daran eine Halle als Trainingsstätte zu finden, die sie mindestens zweimal pro Woche für wenige Stunden nutzen durften. In den vergangenen Jahren nahmen sie an vielen Futsal-Turnieren teil und landeten nicht selten auch auf dem Podium. Schnell merkten sie, dass sie eine recht gute Einheit waren und gründeten 2020 den AFG Bergstraße.
Als Verein organisieren sie jährlich Turniere für andere Futsal Mannschaften im Weiherhausstadion oder in der Weststadthalle.
Nun planen sie zur kommenden Hallensaison in der Hessenliga mitzuspielen. Die Anmeldung hierfür war leider nicht sehr leicht, weshalb ihnen der TSV Auerbach bei den Formalitäten behilflich war. Auch eine Halle stellen sie den Kickern für 2 Stunden die Woche bereit. Beide sahen in dem Sport die Möglichkeit neue Freunde zu finden und zeitgleich ihre Zeit sinnvoll zu nutzen. Sie spielen nun in einer internationalen Mannschaft und lernten auch durch ihr Team besser Deutsch.
Den Verein vergrößern
Ihre Pläne für die kommenden Jahre beziehen sich auch viel auf den Sport. Sie planen erfolgreicher mit ihrer Mannschaft zu werden und den Verein zu vergrößern.
Sie möchten auch Junioren- und Frauenmannschaften in den Bereichen Fußball und Futsal erschaffen. Auch wollen sie ihr normales Leben in Deutschland so wie jetzt weiterführen. Beide haben hier Freunde und einen Beruf gefunden, fühlen sich sicher und wohl. „Wir hatten viel Glück“, erklären die beiden, die für ihre Integration aber auch hart gearbeitet haben.
Hoffen auf Unterstützung
Amiri wartet aktuell noch auf die Genehmigung seines Aufenthaltsersuchens.
Seine befristete Aufenthaltserlaubnis wird seit sechs Jahren alle sechs Monate immer verlängert, sodass er oft fürchten muss nach Afghanistan abgeschoben zu werden. So geht es auch vielen seiner Freunde. Trotzdem ist er sehr zufrieden in Deutschland und hofft, dass Deutschland und die Nato Afghanistan in dieser schweren Zeit nicht allein lassen.
Marco Mautry
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