Alles andere als rosig sind die Aussichten in der deutschen Wirtschaft. Rund 60 Prozent der Unternehmen erwarten auch 2023 eine hohe Inflation von mehr als zehn Prozent. Das ist das Ergebnis des Oktober-Berichts der Universität Mannheim. Mit ihrer Umfrage (German Business Panel) dokumentieren die Wissenschaftler jeden Monat das Stimmungsbild der deutschen Unternehmen.
Unterschiede nach Branchen
Aus der aktuellen Umfrage lässt sich jetzt deutlich ablesen, dass die Inflationserwartungen der Unternehmen direkte Auswirkungen auf ihre Preisgestaltung haben. In den kommenden zwölf Monaten wollen vor allem Betriebe aus energieintensiven Branchen stark an der Preisschraube drehen. Die Erhöhungen liegen im Schnitt bei 16,7 Prozent. Nur zum Vergleich: Die Bundesbank rechnete noch im Juni für nächstes Jahr mit einem Rückgang der Inflationsrate auf 4,5 Prozent. Im Rückblick eine unfassbare Fehleinschätzung. Als besondere Preistreiber nennen die Betriebe - das ist keine große Überraschung - die steigenden Energie- und Materialkosten (70 Prozent) sowie die Lohnkosten (64 Prozent).
Besonders unter Druck stehen die energieintensiven Betriebe. „Diese Branchen streben vor allem einen Ausgleich der massiv gestiegenen Beschaffungskosten an. Sie geben damit den Kostendruck nicht nur an Verbraucher weiter, sondern auch an andere Unternehmen, die auf Zulieferer aus den energie-intensiven Branchen angewiesen sind“, erklärt Jannis Bischof von der Universität Mannheim.
Allerdings gibt es auch einen psychologischen Effekt. Gehen Unternehmen von weiter steigenden Preisen aus, neigen sie häufiger dazu, selbst ihre Preise zu erhöhen. Deshalb plant über alle Branchen hinweg mehr als die Hälfte der Unternehmen, ihre Preise deutlich häufiger anzupassen. „Die Preiserhöhungen finden etwa 1,7 mal schneller als in der Vergangenheit statt. Dies bedeutet, dass sich etwa 60 Prozent eines plötzlichen Anstiegs der Preiserwartungen, ausgelöst beispielsweise durch Kriegsgeschehnisse, direkt auf die gegenwärtige Inflation überträgt“, sagt Davud Rostam-Afschar.
Aktuell planen rund 70,2 Prozent der Unternehmen Preisanhebungen. In den energieintensiven Industrien (Verarbeitendes Gewerbe und Handel) sind es sogar 77 Prozent und auch die Corona-Krisenbranchen (Gastgewerbe und Gastronomie) liegen mit 71,4 Prozent leicht über dem Durchschnitt. Allerdings scheinen Gastgewerbe und Gastronomie Kostenerhöhungen nicht im gleichen Maße an ihre Kunden weitergeben zu können. Sie liegen mit 9,6 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt (13,4 Prozent). „Die Unternehmen können ihre Preise nicht stur nur mit Blick auf ihre Finanzziele anheben. Vielmehr zählt die Kundenbindung und ob Unternehmen in der Lage sind, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben, ohne diese zu verlieren“, erklärt Bischof. Interessant ist auch, dass Unternehmen, die anders als die Mehrheit von einem Rückgang der Inflationsrate im nächsten Jahr ausgehen, die Preise dann auch weniger stark anheben.
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