Bundesregierung

Was die neue Bundesregierung bei Energie- und Klimapolitik plant

Heizungstausch, Strompreise, Gaskraftwerke – wie die neue Koalition ihre Energie- und Klimapolitik gestalten will.

Von 
Hannes Koch
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Deutschland soll bis 2045 im Prinzip klimaneutral arbeiten und leben: An diesem Ziel halten Union und SPD fest. © picture alliance/dpa

Berlin. Zwei Begriffe, die in den vergangenen Wochen für Aufregung sorgten, fehlen im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD: Atomkraft und Kernkraft kommen nicht vor. CDU und CSU haben ihren Wunsch fallengelassen, schon abgeschaltete Atomkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen. Ablehnende Hinweise der Energieunternehmen trugen wohl zu diesem Sinneswandel bei. Aber die drei Parteien plädieren dafür, die Erforschung der Kernfusion voranzutreiben, damit irgendwann vielleicht ein Fusionskraftwerk in Deutschland Strom liefert.

Dies sind zwei der interessanten Punkte in den Kapiteln über Energie- und Klimapolitik des Koalitionsvertrages. Es gibt viele weitere. Die langfristige Ausrichtung bleibt dieselbe wie bisher. Deutschland soll bis 2045 im Prinzip klimaneutral arbeiten und leben. Auf dem Weg dorthin wollen Union und SPD aber Anpassungen ermöglichen, die den Prozess so verlangsamen könnten, dass auch das Ziel unerreichbar wird. „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“, heißt es beispielsweise. „Das neue Gebäudeenergiegesetz machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher.“

Sanierungs- und Heizungsförderung wird fortgesetzt

Übersetzt kann das bedeuten: Eventuell fällt die bisherige Pflicht weg, ab spätestens 2028 beim Heizungstausch Anlagen einzubauen, die mindestens zu 65 Prozent mit Ökoenergie laufen. Konkret ist von einer Verschiebung im Koalitionsvertrag aber nichts zu lesen. Außerdem heißt es, die Vermeidung von Kohlendioxid (CO2) solle „zur zentralen Steuerungsgröße“ werden. Das wiederum könnte darauf hinauslaufen, die teure Dämmung von Wohngebäuden zu verschieben und nur klimafreundliche Heizungen einzubauen.

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„Es braucht aber eine gewisse Effizienzsteigerung, um Stromverbrauch und Heizkosten im Rahmen zu halten“, sagt Fabian Huneke von der Organisation Agora Energiewende. Allerdings will die neue Koalition die „Sanierungs- und Heizungsförderung fortsetzen“, in deren Rahmen die Immobilienbesitzer und Besitzerinnen bisher hohe Zuschüsse zu den Modernisierungskosten erhalten.

Strompreis soll um fünf Cent je Kilowattstunde sinken

Bei den Stromkosten will Schwarz-Rot den Privathaushalten und Unternehmen helfen, indem der Preis pro Kilowattstunde um fünf Cent sinken soll. Heute liegt er für Neukunden im Bereich von 27 Cent, durchschnittlich bei 37 Cent. Erreichen will man das durch die Absenkung der Stromsteuer und die Deckelung der Netzentgelte, einen Bestandteil des Preises, der in Erhalt und Ausbau der Leitungen fließt. Die fünf Cent versteht die Koalition auch als Ausgleich für den in den kommenden Jahren möglicherweise stark wachsenden Kohlendioxid-Aufschlag auf die Energiekosten, der die Haushalte und Firmen zum Umstieg auf Ökoenergie bewegen soll. Den Ausgleich durch ein Klimageld, das die vorhergehende Regierung diskutierte, aber nicht einführte, plant auch die neue Koalition nicht.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll fortgesetzt werden, allerdings „systemdienlich“. Dies ist so zu verstehen, dass das Tempo auch verringert werden kann, damit die Kosten nicht ins Kraut schießen. Energieversorger wie EnBW erklären mittlerweile auch, dass die Stromnachfrage möglicherweise nicht so stark wächst, wie bisher angenommen. Neue Starkstromleitungen will die Koalition wieder eher mit Masten bauen, nicht unter der Erde. Ersteres ist billiger, letzteres verlangen aber oft die Anwohnerinnen und Anwohner.

Kritik an geplanten neuen Gaskraftwerken

Für die Zeiten der sogenannten Dunkelflauten, in denen Wind- und Sonnenkraftwerke wenig Strom liefern, sollen neue Gaskraftwerke mit 20 Gigawatt (GW, Milliarden Watt) Leistung errichtet werden. Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP plante zehn GW, wobei diese später auf ökologischen Wasserstoff umgestellt werden sollten. Davon ist im neuen Koalitionsvertrag keine Rede. Die Organisation Agora kritisiert den Plan von Schwarz-Rot als „Dauersubvention für die Nutzung importierten fossilen Erdgases“.

Die energiepolitischen Maßnahmen möchten Union und SPD weiterhin aus dem Klima- und Transformationsfonds finanzieren, einem Spezialbudget im Bundeshaushalt. Dafür soll der Fonds künftig jedes Jahr zehn Milliarden Euro zusätzliches Geld aus dem schon beschlossen 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für staatliche Investitionen erhalten. Andererseits heißt es im Koalitionsvertrag, dass „alle Einnahmen“, die dem Fonds bisher aus dem Emissionshandel zufließen, auch „dem Gesamthaushalt zur Verfügung stehen“. Deshalb sagt Agora-Experte Huneke: „Die neue Koalition muss sicherstellen, dass die Mittel im Klima- und Transformationsfonds ausreichen, um die Förderprogramme beispielsweise für effiziente Gebäude, Wärmenetze und Klimaschutzverträge zu finanzieren.“

Korrespondent

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