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Energiesparen im Smart Home

Intelligente Häuser - sogenannte Smart Homes - sollen mehr Komfort bieten und weniger Energie verbrauchen. Wie groß das Sparpotenzial ist und auf was Verbraucherinnen und Verbraucher achten sollten

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Jasper Rothfels
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Eine Frau nutzt das Tablet, um die Smart-Home-Funktionen in ihrem Haus zu steuern. Unter anderem lässt sich die Temperatur der Heizung regeln. © istock

Wenn Michael Schilpp morgens die Haustür abschließt und sich auf den Weg zur Arbeit macht, fährt seine Heizung automatisch drei Grad herunter. Kommt der 50 Jahre alte Elektromeister abends zurück, hat sie zuvor rechtzeitig wieder hochgeschaltet, so dass die Räume die gleiche Temperatur haben wie in der Frühe. Dazwischen wird Energie gespart.

Möglich macht das eine sogenannte Smart-Home-Lösung. „Smart Home“ steht für das vernetzte oder „intelligente Zuhause“, oft in Verbindung gebracht mit per App gesteuerten Rollläden und passender Musik unter der Dusche.

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Lohnend ist es allerdings auch, die Steuerungstechnik der energetischen Versorgung so „schlau“ wie möglich zu gestalten, denn: „Wenn man das Thema Energiemanagement in das Thema intelligente Gebäude einbezieht, haben wir viele Möglichkeiten, Energie zu sparen“, sagt Andreas Bek, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg.

Zu holen gibt es da einiges: Etwa 75 Prozent des Energieverbrauchs im Gebäude entfallen nach Angaben des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) auf Wärme beziehungsweise auf Heizen, Lüften und Kühlen. Bis zu 20 Prozent der Energiekosten ließen sich vermeiden, wenn nur die wirklich benötigte Ressourcenmenge konsumiert würde, berichtet die Wirtschaftsinitiative Smart Living (Wisl) mit Bezug auf ein Forschungsprojekt im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums.

Schutz der Daten

  • Zum „Smart Home“ zählt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) „alle vernetzten Geräte, die Sie in Ihrem Wohnraum nutzen“, zum Beispiel Systeme, die automatisch Fenster und Rollläden öffnen und schließen, aber auch Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, die über ihren Inhalt informieren und Unterhaltungselektronik wie Smart-TV und Lautsprecherboxen mit digitalen Sprachassistenten.
  • Weil viele dieser Geräte an das Internet angeschlossen sind, „gelten für sie dieselben Risiken wie bei anderen internetfähigen Geräten, also z. B. Computern“.
  • Um grundsätzlich zu vermeiden, dass Angreifer die Geräte „hacken“ und diese fremdsteuern, rät das BSI, das Smart Home nur mit dem Internet zu verbinden, „wenn ein Fernzugriff unbedingt notwendig ist“. Denn ein Gerät, das nicht per Web zu erreichen sei, „stellt ein deutlich geringeres Risiko dar“. Einige Smart-Home-Basisstationen böten auch die Möglichkeit, den Kontakt zum Internet zu unterbinden.
  • Zudem solle man schon vor dem Gerätekauf darauf achten, dass der Hersteller regelmäßig Softwareupdates liefere.
  • Wichtig seien zudem sichere Passwörter, auch beim Router, dessen Firewall aktiviert sein sollte. 

Der ZVEI geht sogar davon aus, dass der Primärenergie-Verbrauch im Gebäudesektor mit umfassender Elektrifizierung und Digitalisierung um 65 Prozent gesenkt werden kann. Voraussetzung sei eine gesteigerte Effizienz mittels Photovoltaik-Anlage (PV), Speicher und Wärmepumpe und die Steuerung des Verbrauchs über ein intelligentes Energiemanagementsystem. Mit einer steigenden Nachfrage nach Produkten - etwa smarten Thermostaten in Kombination mit steuerbaren Heizungsventilen oder Heizkörpersteuerungen - wird laut einer weiteren Studie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums deshalb gerechnet.

Die Preisspanne für „smarte“ Lösungen bewegt sich laut ZVEI „zwischen wenigen 100 Euro bis hin in den fünfstelligen Bereich“. „Man kann ja mal klein anfangen“, sagt Schilpp, Inhaber der Mannheimer Firma Elektro Kehl. Zum Beispiel mit einem intelligenten Raumthermostaten, der eine „Fenster offen“-Erkennung hat und bei einem Luftzug die Heizung herunterschaltet - damit nicht so viel Wärme entweicht.

„Ich mache den Strom selber“

Wenn eine Zeitfunktion hinterlegt ist, kann zum Beispiel tagsüber die Temperatur von 20 auf 18 Grad gesenkt werden, wodurch man laut Schilpp 20 Prozent der Energiekosten sparen kann. Der Thermostat lässt sich nach seinen Angaben leicht am Heizkörper montieren. Smart-Home-Systeme mit einem intelligenten Heizregler könnten die Heizung auch drosseln, wenn sie per Abgleich erkennen, dass im Raum mehrere Menschen für eine „Grundwärme“ sorgen.

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Unter den Heizsystemen wird Bek zufolge derzeit die elektrisch betriebene Luft-Wärmepumpe bevorzugt, und das „nicht zu Unrecht“, denn sie habe heute vernünftige Wirkungsgrade. Allerdings müssten Platz und Leitungen dafür ausreichen. Die Anlage lässt sich gut mit Photovoltaik kombinieren, über die sich auch das E-Auto laden lässt. „Es ist auch Teil eines intelligenten Hauses, wenn man sagt: Ich mache den Strom selber“, so Bek. Bei trübem Wetter und im Winter lässt die Leistung einer Photovoltaik-Anlage allerdings spürbar nach.

Der Staat fördert die Beschaffung einer Wärmepumpe mit 40 bis 45 Prozent. Die Lieferfrist liege aber wie bei Photovoltaik-Anlagen bei einem Jahr, so Schilpp. Wenn die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach mit Smart-Home-Systemen kombiniert werde, ergäben sich „ganz neue Möglichkeiten“. So könne man tagsüber, wenn die Wohnung leer ist, „stromfressende“ Stand-by-„Verbraucher“ wie den TV ausschalten und stattdessen Waschmaschine und Trockner betreiben. Wer einen Speicher für Solarstrom hat, kann auch abends waschen und die Wärmepumpe „füttern“. Auch bei der Überbrückung von Stromausfällen kann ein Speicher Bek zufolge helfen. Er rät, sich mit Fragen zum Thema rechtzeitig an einen Innungsfachbetrieb zu wenden.

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Ein Smart-Home-System im Neubau kostet Schilpp zufolge etwa 20 Prozent mehr als eine klassische Elektroinstallation. Es könne mit 15 bis 20 Prozent gefördert werden.

Auch die Nachrüstung eines bestehenden Hauses ist möglich. „Nachrüstungen sind meist funkbasiert“, sagt er. Alte Heizthermostaten könnten „eins zu eins“ ersetzt werden, ohne neue Leitungen verlegen zu müssen. Staatliche Förderung für Smart-Home-Projekte, die die Energiekosten senken, gibt es Schilpp zufolge aber nur, wenn eine Fachfirma diese installiert. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten zudem auf den Datenschutz achten (siehe Infokasten).

Je mehr, desto teurer

Elektromeister Aydin Ciftciler weist darauf hin, dass sich nicht jeder eine ausgereifte Smart-Home-Lösung leisten kann. Der Firmeninhaber aus Lorsch hat andere Tipps zum Stromsparen parat. Neben der Abdichtung der Fenster mit Silikon und der Anschaffung einer Solaranlage mache sich der Einbau von LED-Leuchten bezahlt. Sie verbrauchten viel weniger als Halogenlampen, die Ausgaben habe man nach wenigen Jahren wieder „drin“.

Zudem lohne beim Kauf von Kühl- und Gefrierschränken ein Blick auf die Effizienzklasse. Ciftciler warnt zudem davor, in alten Häusern mit alten Leitungen zu viele elektrische Heizlüfter gleichzeitig anzuschalten, denn sonst drohe eine Überlastung. „Wenn es ganz schlecht läuft, kann es sein, dass ein Kabelbrand entsteht“, sagt er. „Aber in den meisten Fällen springt vorher die Sicherung raus.“

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