Nutzfahrzeuge

Wasserstoff-Lkw von Daimler Truck fährt mehr als 1000 Kilometer

Der GenH2 Truck ist von Wörth nach Berlin gefahren - mit nur einer Tankfüllung. Für den Wörther Standort ist das ein wichtiger Meilenstein im Jubiläumsjahr

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Der Prototyp des GenH2 Truck wurde vorrangig im Versuchs- und Entwicklungszentrum Wörth aufgebaut. © Daimler Truck

Wörth. Von Montagnachmittag bis Dienstagmorgen ist ein Mercedes-Benz GenH2 Truck, Kennzeichen GER-LH 201, von Wörth nach Berlin unterwegs gewesen. 1047 Kilometer ohne Tankstopp. Möglich gemacht hat das Flüssigwasserstoff.

Der Lkw absolvierte die Fahrt voll ausgeladen und mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen unter realen Bedingungen, ohne während der Fahrt CO2 auszustoßen. Für Daimler Truck ein Meilenstein. Mit dem Knacken der 1000-Kilometer-Marke mit einer Tankfüllung habe man bewiesen: „Wasserstoff ist bei Lkw alles andere als heiße Luft und wir kommen auf dem Weg zur Serienreife sehr gut voran“, wird Vorstandsmitglied Andreas Gorbach in einer Mitteilung zitiert. Der Prototyp wurde vorrangig im Versuchs- und Entwicklungszentrum Wörth aufgebaut, aber auch Kollegen aus dem Mannheimer Werk waren beteiligt.

Daimler Truck befindet sich in der Transformation

Vor der Fahrt betankten Mitarbeiter den Mercedes-Benz GenH2 Truck in Wörth mit flüssigem Wasserstoff erneuerbaren Ursprungs. Minus 253 Grad Celsius tiefkalter Flüssigwasserstoff wurde in zwei jeweils seitlich am Fahrgestell montierte 40-Kilogramm-Tanks gefüllt. Durch eine besondere Isolierung der Tanks kann der Wasserstoff den Angaben nach für eine ausreichend lange Zeit ohne aktive Kühlung auf Temperatur gehalten werden. Obgleich die Lagerung aufwendig ist: Daimler Truck setzt auf flüssigen Wasserstoff, da dieser über eine höhere Energiedichte verfügt als gasförmiger Wasserstoff.

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Im Fahrzeug steckt ein Brennstoffzellensystem von Cellcentric - einem Gemeinschaftsunternehmen, das Daimler Truck und Volvo 2021 gegründet hatten. Erste Brennstoffzellen-Lkw sollen in den kommenden Jahren in Kundenhand getestet werden. Die Serienreife des Mercedes-Benz GenH2 Truck werde für die zweite Hälfte des Jahrzehnts geplant, heißt es in der Mitteilung. Selbst wenn Daimler Truck schon heute Wasserstoff-Lkw aus Serienfertigung im Angebot hätte: Der Hersteller könnte sie nicht verkaufen, weil es so gut wie keine Tankgelegenheiten gibt. Noch sind sie zu unwirtschaftlich.

Daimler Truck befindet sich mitten in der Transformation. Die Branche durchläuft einen Wandel hin zu im Fahrbetrieb CO2-neutralen Lkw. Das Unternehmen hat sich dazu entschieden, zweigleisig zu forschen und zu entwickeln - am batterie-elektrischen Antrieb (bisher hauptsächlich für den regionalen Verteilerverkehr) und an der Brennstoffzelle (für den Schwerlast- und Fernverkehr). Natürlich verändert das die Produktion an den Standorten. Bestimmte Arbeiten fallen weg, neue kommen hinzu.

Neue berufliche Chancen

Transformation ist also ein großes Wort - und aktuell ein großes Thema in Wörth zum 60. Geburtstag des Standorts. Standortleiter Andreas Bachhofer hat einen Wunsch: Dass die „aktuellen Transformationsthemen“ weiterhin so positiv, offen und gemeinsam mit der Belegschaft angegangen werden sollen. Betriebsratsvorsitzender Thomas Zwick kann das nur unterstreichen. „Dank neuer Produkte entstehen auch neue Berufsbilder für die Kolleginnen und Kollegen und damit neue berufliche Chancen“, sagt er. Seit Jahrzehnten sei das Werk stets im Wandel.

Tatsächlich war der 1. Oktober 1963 ein besonderer Tag im pfälzischen Wörth. Im Lastwagen-Werk der damaligen Daimler-Benz AG lief der erste Fahrerhaus-Rohbau vom Band. Ab 1965 fertigte die Belegschaft komplette Lastwagen.

Aus Wörth kommen heute die Modelle Actros, Arocs und Atego. Auch die Mercedes-Benz Special Trucks Econic, Unimog und Zetros werden dort gebaut. 2021 startete die Serienproduktion des batterieelektrisch angetriebenen Mercedes-Benz eActros, 2022 folgte der zweite Elektro-Serien-Lkw Mercedes-Benz eEconic. Bis zu 470 nach Kundenwunsch gefertigte Lkw können das Werk Wörth pro Tag verlassen. Mit rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Daimler Truck nach dem Ludwigshafener Chemiekonzern BASF der zweitgrößte Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz.

Die Zeichen stehen auf Wachstum. „Unsere Auslastung ist gut, die Auftragsbücher sind voll, und wir haben auch in den Sommerferien ohne Pause durchproduziert“, erklärt Standortleiter Bachhofer.

Im Jubiläumsjahr und inmitten von Feierlichkeiten ist in Wörth also ordentlich was los. Auch wegen des neuen eActros 600. Das batterie-elektrische Modell soll es auf eine Reichweite von rund 500 Kilometern ohne Ladestopp bringen und damit sogar fernverkehrstauglich sein. Geplante Serienreife: nächstes Jahr. Gebaut wird das Fahrzeug in Wörth, aus Mannheim kommen wichtige Module. Bachhofer sagt: „Ich freue mich sehr auf die Weltpremiere, die am 10. Oktober fast auf den Tag genau 60 Jahre nach Werksgründung stattfinden wird.“

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