Viernheim. Der geplante Schließungstermin der Galeria-Filiale im Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum rückt immer näher. Am 31. Januar 2024 soll das Kaufhaus zusammen mit mehr als einem Dutzend weiteren Standorten bundesweit geschlossen werden. Die Entscheidung des Managements ist eigentlich endgültig, trotzdem gibt es bei Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaft etwas Hoffnung, dass es doch noch weitergeht. Für Zuversicht in Viernheim sorgen Nachrichten über gerettete Standorte wie zuletzt etwa in Leonberg oder Limburg.
„Die Leute werden immer noch bei der Stange gehalten, auch wenn jetzt kaum noch jemand ernsthaft daran denkt, dass der Betrieb erhalten bleibt“, sagt Horst Gobrecht, Gewerkschaftssekretär für den Handel bei Verdi Südhessen. „Aber es wird immer noch gesagt, es gibt keine abschließende Entscheidung.“
Er erinnert sich an die vergangene Streichliste von Galeria im Herbst 2020 infolge des ersten Insolvenzverfahrens, bei der die Filiale auf der Frankfurter Zeil nach drei Monaten Auseinandersetzung doch wieder von der Liste genommen worden sei. Das könne jetzt auch in Viernheim passieren. Die Frankfurter Filiale hat übrigens die laufende Sparrunde nicht überstanden und ist seit ein paar Wochen geschlossen.
„Die Anspannung ist groß“
Was macht die Hängepartie mit den Beschäftigten in Viernheim? Schließlich ist inzwischen fast ein halbes Jahr vergangen, seit die Schließungspläne des Warenhauskonzerns öffentlich wurden. Für die rund 80 Frauen und Männer heißt das: Sie bangen seit einem halben Jahr um ihre berufliche Zukunft und gehen täglich in dem Bewusstsein zur Arbeit, dass ihr Arbeitgeber sie in spätestens fünf Monaten loshaben will. Dass das Spuren hinterlässt, bestätigt Betriebsratschefin Kerstin Kujau: „Die Anspannung ist groß. Je länger die Entscheidung dauert, desto verzweifelter sind die Menschen.“
Von der Stammkundschaft erhalte das Personal viel Zuspruch. Doch die Ungewissheit mache die Angestellten kaputt, sagt Kujau. Besonders gilt das für diejenigen, die bereits zum zweiten Mal in Sorge um ihren Arbeitsplatz sind, weil sie bis vor drei Jahren in einer Schließungsfiliale gearbeitet haben und dann nach Viernheim gewechselt sind.
Einige ihrer Kollegen hätten deshalb Konsequenzen gezogen und das Unternehmen verlassen. Andere planten diesen Schritt. „Ich habe das schon mal durchgemacht, ein zweites Mal packe ich das nicht. Ich kann mir das nicht länger antun“, sei deren Reaktion. Wie die Betriebsratsvorsitzende berichtet, suchten viele ihre berufliche Zukunft abseits des Einzelhandels, unter anderem wegen der Arbeitszeiten. Gobrecht kennt diese Entwicklung aus anderen Filialen: „Wer was findet, geht.“
Die personellen Lücken versuche der Galeria-Konzern mit Teilzeitkräften zu füllen. Andererseits will der Konzern in den Filialen, die weiterbestehen, Personal abbauen. Galeria-Chef Oliver van den Bossche kündigte wiederum in einem Brief an die Belegschaft an, 3500 neue Kolleginnen und Kollegen an den Start bringen zu wollen. Gobrecht kritisiert diese Personalpolitik. Allen, denen wegen der Schließungen gekündigt werde, sei kein neues Angebot gemacht worden.
Als „Frechheit“ wertet er Aussagen van den Bossches, die in einem Interview mit der Lebensmittel-Zeitung gefallen sind: „Die besten Leute konnten wir halten und vom Markt neue hinzugewinnen“, soll er gesagt haben. „Übersetzt heißt das: Die, die gegangen wurden, waren die Low Performer“ (deutsch:„Minder-Leister“), so Gobrecht. „Das deutet darauf hin, dass man die Lohnsumme mit 3500 Neuen geringer halten will als mit 3500 Alten.“
Land Hessen hilft Kommunen
Unterdessen unterstützt das hessische Wirtschaftsministerium die von der Insolvenz der Warenhauskette betroffenen Städte mit drei Millionen Euro. Das Geld solle den Kommunen helfen, um die Kaufhäuser und ihre Umgebung zukunftsfähig zu entwickeln, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). „Wir hoffen auf beispielhafte Projekte für die Bewältigung des Strukturwandels unserer Innenstädte, die dann auch in anderen Städten mit größeren Leerständen angewendet werden können.“
Möglich seien Konzepte für Modernisierungen und Umbauten im Hinblick auf eine künftige Nutzung, die befristete Übernahme von Teilmieten für neue Nutzer aus regionalem Einzelhandel oder Gastronomie sowie die Gestaltung des angrenzenden öffentlichen Raums zur Steigerung der Aufenthaltsqualität. Viernheim wird dabei leer ausgehen. „Da die Filiale in einem Einkaufszentrum an der Peripherie liegt, greift dort das Innenstadt-Programm nicht“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.
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