Mannheim. 95 Kleidungsstücke: So viele besitzt jede erwachsene Person in Deutschland durchschnittlich – ohne Unterwäsche und Socken. Jedes fünfte Kleidungsstück hiervon wird so gut wie nie getragen. Trotzdem gibt Jeder und Jede monatlich durchschnittlich 78 Euro für Textilien und Schuhe aus. Darüber informiert eine Studie, die vom Umweltbundesamt herausgegeben wurde.
Damit der Kleiderschrank nicht aus allen Nähten platzt, muss hin und wieder aussortiert werden. Doch wohin mit den Klamotten, die man nicht mehr behalten möchte? Wegschmeißen kann man sie schon mal nicht. Denn alte Kleidung darf seit diesem Jahr nicht mehr im Restmüll entsorgt werden. Warum dann die gut erhaltenen Klamotten nicht an andere Personen abgeben – und damit sogar Geld verdienen? Das ist gut für die Umwelt und den Geldbeutel.
Mannheimer Gründerin will darüber aufklären, dass Secondhand-Kleidung nicht unhygienisch ist
Tanja Rupp nennt einen weiteren Vorteil von bereits gebrauchter Kleidung: „Die sind ein paar mal gewaschen und haben weniger Schadstoffe und Chemikalien.“ Rupp ist Gründerin von Bonnie&Bonnie, ein Mannheimer Onlineshop für Secondhand–Mode. Wer seine Klamotten aussortiert hat, kann sie beispielsweise bei Bonnie&Bonnie abgeben.
EU-Richtlinie zur Altkleidersammlung
- Eine EU-Richtlinie sieht seit diesem Jahr vor, dass alle Textilien getrennt vom herkömmlichen Müll gesammelt werden.
- Das Ziel davon: Die Textilien sollen weiter verwendet oder recycelt werden. Das ist nachhaltiger als sie zu verbrennen.
- Gut erhaltene Kleidungsstücke sollen also zum Beispiel in Sammelcontainern entsorgt werden. Sie können auch an karitative Organisationen gespendet werden.
- Stark zerschlissene, verdreckte oder anderweitig kontaminierte Textilien seien jedoch weiterhin über die Restmülltonne zu entsorgen, schreibt die Deutsche Kleiderstiftung.
Dazu muss man von den verschiedenen Teilen gemeinsam ein Foto machen und es dem Unternehmen per E–Mail schicken. Die Mitarbeiter geben dann eine Preiseinschätzung ab, die sich jedoch nach der Überprüfung noch ändern kann – je nachdem, in welchem Zustand die Klamotten sind. Diese werden dann sortiert und – wenn sie nicht weiter verkauft werden können – entweder an eine gemeinnützige Organisation gespendet oder zu Industrieputzlappen recycelt. Manche Kleidungsstücke reparieren, besticken oder nähen die Mitarbeiter auch um.
Dann werden die gebrauchten Klamotten gewaschen. „Wir wollen mit Vorurteilen aufräumen, dass Secondhand unhygienisch ist“, sagt Rupp. Konsumenten würden noch vor dem Online–Kauf von Kleidung aus zweiter Hand zurückschrecken. Deswegen sind auf den Fotos, die später im Onlineshop landen, echte Menschen mit den angekauften Klamotten zu sehen. So könne man beispielsweise auch besser sehen, wie die Kleidung fällt. Bonnie&Bonnie kauft nur bestimmte Marken im Mittelpreissegment an, zum Beispiel „& Other Stories“ oder „NA–KD“. Was Rupp wichtig ist: Die Kleidung sollte in einem sehr guten Zustand und gewaschen sein: „Da stehen immer Menschen, die sich das angucken und sortieren.“
Laut Mannheimer Unternehmer: Alte Klamotten können viel Geld bringen
Niklas Kille kann jedoch manchmal über kleine Löcher oder andere Tragespuren hinwegsehen: „Mängel sind zweitrangig, wenn es eine besondere Geschichte gibt.“ Mit seinem guten Freund Simon Schmidt gründete Kille den Onlineshop Double Double Vintage – und verkauft dort Vintage–Klamotten aus den 90ern und 2000ern mit Fokus auf Sport, Musik und Popkultur.
Kille ist Mannheimer, Büro und Lager von Double Double Vintage sind in Ludwigshafen. Klamotten aus früheren Zeiten sind wieder gefragt: Zurzeit können laut Kille vor allem alte Fußballtrikots viel Geld bringen. Auch Jacken und Hosen der US–Marke Carhartt sind aktuell beliebt: Die weite Arbeiterbekleidung wird auch von verschiedenen Prominenten getragen.
Auch Kille kauft Klamotten an, allerdings müssen die zu seinem Sortiment passen und beispielsweise mindestens 15 Jahre alt sein. „Wir können nicht den Top–Preis bieten, den man vielleicht auf Ebay gesehen hat“, gibt Kille zu. Denn er müsse seine Mitarbeitenden und Miete bezahlen. Allerdings nimmt sein Team dem Verkäufer viel Arbeit ab: Sie waschen die Klamotten, messen sie aus, fotografieren sie und schreiben mit den Kunden.
Diese Arbeit übernehmen auch große Ankaufportale, wie Sellpy oder Momox fashion. Bei Sellpy kann man sich eine Tasche für 2,99 Euro nach Hause bestellen, diese mit den Altkleidern füllen und an das Unternehmen schicken. Bis die Tasche bearbeitet wird, dauert es dann nach eigenen Angaben etwa neun Wochen.
Pro Artikel zahlt der Verkäufer eine Anzeigengebühr von 1,20 Euro. Sellpy erstellt dann die Anzeige und versendet den Artikel an den Käufer. Wenn das passiert, bekommt der Verkäufer 40 Prozent des Verkaufspreises. Bei teuren Klamotten sind es 70 Prozent. Wird die Kleidung nicht verkauft, wird das Kleidungsstück entweder kostenpflichtig zurückgeschickt oder gespendet.
Auch Momox fashion funktioniert ähnlich. Allerdings nimmt das Unternehmen nicht jede Marke an. Dafür bekommt der Verkäufer direkt einen Preis genannt, der sich auch nach der Qualitätskontrolle nicht ändert. Wird das Kleidungsstück allerdings abgelehnt, kostet das Zurückschicken vier Euro. Und das passiert schnell: Schon bei sehr kleinen Flecken, Fusseln, Tierhaaren oder Ausdünnungen können Artikel abgelehnt werden.
Auch H&M und C&A nehmen Secondhand–Klamotten an
Wer den Aufwand auf sich nehmen will, selbst Fotos zu machen und mit Käufern zu schreiben, der kann seine ausgemisteten Klamotten auch bei Online–Handelsplattformen verkaufen. Vinted ist hierbei sehr bekannt. Der große Vorteil: Man kann das T–Shirt oder die Jeans zu einem selbst ausgewählten Preis verkaufen und bekommt das komplette Geld.
„Wenn man viel haben möchte für die Sachen, muss man privat verkaufen“, sagt Rupp. Auch auf der Plattform Kleinanzeigen können Altkleider auf die gleiche Weise verkauft werden. Hier gibt es auch keine Einschränkungen bei den Marken – man muss nur einen Käufer finden.
Wer seine Klamotten lieber vor Ort und nicht online abgeben will, kann das in einem Secondhand–Laden in der Nähe machen. In Mannheim gibt es beispielsweise SecondPlus in der Innenstadt. Allerdings können die Klamotten hier nur gespendet werden. Eine weitere Möglichkeit, seine Altkleider loszuwerden, sind Flohmärkte, wie beispielsweise der Mannheimer Krempelmarkt. Dieser findet regelmäßig auf dem Neuen Messplatz statt.
Auch große Bekleidungsunternehmen sind auf den Secondhand–Zug aufgesprungen. Wenn ein Verbraucher seine aussortierte Kleidung beispielsweise in einem H&M–Geschäft abgibt, erhält er einen Gutschein. Dabei ist es egal, ob die Klamotten bei H&M gekauft wurden und in welchem Zustand sie sind. „Im Sinne der Nachhaltigkeit ist das nicht die beste Option“, sagt Rupp. Man tausche das alte Kleidungsstück nur gegen ein neues ein.
Die abgegebene Kleidung wird laut H&M entweder als Secondhand–Ware weiterverkauft, zu Putzlappen verarbeitet oder geschreddert. Auch Konkurrent C&A bietet ein ähnliches Programm an.
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