Justiz

SAP: Vergleich im Streit um mobiles Arbeiten

Wie oft dürfen SAP-Beschäftigte mobil arbeiten? Im Streit vor dem Mannheimer Arbeitsgericht gibt es nun eine erste Einigung. Das sind die Details

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Alexander Jungert
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Beschäftigte von SAP bei einer Besprechung im Büro. Kolleginnen und Kollegen sind auch per Video zugeschaltet. © SAP SE

Mannheim. Der Name SAP taucht am Mannheimer Arbeitsgericht in schöner Regelmäßigkeit auf. Mal geht es um die Bezahlung von Vorruheständlern, mal um die Rechtmäßigkeit von Aufsichtsratswahlen. Unter Aktenzeichen 12 BVGa 2/24 wird derzeit ein spannender Streit um das mobile Arbeiten ausgefochten. Folgend Fragen und Antworten zur Verhandlung vor der zwölften Kammer des Arbeitsgerichts unter Vorsitz von Richterin Lonja Dünschede.

Was ist Auslöser des Streits?

Nach dem Auslaufen einer früheren Vereinbarung ermöglicht SAP den Beschäftigten, nur noch an zwei Tagen pro Woche mobil zu arbeiten. Das hat der Walldorfer Softwarekonzern Anfang Juni festgesetzt. Brisant dabei: Es gibt nach wie vor keine Einigung mit den Betriebsräten über eine neue Vereinbarung zum mobilen Arbeiten - trotz „guter, konstruktiver Gespräche“, wie es heißt. SAP ist der Ansicht, dass „die grundsätzliche Bemessung des Kontingents an mobiler Arbeit nicht der Mitbestimmung unterliegt“, sondern lediglich deren Ausgestaltung. Die Arbeitnehmervertretung hingegen sieht das anders - und geht gerichtlich dagegen vor.

Wie ist die Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ausgegangen?

Nach fast zwei Stunden und mehreren Unterbrechungen - es gab viel zu beraten - hat es am Mittwochnachmittag einen Vergleich gegeben. Er sieht vor, eine Einigungsstelle einzusetzen. Sie soll endgültig klären, wie oft SAP-Beschäftigte pro Woche von Zuhause aus oder von unterwegs aus arbeiten dürfen. Bis eine Entscheidung in der Einigungsstelle gefallen ist, duldet der Betriebsrat die Vorgabe von SAP, dass Mitarbeiter zwei Tage in der Woche mobil arbeiten können. Eventuell auch mehr - das bleibt Beschäftigten und ihrer jeweiligen Führungskraft vorbehalten.

Was ist eine Einigungsstelle überhaupt - und wie setzt sie sich zusammen?

Eine Einigungsstelle kann man sich als „betriebliches Schiedsgericht“ vorstellen. Es dient dazu, Streitereien zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat aus der Welt zu schaffen. Zur Einigungsstelle gehören Beisitzer sowie ein unparteiischer Vorsitzender, auf den sich beiden Parteien einigen müssen. Im SAP-Fall hat jede Seite vier Beisitzer. Vorsitzender soll Holger Dahl sein. Dahl war früher Richter an den Arbeitsgerichten Frankfurt und Wiesbaden. Laut der Fachzeitschrift „Juve“ zählt er zu den meistgefragten Einigungsstellenvorsitzenden in Deutschland.

Wie lange dauert es, bis in der Einigungsstelle eine Entscheidung fällt?

Schon ein paar Monate, vermutlich nicht vor Herbst.

Welche Reaktionen gibt es auf den Vergleich?

Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE, ist zufrieden. Beschäftigte könnten auch mehr als zwei Tage pro Woche mobil arbeiten, wenn sie sich mit ihrer Führungskraft abstimmten. „Beschäftigte finden daheim durchaus ruhigere Arbeitsbedingungen vor und sind an dieser Stelle auch produktiver“, sagt er. Wolfgang Fassnacht, Personalleiter von SAP Deutschland erklärt: „Ich bin sehr froh, dass der Betriebsrat die momentane Situation duldet. Jetzt gehen wir an die weitere Ausgestaltung.“

Warum ist es SAP so wichtig, dass Beschäftigte künftig wieder häufiger ins Büro kommen?

Tatsächlich hat sich SAP bisher damit gerühmt, Beschäftigten bei der Wahl ihres Arbeitsorts weitgehend freie Hand zu lassen. Doch das Management hegt schon länger Pläne, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder häufiger ins Büro zu holen. Fassnacht sagt, man sehe „eine gute Mischung“ aus mobiler Arbeit und Präsenz als vorteilhaft an. SAP-Vorstandsvorsitzender Christian Klein hatte in der Vergangenheit ähnlich argumentiert. „Wir werden niemanden kontrollieren“, sagte Klein Anfang dieses Jahres im Gespräch mit dieser Redaktion.

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„Aber es ist für die Kultur bei SAP sehr wichtig, dass wir uns von Zeit zu Zeit als Team persönlich treffen und Dinge besprechen - und nicht mit 20 Kollegen im Videocall sitzen und keiner so recht weiß, wann er oder sie zu Wort kommt.“ Interessant: Während die SAP-Seite - Personalleiter Fassnacht und Rechtsanwältin Barbara Reinhard - argumentiert, für die Beschäftigten seien lediglich zwei Tage mobiles Arbeiten in Ordnung, hört sich das bei der Arbeitnehmervertretung ganz anders an. Die Aufregung sei groß, berichtet Betriebsratsvorsitzender Schick. „Bei den Betriebsversammlungen war es das Thema Nummer eins.“ Der Arbeitgeber müsse lernen, besser zuzuhören.

Hat SAP in Walldorf denn ausreichend Platz für alle Beschäftigten?

Das Hauptgebäude WDF 01 am Stammsitz Walldorf wurde entkernt und wird momentan von Grund auf saniert. Laut Schick sind dadurch rund 3000 Arbeitsplätze weggefallen. Für den Maximalfall - also wenn alle Beschäftigten an fünf Tagen pro Woche zur Arbeit kämen - hätte SAP demnach keine räumlichen Kapazitäten.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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