Walldorf. Neues Jahr, neue Personalie: Der Walldorfer Softwarekonzern SAP schafft ein zusätzliches Vorstandsressort, um Kunden auf ihrem Weg in die Cloud zu begleiten und ihre Zufriedenheit zu steigern. Spitzenmanager Thomas Saueressig (38), derzeit verantwortlich für die Produktentwicklung, soll das Ressort „Customer Services & Delivery“ ab 1. April leiten. Nachfolger im Vorstand für die Produktentwicklung wird Muhammad Alam (46).
Saueressig übernehme „eine äußerst wichtige neue Rolle“, damit Kunden „das maximale Potenzial der Cloud für sich erschließen können“, sagt Aufsichtsratsvorsitzender Hasso Plattner laut Mitteilung. Alam wechselte im Januar 2022 von Microsoft zu SAP. Seither leitet er verschiedene Programmier- und Designteams. Plattner bezeichnet den Manager als „visionäre Führungspersönlichkeit“ und „Ingenieur mit Leib und Seele“.
Christian Klein schwört Belegschaft auf 2024 ein
SAP richtet sich seit einigen Jahren verstärkt auf die Cloud aus, also auf Mietsoftware im Internet. Anwendungen für Finanzbuchhaltung, Beschaffung oder Reisekosten sind nicht mehr auf Servern bei Unternehmenskunden vor Ort installiert. Allerdings kommt dieser Kurs nicht bei allen Kunden gut an, immer wieder herrscht Unzufriedenheit. Mit Saueressigs Erfahrung - er ist seit fünf Jahren im SAP-Vorstand - soll sich das nun ändern. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wird vorangetrieben.
In einem internen Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, schwört Vorstandssprecher Christian Klein die Belegschaft auf das Jahr 2024 ein. „Wir müssen uns permanent herausfordern, lernen, uns anpassen und verbessern“, erklärt er. SAP habe das Ziel, der führende Anbieter von Unternehmenssoftware und Unternehmens-KI zu sein.
Damit sollen offensichtlich auch größere Veränderungen für die Beschäftigten einhergehen. Etwa bei den Präsenzzeiten. „Wir wissen, wie wichtig und bereichernd es ist, persönlich zusammenzuarbeiten. (. . .) Künftig sind drei Tage pro Woche im Büro oder bei Kunden/Partnern vorgesehen - vorbehaltlich des lokalen Arbeitsrechts und der Einbeziehung unserer Sozialpartner“, erklärt Klein. Bis Ende April soll eine Übergangszeit laufen. In Walldorf dürfte das für Aufruhr sorgen - hat sich der Konzern doch bisher damit gerühmt, den Beschäftigten bei der Wahl ihres Arbeitsortes weitgehend freie Hand zu lassen.
In der Mail kommt zudem ein weiterentwickeltes Bewertungssystem zur Sprache. Ziel sei es, Mitarbeitende entsprechend ihrer individuellen Leistung und Fähigkeiten zu entwickeln, zu bewerten und zu honorieren. Gegebenenfalls sollen Beschäftigte mehr Unterstützung und Training erhalten. Klein kündigt bald Details dazu an.
Medienberichte dazu hatte es bereits Anfang Dezember gegeben. Es war die Rede davon, Beschäftigte von SAP künftig nach Leistung kategorisieren zu wollen - was Arbeitnehmervertreter ablehnten.
„Partnerzeit*“ auf Eis
Inmitten des Strategie-Updates ist noch etwas anderes bekannt geworden: Aus der „Partnerzeit*“, die der ehemalige Deutschland-Personalchef Cawa Younosi angestoßen hatte und die ab 1. Januar kommen sollte, wird erst einmal nichts. Frischgebackene Väter sollten ab der Geburt des Kindes sechs Wochen Sonderurlaub bekommen - mit vollem Lohnanspruch.
Dass der Softwarekonzern die „Partnerzeit*“ auf Eis legt, liegt offensichtlich daran, dass Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ihre „Familienstartzeit“ nicht bis Jahresbeginn durchgebracht hat. „Wir nehmen dies zum Anlass, unsere eigenen Pläne in diesem Bereich ebenfalls zu überprüfen“, erklärt ein Konzernsprecher. Im September hatte es von SAP noch geheißen, man wolle an der „Partnerzeit*“ auch festhalten, wenn Paus mit ihrem Vorhaben scheitern sollte.
Die Ministerin macht sich mit der Familienstartzeit für eine zweiwöchige bezahlte Auszeit für Partnerinnen und Partner nach der Geburt eines Kindes stark. SAP brachte das auf die Idee der „Partnerzeit*“ - in verlängerter Form. Der Konzern erhoffte sich davon, weiter an Attraktivität bei hart umkämpften Fachkräften zu gewinnen. Das Programm sollte nicht nur auf biologische Väter beschränkt sein, sondern für alle Partner gelten, deswegen ein *. Younosi gab die Kosten für das Programm „mit mehreren Millionen Euro“ an.
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