Herr Stockmeier, bei dem ganzen Hickhack um das Gebäudeenergiegesetz,, bekannter als das Heizungsgesetz, hat man den Überblick verloren. Was sind denn jetzt - nach der Überarbeitung - die wichtigsten drei Punkte?
Konrad Stockmeier: Der erste wichtige Punkt ist: In bestehendes Eigentum wird nicht eingegriffen. Bestehende Heizungen können weiter benutzt und auch repariert werden.
Und der zweite Punkt?
Stockmeier: Bevor die Bürgerinnen und Bürger etwas tun müssen, ist der Staat am Zug: Wir arbeiten gerade am Wärmeplanungsgesetz. Alle Kommunen in Deutschland müssen innerhalb bestimmter Fristen informieren, mit welcher Infrastruktur die Bewohner rechnen können, etwa, ob Fernwärme in ihre Straße kommt. Erst wenn das klar ist, greifen in Bestandsbauten die Regelungen des Heizungsgesetzes. Und der dritte Punkt: Haushalte haben Zeit, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen. Das klimaneutrale Heizen wird in Bestandsbauten Schritt für Schritt kommen - mit vielen Übergangsfristen.
Ich habe eine klassische Gasheizung, die eigentlich noch gut in Schuss ist - was heißt das genau für mich?
Stockmeier: Dass Sie die Gasheizung weiter benutzen können. Daran ändert sich auch ab 1. Januar 2024 nichts. Wenn sie kaputt ist, dürfen Sie sie reparieren lassen und dann so lange benutzen, bis sie ganz kaputt ist. Und wenn Sie dann eine neue Heizung einbauen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird, bekommen Sie eine Förderung.
Wie hoch ist diese Förderung für den Heizungstausch mit dem neuen Gesetz?
Stockmeier: Da gibt es zwei Pakete: Für die Heizungsanlage an sich gilt eine Förderhöchstgrenze von bis zu 30 000 Euro - davon bekommt man einen bestimmten Prozentsatz als Förderbetrag. Wer besonders schnell ist beim Heizungstausch, bekommt einen höheren Fördersatz. Zusätzlich werden energetische Maßnahmen gefördert, die zu einem geringeren Energieverbrauch führen. Da gilt eine Förderhöchstgrenze von bis zu 60 000 Euro. Davon bekommt man auch einen bestimmten Prozentsatz als Förderbetrag.
Zur Person
Der FDP-Politiker Konrad Stockmeier ist seit 2021 Bundestagsabgeordneter für Mannheim.
Er hat das Gebäudeenergiegesetzt mitverhandelt.
Stockmeier hat im In- und Ausland Volkswirtschaftslehre studiert und unter anderem in der Marktforschung eines Unternehmens gearbeitet.
1977 wurde er in Heidelberg geboren. Stockmeier wuchs in Wertheim und Konstanz auf und lebt seit 2010 in Mannheim. be
Die Vorgaben für den Einbau klimaneutraler Heizungen gelten erst einmal nur für Neubauten. Für andere gibt es eine Übergangsfrist von mehreren Jahren. Immobilienbesitzer haben so Zeit gewonnen. Aber diese Zeit haben wir doch gar nicht, um den Klimawandel aufzuhalten?
Stockmeier: Die Bekämpfung des Klimawandels wird nicht aufgeschoben. Der CO2-Preis wird schon im nächsten Jahr weiter steigen. Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen teurer wird, setzt das den Anreiz, weniger klimaschädlich zu heizen. Und dadurch, dass wir jetzt realistischere Zeiträume vorgeben, haben Hersteller die Möglichkeit, immer kostengünstigere Lösungen zu entwickeln. Wärmepumpen bleiben also höchstwahrscheinlich nicht so teuer, wie sie heute sind. Und es werden neue Technologien auf den Markt kommen, etwa für das Heizen mit klimafreundlichem Gas oder klimafreundlichem Heizöl.
Bei der Verabschiedung des Gesetzes sollte es umso schneller gehen. Experten kritisieren Mängel, die CDU spricht von Durchpeitschen.
Stockmeier: Diese Kritik der CDU kann ich nicht nachvollziehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte ja dem Eilantrag stattgegeben und die Verabschiedung des Gesetzes vor der Sommerpause gestoppt. Es ist wichtig, dass Abgeordneten genug Zeit eingeräumt wird, ihre Rechte wahrzunehmen. Jetzt hatten CDU und CSU acht Wochen Zeit, einen ganz konkreten Änderungsantrag zu erarbeiten und in den Bundestag einzubringen. Das haben sie aber nicht getan.
Ich nehme an, Sie schlagen drei Kreuze, wenn das Heizungsgesetz durch ist?
Stockmeier: Wir sind froh, wenn der Bundestag es verabschiedet, aber dann geht die Arbeit mit dem Wärmeplanungsgesetz gleich weiter. Auch daran bin ich beteiligt. Und ganz wichtig ist dann auch, der Bevölkerung das Heizungsgesetz genau zu erklären. Da gab es in den vergangenen Monaten eine massive Verunsicherung. Es ist jetzt unsere Aufgabe, Informationsarbeit zu leisten, Fragen zu beantworten und auch zu beruhigen. Dafür werde ich bis zum Jahresende viel in Mannheim und Baden-Württemberg unterwegs sein.
Die Streitereien in der Regierung auch beim Heizungsgesetz haben viel Vertrauen zerstört. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung sind unzufrieden mit der Arbeit der Ampel.
Stockmeier: Deutschland befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Phase. Die Menschen haben zu Recht die Erwartung an die Regierung, dass jetzt wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um das Land wieder auf einen guten Kurs zu bringen. Dabei sollten wir die eine oder andere Streiterei unterlassen. Wir müssen uns aber weiter über unsere verschiedenen Standpunkte öffentlich austauschen. Dabei sind der Stil und der Sound wichtig. Wir sollten das Persönliche, das Ätzende und Polemische raushalten. Ein gutes Beispiel ist die Diskussion um den Industriestrompreis: Da haben die Ampel-Parteien unterschiedliche Meinungen, und darüber debattieren wir sachlich.
Kanzler Scholz hat jetzt einen Deutschlandpakt, ein Bündnis mit allen demokratischen Parteien, vorgeschlagen, etwa um Bürokratie abzubauen. Das ist auch für die Unternehmen in der Region ein großes Thema. Kann er dabei auf die FDP zählen?
Stockmeier: Da kann er auf die FDP zählen. Der Deutschlandpakt ist ein guter Vorschlag, weil wir in unserer föderalen Struktur auch die Länder brauchen, um voranzukommen. Gerade beim Abbau von Bürokratie müssen sich alle Ebenen einig sein. Und da sende ich ein Signal an CDU/CSU, zu einem gemeinsamen Erfolg beizutragen. Wenn wir gute Lösungen finden, die das Land voranbringen, verringert das auch den Einfluss von Extremisten. Über die Umfragewerte der AfD kann sich niemand freuen, dem das Wohl des Landes am Herzen liegt.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-mannheimer-fdp-energiepolitiker-das-heizungsgesetz-greift-nicht-in-bestehendes-_arid,2123156.html