Mannheim. In jüngster Zeit sollen des Öfteren hochrangige Manager aus Japan zu Besuch in die Region gekommen sein. Und wer weiß, vielleicht haben sie dabei mit „Konnichiwa, Mannheim“ - „Guten Tag, Mannheim“ - gegrüßt.
Jedenfalls: Immer häufiger machen Unternehmen und Investoren aus Japan von sich reden. Arbeitsplätze entstehen, Millionen Euro fließen in Gebäude und Produktionsanlagen. Bedeutende Namen sind Hitachi Energy, Kyocera, NEC Bio Therapeutics und Sumitomo Electric/Südkabel. In Heidelberg hat Mitsubishi Pencil außerdem den Schreibgerätehersteller Lamy übernommen. Zu einigen Firmen später mehr.
Was schätzen japanische Unternehmen? „Sicherheit und wenig Risiko“
Die Grundlage für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit könnte kaum besser sein. „Japanerinnen und Japaner haben Deutschland seit jeher gemocht. Die meisten, die ich kenne, verbinden viel Positives damit“, sagt Yanghua Shi (28). Shi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am BWL-Lehrstuhl für Finanzierung der Uni Mannheim. Geboren in Japan, seit 2010 in Deutschland.
„Was japanische Unternehmen am meisten schätzen, ist Sicherheit und wenig Risiko. Beides finden sie in Deutschland. Das wirtschaftliche und politische System ist stabil“, erklärt Shi. Dass Mannheim punkten kann, liegt für sie vor allem an der guten Verkehrsanbindung auf Straße und Schiene, am Hafen sowie an der Nähe zum Frankfurter Flughafen. Zudem sei Deutschland wegen seiner Fachkräfte hoch angesehen. „Dazu leisten die Universitäten und Hochschulen in Mannheim und Heidelberg einen Beitrag. Sie genießen einen hervorragenden Ruf.“
Japanische Unternehmen haben laut Shi ein hohes eigenes technologisches Wissen - und Vertrauen darin. Schutz des geistigen Eigentums sei ein wertvolles Gut. Ein spannendes Feld: die Energiewende hierzulande.
Hitachi, Kyocera, Sumitomo Electric… alles Firmen, die nach Angaben von Shi eine lange Geschichte haben - und in Japan gut angesehen sind. Dessen hat sie sich bei ihren Eltern versichert, die noch in dem asiatischen Land leben. Ihr Vater ist Ingenieur.
Persönlich schätzt Shi an Deutschland den Rechtsstaat, die Gleichberechtigung, das Diskriminierungsverbot. Zudem lobt die Ökonomin den Klima- und Naturschutz.
Mannheim ist sehr attraktiv für ausländische Investoren - und hatte im vergangenen Jahr weltweit das größte Wachstum bei ausländischen Direktinvestitionen. Das geht aus einem Ranking von fDi Intelligence hervor. Auch eine Sprecherin der Stadt verweist auf diese Studie, die vor allem die gute Infrastruktur Mannheims und die renommierten Universitäten, Hoch- und Berufsschulen nennt. Ähnlich sieht es Ökonomin Yanghua Shi. Sie stammt aus Japan und arbeitet an der Universität Mannheim (siehe extra Artikel).
Laut Sprecherin der Stadt Mannheim lässt sich zwar keine verlässliche Aussage über einen einsetzenden „Japan-Trend“ treffen. Doch die jüngsten Beispiele stünden für „forschungs-, technologie- und produktionsorientierte Wachstumsmärkte“ und trügen zur Transformation des Wirtschaftsstandorts insgesamt bei. Die Sprecherin hebt hervor: „Japanische Unternehmen und Investoren planen Ziele und Strategien etwas langfristiger und verfolgen sie mit etwas größerer Ausdauer.“ Infrastrukturen, möglichen Standorten und Investitionsplänen kämen so eine vergleichsweise höhere Bedeutung zu als bei Managements, die lediglich kurz- und mittelfristig denken.
Was bewegt die Unternehmen? Was haben sie am Standort vor? Drei Beispiele in Mannheim.
Hitachi Energy
Das Energietechnik-Unternehmen Hitachi Energy Deutschland gehört zur japanischen Hitachi-Gruppe und hat Wurzeln bei ABB. Von Mannheim aus, dem Sitz von Hitachi Energy Deutschland, werden Großprojekte zur Energiewende gesteuert. Dabei geht es um die Integration erneuerbarer Energien ins Stromnetz, die immer wichtiger wird. In Mannheim hat Hitachi Energy Deutschland rund 800 Beschäftigte. Auch dort wird investiert: Im Columbus-Quartier an der B 38 entsteht gerade eine neue Firmenzentrale, für die Hitachi Energy einen langjährigen Mietvertrag unterzeichnet hat. Der Spatenstich war im vergangenen September, im Sommer 2025 soll das Gebäude fertig sein. Das Unternehmen hat allein in Mannheim etwa 80 offene Stellen.
Pascal Daleiden, Chef von Hitachi Energy Deutschland, Österreich und der Schweiz, bestätigt: „Was die Unternehmensstrategie angeht, sind Japaner sehr langfristig orientiert. Das gefällt mir persönlich sehr gut.“
Kyocera
Der Konzern Kyocera hatte 2019 die Keramiksparte von Friatec, einem der ältesten Unternehmen Mannheims, übernommen. Mannheim ist die europäische Zentrale der Keramik-Division von Kyocera. Der Markt für Spezialkeramiken wächst, vor allem Komponenten für Halbleiterproduktion und Medizintechnik sind derzeit stark gefragt. Der Name Kyocera ist übrigens eine Wortkreation aus Kyoto und Ceramics.
„Mannheim ist ein zentraler Bestandteil der europäischen Wachstumsstrategie von Kyocera. Unsere Investition hier, in eine Stadt mit bedeutender industrieller Geschichte, bildet die Grundlage für zukünftigen Erfolg und Innovation“, bekräftigt Kunihiko Ueki, Präsident von Kyocera Europe.
Kyocera baut in Mannheim-Friedrichsfeld momentan für 20 Millionen Euro ein neues Verwaltungs-, Produktions- und Logistikgebäude. Ende 2024 sollen die Gebäude bezugsfertig sein. Am Standort werden dann insgesamt rund 330 Menschen arbeiten.
Sumitomo Electric/Südkabel
Ein Hauch von Japan weht künftig beim Traditionsbetrieb Südkabel. Denn Sumitomo Electric will 90 Prozent der Anteile vom bisherigen Eigentümer Johann Erich Wilms übernehmen. Im September soll der Deal vollzogen sein.
Sumitomo kündigt an, 90 Millionen Euro in den Ausbau der Produktionskapazitäten zu investieren. Kein Wunder, dass sich Sebastian Ebert aus dem Südkabel-Management freut: „Der Einstieg von Sumitomo ist eine sehr gute Nachricht für den Standort Mannheim“, hat er zuletzt gesagt. Auch ein Stellenaufbau sei geplant, Details dazu gibt es aber noch nicht. Hinter dem Deal steckt eine milliardenschwere Lieferung von Erdkabeln für zwei Gleichstrom-Trassen. Die Kabel sollen von Südkabel gefertigt werden.
Bei der Gewerkschaft IG Metall hält man es für wichtig, mit Sumitomo einen starken Eigentümer an der Seite zu haben, um das Potenzial des Energiemarktes zu heben.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-mannheim-zieht-japanische-unternehmen-an-_arid,2219773.html