Heidelberger Start-up

Heidelberger Start-up Paretos verspricht Unternehmen bessere Entscheidungen

Das Heidelberger Start-up will Unternehmen schwierige Entscheidungen abnehmen - mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI). Wie das funktioniert und warum sich paretos in Heidelberg statt im Silicon Valley angesiedelt hat

Von 
Alexander Jungert
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Thorsten Heilig (links) und Fabian Rang haben paretos 2020 gegründet. © paretos

Heidelberg. Das Technologie-Start-up paretos hätte sich auch im Silicon Valley an der US-Westküste ansiedeln können, in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen Start-ups und zu Weltkonzernen wie Apple und Google. Stattdessen ist die Wahl auf den Innovation Park in Heidelberg gefallen, früher ein Gelände der US-Army, heute ein Quartier für IT und Künstliche Intelligenz (KI). „Die Lebensqualität in der Rhein-Neckar-Region ist hoch. Zudem können hier Innovationen entstehen und es lassen sich Communities bauen, um voneinander zu lernen. Wir wären gerne ein Teil davon“, sagt Thorsten Heilig.

Heilig, 41, hat paretos gemeinsam mit Fabian Rang inmitten der Corona-Krise 2020 gegründet. Das Ziel: In der Geschäftswelt sollen zu jeder Zeit die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Egal, wie kompliziert die Welt mal wieder ist.

Viel zu oft werden Unternehmensentscheidungen von Intuition und Bauchgefühl bestimmt: Fabian Rang und Thorsten Heilig ändern das mit KI. © paretos

Szenarien durchrechnen, Faktoren abwägen - schwierige Entscheidungen binden in der Geschäftsfeld viel Personal und viel Geld. Von paretos kommt nun ein neuer Ansatz: Decision Intelligence. Glaubt man dem Marktforschungsinstitut Gartner, im KI-Zeitalter einer der wichtigsten Transformationstrends. „Die Welt ist dynamischer und komplexer geworden“, erklärt Heilig. „Die menschliche Intuition ist ein guter Ratgeber. Aber wenn sich die Rahmenparameter ändern und sehr viel in Bewegung ist, werden Entscheidungen durch Technologien wie KI und maschinelles Lernen besser.“

Besonders große Datenmengen

Mithilfe einer KI-gestützten Datenanalyse können Firmen auf der Plattform von paretos Optimierungen durchrechnen oder verschiedene Zukunftsszenarien durchspielen. In der Logistik zum Beispiel soll es möglich sein, Geschwindigkeit, CO2-Ausstoß und Kosten ideal aufeinander abzustimmen, so dass Kunden ihre Waren möglichst schnell und umweltfreundlich erhalten. Der Einsatz dieser Technologie ergibt besonders dort Sinn, wo die Datenmengen, mit denen Unternehmen komplexe Entscheidungen treffen, besonders groß sind. Das Herzstück der Software ist „Socrates“, ein Optimierungsalgorithmus.

Woher der Name kommt

  • Der Name paretos ist eine Wortkreation, die sich nach dem italienischen Wirtschaftswissenschaftler und Begründer der Wohlfahrtsökonomie Vilfredo Pareto (1848-1923) richtet.
  • Nach ihm ist das Pareto-Optimum benannt, das die bestmögliche Situation der Güterverteilung über den Markt in einer Volkswirtschaft (Gleichgewicht) beschreibt.

Wie viele Kunden das Start-up hat, verrät Co-Gründer Heilig nicht. Nur so viel: namhafte Paketzusteller sind darunter, auch Mannheimer Start-ups wie Snocks (Socken und Boxershorts) und Bitterliebe (Bitterstoffe). Derzeit ist paretos vorrangig in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig. Expansion in weitere Ländern früher oder später nicht ausgeschlossen. Das Start-up hat gut 35 Beschäftigte, die Internetseite zeigt fünf offene Stellen. Für Nachwuchskräfte attraktiv zu sein, steht weit oben. „Am Ende kommt es nicht auf den Kicker oder auf den Siebträgerkaffee an. Sondern auf die Unternehmenskultur. Wie werden Entscheidungen getroffen? Wie gehen wir miteinander um, auch wenn Dinge mal nicht so laufen wie geplant?“, meint Heilig.

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Der Kurs des jungen Unternehmens steht auf Wachstum; die Umsatzzahlen behält Heilig für sich. Hauptinvestor von paretos ist UVC Partners, eine Risikokapitalgesellschaft aus Berlin und München, die ihr Geld in technologiebasierte Start-ups im europäischen Raum steckt. Auch Ex-Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter hat schon in paretos investiert. Ende August 2022 hatten Heilig und sein Team eine Seed-Finanzierung - eine frühe Investition in ein Start-up - mit zehn Millionen Euro abgeschlossen.

„Keine Überregulierung“

Wo man auch hinhört: ohne Künstliche Intelligenz geht in der Techbranche nichts mehr. Aus Heidelberg ist bereits das Start-up Aleph Alpha durch eine KI bekannt geworden, die logische Zusammenhänge von Text und sogar von Bildinhalten erkennen soll, ähnlich wie ChatGPT des US-Unternehmens OpenAI. Und Europas größter Softwarekonzern SAP aus Walldorf hat erst kürzlich eine KI-Initiative gestartet.

„Ich halte es für wichtig, dass wir Dinge ausprobieren und schnell auf den Markt bringen können. Es darf keine Überregulierung von KI geben“, sagt Heilig. „Gleichzeitig treten wir für Transparenz ein: Jeder soll sehen können, wie eine Entscheidung zustande kommt.“

Ein bisschen Silicon Valley spürt paretos übrigens auch in Heidelberg. Der Innovation Park liegt am Palo-Alto-Platz, benannt nach der berühmten Stadt im US-Hightech-Standort.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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