Maschinenbau

Heidelberger Druckmaschinen will bei Personalkosten Einigung bis Jahresende

Wie kann ein weiterer Anstieg der Personalkosten bei Heidelberger Druckmaschinen verhindert werden? Darüber verhandelt der Vorstand aktuell mit Betriebsrat und IG Metall

Von 
Tatjana Junker
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Am Stammsitz von Heidelberger Druckmaschinen in Wiesloch arbeiten derzeit mehr als 4000 Menschen. © Heidelberger Druckmaschinen

Wiesloch. 600 Euro Einmalzahlung und 5,1 Prozent mehr Lohn bekommen die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie nach dem jüngsten Tarifabschluss, und damit eigentlich auch die Mitarbeitenden von Heidelberger Druckmaschinen. Doch für die Belegschaft des Maschinenbauers mit Stammsitz in Wiesloch ist derzeit ungewiss, ob das Ergebnis der Tarifeinigung dort wirklich 1:1 umgesetzt wird.

Management und Arbeitnehmervertreter sind nämlich mitten in Verhandlungen über die Personalkosten des Unternehmens. Der Tarifabschluss müsse bei Heidelberger Druckmaschinen auf die „betrieblichen Belange übersetzt“ und in ein Gesamtpaket eingebaut werden, über das man derzeit mit Betriebsrat und IG Metall verhandele, sagte Vorstandschef Jürgen Otto am Mittwoch bei der Vorstellung der Quartalsbilanz. Ein Ergebnis soll noch in diesem Jahr stehen.

Heidelberger Druckmaschinen: „Wir zahlen nach wie vor Spitzenlöhne“

Zwar können tarifgebundene Unternehmen nicht beliebig entscheiden, ob und welche Teile eines Tarifabschlusses sie übernehmen. Unter bestimmten wirtschaftlichen Voraussetzungen kann aber mit der Gewerkschaft über Ausnahmen verhandelt werden.

Der Vorstandschef von Heidelberger Druckmaschinen, Jürgen Otto. © Heidelberger Druckmaschinen

Otto hatte den Vorstandsvorsitz bei Heidelberger Druckmaschinen im Juli übernommen und schnell Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern über die Personalkosten aufgenommen. Sie seien mit rund 800 Millionen Euro jährlich - das entspricht rund einem Drittel des Gesamtumsatzes - deutlich zu hoch. Durch Tariferhöhungen würden sie außerdem immer weiter steigen, ohne dass man dies an die Kunden weitergeben könne. „Die Kosten können nicht bis Ultimo steigen, wenn der Markt das nicht hergibt“, betonte Otto jetzt im Gespräch mit Journalisten. Das Unternehmen zahle nach wie vor Spitzenlöhne.

Auch ein Stellenabbau liegt bei Heidelberger Druckmaschinen auf dem Tisch

Ziel der Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern sei nun, einen weiteren Anstieg zu verhindern. Im Umkehrschluss bedeute das auch: Alles, was an Mehrkosten durch den Tarifabschluss entstehe, müsse an anderer Stelle bei den Personalkosten eingespart werden.

Auch eine Anpassung der Kapazitäten an den deutschen Standorten - und damit ein Stellenabbau - sei Teil der Verhandlungen, so Otto. In welchem Umfang Arbeitsplätze wegfallen könnten, sagte der Vorstandschef nicht. Aber: „Wir werden das so sozialverträglich wie möglich gestalten.“

© MM-Grafik

Dem Maschinenbauer könnte dabei auch die Altersstruktur der Belegschaft in die Karten spielen: Am Stammsitz Wiesloch liegt das Durchschnittsalter der mehr als 4000 Beschäftigten bei rund 57 Jahren. Entsprechend steht bei vielen in den nächsten Jahren der Renteneintritt an. Von Einschnitten in der Belegschaft abgesehen kann Otto unterdessen auch positive Nachrichten verkünden: Dank eines starken Auftragseingangs im Zuge der Branchenmesse Drupa Ende Mai gibt es im Stammwerk Wiesloch derzeit wieder genug Arbeit. Nachdem dort bis Juni dieses Jahres kurzgearbeitet wurde, laufe die Produktion nun unter Volllast. „Wir erhöhen jetzt die Auslastung unserer Produktion auf eine 40-Stunden-Woche“, so Otto.

Das geplante Umsatzvolumen im Neumaschinengeschäft sei mit Aufträgen schon nahezu abgedeckt. Der Vorstand ist deshalb zuversichtlich, dass das Unternehmen ein starkes zweites Halbjahr schafft und damit seine Jahresziele erreicht. Konkret strebt Heidelberger Druckmaschinen an, Umsatz (2023/24: rund 2,4 Milliarden Euro) und EBITDA-Marge (7,2 Prozent) auf Vorjahresniveau zu halten.

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Vor allem in Asien und hier insbesondere in China, wo das Unternehmen ein eigenes Werk hat, lief das Geschäft zuletzt besonders gut: Der Auftragseingang wuchs dort im ersten Halbjahr um zehn Prozent.

Im ersten Quartal hatten noch schwache Umsätze - vor der Drupa halten sich Kunden traditionell mit Bestellungen zurück - und hohe Kosten für den Messeauftritt das Ergebnis belastet. Im zweiten Quartal sei die Trendwende gelungen, hier mache sich im Ergebnis bereits die konsequente Kostenkontrolle, auf die sich der seit Juli neu zusammengesetzte Vorstand konzentriere, positiv bemerkbar.

Das Industriegeschäft will Otto für Heidelberger Druckmaschinen ausbauen

Neben dem strengen Blick auf die Kosten will der Vorstand den Fokus auf Wachstum legen, insbesondere im vielversprechenden Verpackungsbereich. Hier gebe es derzeit zwei wesentliche Trends: zum einen Luxusverpackungen, die besonders hochwertig und veredelt daherkommen, zum anderen nachhaltige Verpackungen, die nicht mehr aus Folie, sondern aus recyclingfähigem Papier seien. In beiden Bereichen könne das Unternehmen mit entsprechenden Lösungen punkten.

Ein weiteres Standbein, das ausgebaut werden soll, ist das Industriegeschäft: Hier übernimmt das Unternehmen für andere Betriebe die Herstellung ihrer Produkte, das Angebot umfasse auch Ingenieurs- und Serviceleistungen. Es gebe vermehrt Unternehmen, die bisher in China fertigen ließen und dort wegwollten. Hier wittert Otto Potenzial.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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