Mannheim. Einen Gebrauchtwagen privat zu verkaufen, kann vorteilhaft sein, weil so ein höherer Preis zu erzielen ist als bei einem gewerblichen Autohändler. Es birgt aber auch Tücken und unerwartete Gefahren, wie eine Warnung des Polizeipräsidiums Südhessen zeigt: „Verkaufen Sie Ihr Fahrzeug niemals im angemeldeten Zustand“, empfiehlt es. Denn es gebe vermehrt Fälle, in denen das Auto noch angemeldet übergeben und dann für Straftaten genutzt wurde. Unter anderem seien mit den Daten HU-Bescheinigungen gefälscht und teuer weiterverkauft worden, sagte eine Polizeisprecherin dieser Redaktion. In anderen Fällen wurden sie genutzt, um mit dem Enkeltrick ältere Menschen abzukassieren.
Der private Automarkt ist nicht zu unterschätzen: Allein im ersten Halbjahr 2025 wurden 3,86 Millionen Gebrauchtwagen umgeschrieben, also verkauft, zeigt die Statistik des Kraftfahrtbundesamts. Das waren mehr als doppelt so viele, wie Neuwagen angemeldet wurden. Die meisten Verkäufe laufen über den Marken- und Gebrauchtwagenhandel. Der Privatmarkt machte im letzten Jahr 24 Prozent aus, berichtet die Deutsche Automobil Treuhand (DAT). Wie lassen sich dabei Probleme vermeiden?
Sollte ich den Wagen schon abmelden, bevor ich mich auf die Suche nach einem Käufer mache?
Das hat einen großen Nachteil: Sobald das Auto abgemeldet ist, darf es nicht mehr auf öffentlichen Straßen genutzt werden. Auch erlischt der Versicherungsschutz. Probefahrten sind also unmöglich. Zudem darf es nicht mehr auf der Straße oder auf öffentlichen Parkplätzen abgestellt werden, sondern nur noch auf einem privaten Stellplatz. Ist das Fahrzeug abgemeldet, sind für Probefahrten Kurzzeitkennzeichen nötig. Dafür gibt es spezielle Haftpflichttarife.
Was ist bei Probefahrten wichtig?
Der Autobesitzer muss sich vergewissern, dass der potenzielle Käufer einen Führerschein hat. Zudem sollte geklärt werden, was bei einem Unfall bei der Probefahrt passiert: Wer übernimmt die Schäden am Fahrzeug sowie die Kosten der Selbstbeteiligung und der Rückstufung des Versicherungsvertrags? Zudem kann es sinnvoll sein, die eigene Kfz-Versicherung zu informieren, rät das Verbraucherportal finanztip.de. Denn der mit ihr vereinbarte Fahrerkreis wird durch die Probefahrt möglicherweise erweitert.
Ich habe schon einen Käufer. Was spricht dafür, das Auto vor der Übergabe bei der Zulassungsstelle abzumelden?
Insbesondere die Haftung. Solange das Fahrzeug auf den Verkäufer zugelassen ist, bleibt er für alle damit verbundenen Aktivitäten verantwortlich, auch für Unfälle und Verkehrsverstöße, warnt die Allianz. „Sollte der neue Besitzer das Fahrzeug vor der offiziellen Umschreibung nutzen und gegen Verkehrsregeln verstoßen, könnten Bußgelder und Strafen zunächst dem Verkäufer zugeordnet werden“, erläutert der größte deutsche Autoversicherer. Die Abmeldung stelle sicher, dass die Verantwortung nicht mehr beim Verkäufer liegt.
Muss ich einen schriftlichen Kaufvertrag abschließen?
Das ist nicht vorgeschrieben. Aber der ADAC empfiehlt es dringend, um bei Problemen etwas in der Hand zu haben. Musterverträge gibt es ihm und bei manchen Versicherungen. Im Kaufvertrag sollten nicht nur die Vertragspartner und der Kaufpreis stehen, sondern auch die Fahrzeugdaten samt Kilometer-Stand, Vorschäden und Vorbesitzer, rät der Versicherer-Verband GDV. Neben dem Datum sollte auch die Uhrzeit des Vertragsabschlusses festgehalten werden, damit Strafzettel und Bußgelder dem tatsächlichen Verursacher richtig zugeordnet werden können. Üblicherweise wird im Kaufvertrag die Gewährleistung für unbekannte Mängel ausgeschlossen. Zwischen Privatpersonen ist das möglich.
Wie sollte der Kaufpreis gezahlt werden?
Der ADAC empfiehlt, dass der volle Kaufpreis bei Übergabe des Fahrzeugs in bar zu zahlen ist. Das ist rechtlich zulässig, obwohl auf dem Privatmarkt im Schnitt 13.070 Euro gezahlt werden, so die DAT-Zahlen für 2024. Zwar will die EU-Kommission für Barzahlungen eine Obergrenze von 10.000 Euro einführen, um Finanzkriminalität zu bekämpfen. Das soll aber nicht für Verkäufe von privat an privat gelten, etwa bei Gebrauchtwagen.
Wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus?
Mit dem Autokauf geht die Kfz-Versicherung automatisch auf den Käufer über. Der kann sich dann einen neuen Versicherer suchen. Denn auf den Straßen soll kein Fahrzeug unversichert unterwegs sein, erklärt der ADAC. Daher sollte der Verkäufer seinem Versicherer eine Kopie des Kaufvertrags zur Information schicken. Die Abmeldung beendet in der Regel die Versicherungspflicht des Verkäufers: Er muss keine weiteren Prämien zahlen und haftet nicht für Schäden nach dem Verkauf.
Was passiert, wenn das Auto angemeldet bleibt und der Käufer es nicht ummeldet, obwohl dies im Kaufvertrag vereinbart war?
Es droht viel Ärger. Denn solange das Fahrzeug nicht umgemeldet ist, gehen die Zulassungsstelle und die Versicherung davon aus, dass der alte Halter weiter Versicherung und Kfz-Steuer zahlen muss. Baut der neue Besitzer einen Unfall, kann es laut HUK-Coburg passieren, dass die Schadensfreiheitsklasse heruntergestuft wird. Zwar lässt sich mit Vorlage des Kaufvertrags beweisen, dass der alte Besitzer den Unfall nicht verursacht hat – aber nur mit einigem Aufwand. Zudem landen Bußgelder für falsches Parken oder zu schnelles Fahren weiter bei ihm. Im schlimmsten Fall kann der neue Besitzer den Wagen für Straftaten nutzen, und das mit erheblichen Konsequenzen für die Altbesitzer, warnt die Polizei: Unter Umständen muss bei der Zulassungsstelle eine eidesstattliche Erklärung abgegeben werden, damit das Fahrzeug abgemeldet werden kann, was neben dem Ärger auch mit Kosten verbunden ist.
Wie soll ich also vorgehen?
Grundsätzlich empfiehlt Johannes Maslowski, Leiter Private Autoversicherung bei der Allianz Versicherungs-AG, die Abmeldung vor der Übergabe. Denn das schütze den Verkäufer rechtlich und finanziell. Er weiß aber auch, dass das in der Praxis häufig nicht passiert, weil es den Verkaufsprozess komplizierter macht. Sein Rat: „Es kann bei Verkauf und der Übergabe der Fahrzeugpapiere und Kennzeichen vereinbart werden, die Schlüsselübergabe erst nach der erfolgten Ummeldung durchzuführen.“ Als weitere Möglichkeit nennt er, das Fahrzeug bei Übergabe digital abzumelden, wenn die Zulassungsstelle diesen Onlineservice schon anbietet. Am Tag der Übergabe darf es trotzdem noch bis Mitternacht gefahren werden.
Und an was sollte man vor der Übergabe des Autos unbedingt noch denken?
Autos sind heutzutage fahrende Computer. Sie sammeln und speichern im Lauf der Zeit viele persönliche Daten wie Adressen, Telefonlisten, Apps und Ziele im Navigationssystem. Daher empfiehlt die HUK-Coburg, vor dem Autoverkauf zur eigenen Sicherheit alle Systeme zurückzusetzen. Das betreffe vor allem Autos mit integriertem Infotainment-System. „Melden Sie sich vorab sicherheitshalber von allen Apps ab und trennen Sie Verknüpfungen mit Remote-Apps“, rät der zweitgrößte deutsche Autoversicherer. Um persönliche Daten zu löschen, solle die Funktion „Zurücksetzen auf Werkeinstellungen“ genutzt werden. Zudem ist es ratsam, auch den Datenschutzbeauftragten des Herstellers über den Halterwechsel zu informieren, damit er vorhandene Daten löscht. „So schützen Sie sich vor einem eventuellen Datenmissbrauch“, so die HUK.
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