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Darum baut Heidelberger Druckmaschinen schon wieder Stellen ab

Arbeitgeber, Betriebsrat und die IG Metall haben gemeinsam einen "Zukunftsplan" für Heidelberger Druckmaschinen für den Standort Wiesloch/Walldoff festgezurrt. Was das für die Belegschaft bedeutet

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Walter Serif
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Das Stammwerk der Heidelberger Druckmaschinen in Wiesloch/Walldorf. Das Unternehmen will dort 450 Stellen abbauen. © Uwe Anspach/dpa

Heidelberg. Erst seit Juli 2024 steuert Jürgen Otto das Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen. Er hat seither mächtig aufs Tempo gedrückt und dabei auch die Gewerkschaft mit ins Boot geholt. Das Ergebnis: Seit Donnerstag 17 Uhr steht der Zukunftsplan für den Standort Wiesloch-Walldorf, den der Vorstandschef am Montag gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden Ralph Arns und Aufsichtsrat Mirko Geiger (IG Metall) der Presse vorstellt.

Seit Ottos Amtsantritt haben die drei Protagonisten an dem Zukunftsplan gearbeitet, bei dem die Arbeitnehmerseite allerdings dicke Kröten schlucken muss. „Die Personalkosten liegen gegenwärtig bei rund 800 Millionen Euro pro Jahr, das entspricht rund einem Drittel des Umsatzes. Über 50 Prozent der Personalkosten fallen in Deutschland an, ein Großteil am Standort Wiesloch-Walldorf“, sagt Otto. Deshalb haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach seinen Worten auf ein Maßnahmenpaket geeinigt. Innerhalb von drei Jahren sollen die Personalkosten um 100 Millionen auf 700 Millionen Euro gedrückt werden - eine Einsparung von 12,5 Prozent.

Und wie soll das gelingen? Die Lohnabschlüsse werden durch eine entsprechende Senkung des Leistungsentgelts ausgeglichen. Nur die Einmalzahlung bleibt davon unberührt. Und damit die Beschäftigten nicht zu sehr murren, soll es für sie künftig eine Ergebnisbeteiligung geben. Der Umfang hängt davon ab, wie der Zukunftsplan funktioniert.

Mindestgröße der Belegschaft bis Ende 2028 garantiert

Doch damit allein lassen sich keine 100 Millionen Euro einsparen. Betriebsrat und IG Metall müssen einen weiteren Arbeitsplatzabbau hinnehmen. Etwa 450 der rund 4000 Stellen sollen in Wiesloch-Walldorf abgebaut werden - und zwar sozialverträglich. „Wir setzen auf einen Demographie-Hebel und Verrentungen von Arbeitnehmern“, erklärt Otto. Der Hintergrund: Der Altersdurchschnitt in Wiesloch-Walldorf ist mit 50 Jahren vergleichsweise hoch.

Krisenerprobt

  • Heidelberger Druckmaschinen ist seit rund 15 Jahren immer wieder in schwierigem Fahrwasser unterwegs.
  • 2009 rutschte das Unternehmen in die bis dahin schwerste Krise der Firmengeschichte und wurde mit Staatshilfe vor der Insolvenz gerettet.
  • In mehreren Sparrunden wurden seither unter dem Strich tausende Stellen abgebaut. So beschäftigte der Maschinenbauer 2009 weltweit noch rund 20 000 Menschen, zuletzt waren es noch knapp 9500. In der Region sank die Zahl der Mitarbeitenden um gut 4000. tat

Außerdem soll ausgelotet werden, ob auch jüngere Beschäftigte das Unternehmen verlassen und dann ein Abfindungsangebot annehmen wollen. Und - das ist für die Arbeitnehmerseite bestimmt wichtig - die Jobs sollen in Wiesloch-Walldorf nicht nur in der Produktion wegfallen. „Die Maßnahmen umfassen auch den gezielten Abbau in Verwaltung und Führung“, betont der CEO. Das alles sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer „gemeinsam und auf Augenhöhe“ (Otto) umsetzen. Die Einigung gilt ab sofort bis zum 31. Dezember 2028 und beinhaltet auch eine Standortgarantie für 3500 Beschäftigte.

Der Zukunftsplan kostet natürlich auch Geld. Das Unternehmen stellt dafür 30 Millionen Euro bereit. Unberührt von diesen Ausgaben hält das Unternehmen an der bisherigen Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2024/2025 fest. Demnach dürfte das operative Ergebnis wie im Vorjahr bei 7,2 Prozent liegen. Auch umsatzmäßig läuft demnach alles nach Plan, das Niveau soll wie im Vorjahr bei knapp 2,4 Milliarden Euro liegen.

Jürgen Otto, der Vorstandsvorsitzende von Heidelberger Druckmaschinen, will das Unternehmen fit für die Zukunft machen. © Uwe Anspach/dpa

Die Einigung über die Senkung der Personalkosten ist nur eine Seite der Medaille. „Der Zukunftsplan ist für Heidelberger Druckmaschinen ein wichtiger Schritt, um die Basis für künftiges Wachstum im Konzern zu legen. Durch die Vereinbarung senken wir die Kosten am größten Standort in Deutschland und schaffen den Raum für wichtige Investitionen“, sagt Otto und legt nach: „Wir sind überzeugt davon, dass wir am Standort Wiesloch-Walldorf weitere industrielle und hochkomplexe Produkte, auch für andere Industrien, fertigen können.“ Die Beschäftigten in Wiesloch-Walldorf sollen also aktiv an der Entwicklung von Zukunftstechnologien beteiligt und nicht selbst abgewickelt werden.

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Letzteres ist der Grund, warum die Arbeitnehmervertreter bei der ganzen Sache mitmachen. Die Geschäftsleitung sieht für strategische Initiativen mittelfristig ein Wachstumspotenzial von mehr als 300 Millionen Euro. Schwerpunkte sollen sein Digitales, Automatisierung, Verpackung, Service und Industriegeschäft. „Es geht also nicht nur darum, den Standort zu festigen, sondern seine Zukunft mitzugestalten. Und bei diesem Prozess übernimmt auch die Arbeitnehmerseite einen aktiven Part“, sagt der Betriebsratsvorsitzender Arns.

Ein weiteres Standbein für Wiesloch-Walldorf

Der langjährige Heidelberger IG Metall-Chef Geiger verteilt deshalb schon Lobeshymnen an den CEO. „Wir fordern schon seit zehn, zwanzig Jahren mit aller Leidenschaft, dass Wiesloch-Walldorf ein weiteres Standbein braucht, damit die Beschäftigten mit Zuversicht in die Zukunft blicken können. Wir sehen jetzt eine große Chance, dass wir mit dem Zukunftsplan Erfolg haben könnten, deshalb gehen wir diesen Schritt mit“, sagt Geiger. Im Umkehrschluss heißt das: Ottos Vorgänger waren nach seiner Einschätzung nicht so weitsichtig.

Der Vorstandsvorsitzende sieht in der Einigung unterdessen ein Pilotprojekt und strebt ähnliche maßgeschneiderte Lösungen für die anderen Standorte wie Brandenburg, Amstetten oder Ludwigsburg an. Allerdings: Die Strategie dort, wie in Wiesloch-Walldorf die Älteren zum freiwilligen Ausscheiden zu bewegen, wird nicht funktionieren. Die Belegschaften sind im Durchschnitt einfach jünger.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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