Zu seinem 150. Geburtstag ehrt die BASF Carl Bosch - einen ihrer wichtigsten Forscher und Spitzenmanager - gleich doppelt: mit einem Kranz am Grab auf dem Heidelberger Bergfriedhof und mit einer neuen Webseite zu Leben und Arbeit (basf.com/carl-bosch). Dem promovierten Chemiker, geboren am 27. August 1874, gelangen „bahnbrechende Errungenschaften im Bereich der Hochdruckchemie“, begründet das die BASF.
Die wichtigste, ja revolutionäre Erfindung: Zusammen mit dem kongenialen Fritz Haber entwickelte Bosch das Haber-Bosch-Verfahren. Es ermöglichte erstmals die Herstellung von Ammoniak aus den Elementen Stickstoff und Wasserstoff - und damit die industrielle Produktion von Stickstoffdünger. Diese wiederum brachte der Landwirtschaft ungeahnte Erntezuwächse.
Ein Geniestreich war es auch aus technischer Sicht: Das Hochdruckverfahren erforderte Drücke und Temperaturen, die das bis dahin technisch Übliche weit überstiegen. 1913 wurde die erste Anlage für das Haber-Bosch-Verfahren in Ludwigshafen-Oppau in Betrieb genommen.
„Bis heute sichert das Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniaksynthese die Ernährung von Milliarden von Menschen, indem es den Grundstoff für die Düngemittelproduktion liefert“, heißt es bei BASF. Als Anerkennung für seine Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren erhielt Carl Bosch 1931 den Nobelpreis für Chemie.
Doch genau das bahnbrechende Verfahren ermöglichte auch, die Grauen des Ersten Weltkriegs um Jahre zu verlängern: Aus Ammoniak gewonnener Salpeter eignet sich bestens zur Herstellung von Sprengstoffen. So wurde BASF auch zum Zulieferer der Rüstungswirtschaft. Im letzten Kriegsjahr 1918, so berichtet BASF-Chronist Werner Abelshauser, machte die BASF 78 Prozent ihres Umsatzes „mit Kriegsmaterial.“
So musste sich Bosch im Nachhinein fragen, ob nicht die Lieferungen seines Konzerns „die Schweinerei“, so nannte er den Krieg, verlängert hatten. „Er hat es sehr bereut“, heißt es dazu beim Carl Bosch Museum in Heidelberg.
Dazu kam: Nach der Explosion eines Düngemittelsilos am 21. September 1921 im Werk Oppau, lag Boschs bisheriges Lebenswerk, „in Schutt und Asche“. Das Unglück forderte über 500 Menschenleben.
Boschs Haltung zu den Nationalsozialisten galt als widersprüchlich
Als unumstrittener Vorstandschef leitete er BASF von 1919 bis 1925, als das Unternehmen sich mit fünf weiteren Chemieunternehmen zur I.G. Farben zusammenschloss. Von 1925 bis 1935 war Carl Bosch Vorstandsvorsitzender des neuen Konzerns und stand danach dem Aufsichtsrat vor. Boschs Haltung zu den Nationalsozialisten galt als widersprüchlich. Er lehnte sowohl die Person Hitlers als auch die antisemitische Politik des NS-Staates ab. Bosch unterstützte zum Beispiel verfolgte jüdische Wissenschaftler. Gleichzeitig profitierte die IG Farben sehr von Hitlers Wirtschaftspolitik.
In den letzten Jahren seines Lebens hat ihn das Wissen, dass die I.G. Farben und damit auch er selbst in seinen Führungspositionen zu Hitlers Machtpolitik und Kriegsvorbereitung beigetragen hatten, offenbar sehr belastet. Carl Bosch starb, schwer depressiv, 1940 in Heidelberg. Seine Villa ist jetzt übrigens Sitz der Klaus-Tschira-Stiftung.
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