Hambach. „Das Erb“ hat für das Weingut Georg Naegele im Neustadter Ortsteil Hambach eine ganz besondere Bedeutung. Es ist eine kleine Weinbergslage unterhalb des Hambacher Schlosses mit 60 Jahre alten Riesling-Reben – und der Einstieg der achten Generation in den Familienbetrieb. Noch während seiner Ausbildung hat David Bonnet 2022 erstmals den Weinberg mit Freunden bestellt, den Wein geerntet und nach seinen Vorstellungen ausgebaut. „Jung, knackig-frisch … und Entwicklungspotential! Beide!“, wird er in der Preisliste beschrieben.
Der 24-jährige Jungwinzer schickt sich gerade an, nach Lehre und Weinbau-Studium in Geisenheim in die Georg Naegele Schlossbergkellerei einzusteigen, wie das Weingut offiziell heißt. Noch hat seine Mutter Eva Bonnet mit ihrem Mann Ralf das Sagen. Dies ist ein gutes Beispiel, wie sich ein Familienbetrieb im harten Wettbewerb behauptet – und wie die Tradition an die nächste Generation weitergegeben werden kann. „Leidenschaft für Wein seit 1796“, lautet sein Werbespruch.
Weingut Naegele: Die schmucken Gebäude in der Schlossstraße stehen unter Denkmalschutz
Damals gründete Georg Adler das Weingut, zehn Jahre später baute er mit seiner Frau in der Schlossstraße das Haus, in dem es bis heute beheimatet ist. Die schmucken Gebäude in der Schlossstraße stehen längst unter Denkmalschutz, und sie lassen erahnen, dass der Erhalt eine kostspielige Freude ist. Georg Naegele, dessen Name das Weingut trägt, war Eva Bonnets Urgroßvater, der in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts einheiratete. Sie selbst stieg 1991 nach Lehre, Weinbaustudium und einem Praktikum in Kalifornien ein.
„Ich konnte mir das immer gut vorstellen“, erinnert sie sich, dass für sie das Fortführen der Familientradition nie in Frage stand. Nach der Winzerlehre habe sie endgültig „Rebenblut geleckt“. Von da an war klar: Sie übernimmt das Weingut, ihre Schwester orientiert sich außerhalb. Heute bewirtschaftet das Weingut 15 Hektar eigene Weinbergsflächen. Dazu kommt noch einmal fast die doppelte Menge an Trauben, die im Herbst von befreundeten hauptberuflichen Winzern am Ort zugekauft und ausgebaut werden.
Angesichts des schwankenden Absatzes bringt das Flexibilität. Die Jahresproduktion liegt bei etwa 300.000 Flaschen. Beim Absatz ist der allgemein rückläufige Weinkonsum zu spüren. Rund ein Drittel wird direkt ab dem Weingut vermarktet. In der modernen Vinothek kehrt so mancher Fußgänger und Radfahrer ein, der rund um das geschichtsträchtige Hambacher Schloss unterwegs ist. Dazu kommt der Onlineshop. Die Präsenz im Internet soll noch ausgebaut werden. Daneben sind Einzelhandel und Gastronomie die zentralen Absatzwege. Der Export spielt keine große Rolle – Kunden in den Niederlanden oder Japan seien „eher Zufallstreffer“, so Eva Bonnet.
Ganz vorne stehen Riesling und weiße Burgundersorten beim Weingut Naegele
In der Preisliste fällt die große Sortenvielfalt auf. Ganz vorn stehen Riesling und weiße Burgundersorten. Es finden sich aber auch Silvaner, Muskateller oder Gewürztraminer. Trockene Weine dominieren. Doch auch Liebhaber feinherber und lieblicher Tropfen werden fündig. Dazu kommt Rotwein, der etwa ein Drittel der Fläche ausmacht, mit Schwerpunkt Spätburgunder. Ist das nicht eine zu große Vielfalt? Das sei typisch Pfalz, meint die Winzerin. „Wir haben hier gute klimatische Voraussetzungen und eine Vielfalt an Böden. Das macht es weinbaulich spannend zu experimentieren.“ Die Kunden hätten dies bisher geschätzt. Aber bei der Neuanlage von Weinbergen werden die Sorten eher reduziert.
Fest ins Auge gefasst ist nach ersten Tests die Umstellung auf ökologischen Weinbau. Wenn alles klappt, soll die dreijährige Umstellungsphase noch in diesem Jahr beantragt werden. David Bonnet bringt da aus seiner Ausbildung viele Erfahrungen mit. Dass sie auf dem richtigen Weg ist, zeigen Eva Bonnet die Preise, die sie immer wieder gewinnt. So verbucht sie regelmäßig Erfolge bei den Kammerpreisprämierungen. „Das ist ein schöner Vergleich, um zu sehen, wo man steht“, erläutert sie. Im letzten Jahr bekam sie erneut den Staatsehrenpreis der Landesregierung „für besondere Leistungen bei der Wein- und Sektprämierung“ – zum 16. Mal seit 2005.
Zudem findet sich das Weingut Naegele wieder auf der Liste der 500 besten Weingüter in Deutschland 2025 der Zeitschrift Feinschmecker. „Bodenständige Weine, die vor allem von Sortentypizität, Frucht und Struktur leben“, lobten deren Tester. Auch wird Wein aus Hambach im dritten Jahr in der First Class der Lufthansa ausgeschenkt, aktuell ein Riesling trocken aus der Lage Am Kirchenberg.
Beim Weingut Naegele gibt es keine „klassische Handlesemannschaft“
„Die Trauben sind in einem sehr guten Gesundheitszustand, und die Reife schreitet schnell voran“, berichtet Eva Bonnet über den aktuellen Stand in den Weinbergen. Vom letzten Jahr waren noch Niederschläge im Boden gespeichert, und der Regen zwischendurch habe viel geholfen, ergänzt ihr Sohn. Die Ernte soll zügig weitergehen, nachdem sie in der letzten Augustwoche mit Sektgrundwein gestartet war.
Er wird mit der Hand gelesen, ebenso wie alte Anlagen und Weinberge auf Terrassen am Haardtrand. „Wir haben keine klassische Handlesemannschaft.“ Die sieben festen Mitarbeiter, ob im Verkauf oder im Versand, helfen ebenso mit wie Praktikanten und der Freundeskreis. Mit dem Vollernter werden etwa 70 Prozent eingebracht.
Beim Weinausbau bin ich Fan des kontrollierten Nichtstuns.
Derzeit kommt die Georg Naegele Schlossbergkellerei GmbH & Co. KG auf etwa 1,4 Millionen Euro Umsatz im Jahr. „Das Weingeschäft ist nicht sehr gewinnträchtig. Aber es reicht, um über die Runden zu kommen“, sagt Eva Bonnet zur Ertragslage. „Es macht viel Spaß, gute Produkte herzustellen.“ Die Nähe zur Natur war auch für Sohn David eine wesentliche Motivation, sich für die Ausbildung zum Winzer zu entscheiden. Fünf Jahre lang hat er in anderen Weingütern gelernt, das Studium sowie Praktika in Südfrankreich und Südafrika absolviert.
Jetzt kommt er mit jeder Menge eigener Ideen. „Er soll eine eigene Linie unter seinem Namen aufbauen“, berichtet seine Mutter. Sein Wein-Stil sei anders als das, was die Kunden von Naegele kennen. Dafür müssen Käufer gefunden werden. „Beim Weinausbau bin ich Fan des kontrollierten Nichtstuns“, erzählt der Jungwinzer. Das ist letztlich viel Arbeitsaufwand und ein Risiko. Aber auch das bekannte Sortiment wird weitergeführt. Die Produktion könnte in den nächsten Jahren eher kleiner werden, bei unveränderter Fläche. Da schwimmt er auf der gleichen Welle wie seine Mutter: Qualität steht vorn.
Wie lange wollen sie das Weingut gemeinsam bewirtschaften? Ein paar Jahre hat sich die 59-Jährige schon noch vorgenommen. Sie erinnert sich positiv an ihren eigenen Einstieg: „Als mein Mann und ich in den Betrieb gekommen sind, hat mein Vater uns nach relativ kurzer Zeit symbolisch den Schlüssel hingehalten und gesagt: Jetzt macht mal ihr.“ Danach sei er immer noch dagewesen und habe Rat gegeben, wenn der gefragt war.
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