Stellenabbau

Daimler-Truck-Gesamtbetriebsrat: „Karin Rådström hat sich entschuldigt“

Auf dem Kapitalmarkttag hat Daimler Truck den Gesamtbetriebsrat mit der Zahl von 5.000 Jobs, die abgebaut werden sollen, massiv verärgert. Jetzt gibt es eine Wende.

Von 
Alexander Jungert
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Karin Rådström, Vorstandsvorsitzende von Daimler Truck. © Daimler Truck AG

Mannheim. Im Streit um die 5.000 Stellen, die bei Daimler Truck abgebaut werden sollen, hat sich Konzernchefin Karin Rådström beim Gesamtbetriebsrat entschuldigt. Das erklärt der Vorsitzende Michael Brecht. „Das Unternehmen hat sich zu den Vereinbarungen bekannt. Es geht nun darum, die vereinbarten Prozesse umzusetzen. Ziel des Gesamtbetriebsrats ist eine Steigerung der Effizienz, nicht der Abbau von Stellen“, sagt Brecht laut Mitteilung weiter. „Darauf haben wir uns beim Sparpaket geeinigt. Das Thema hat natürlich Vertrauen gekostet. Es liegt nun auch am Vorstand, zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückzukehren.“

Auf dem Kapitalmarkttag Anfang des Monats hatte Finanzchefin Eva Scherer von 5.000 Arbeitsplätzen gesprochen, die im Zuge des Sparprogramms „Cost Down Europe“ bis zum Jahr 2030 gestrichen werden sollen. Bei der Arbeitnehmervertretung löste das Empörung aus, bis dato sei nie über diese Zahl gesprochen worden. Geschweige denn habe man sich darüber abgestimmt. Das Management musste sich den Vorwurf gefallen lassen, sich dem Kapitalmarkt anzubiedern.

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Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats hat es nun mit dem Vorstand „klärende Gespräche“ gegeben. In einem Video an die Belegschaft soll das Management einige Botschaften zu „Cost Down Europe“ eingeordnet haben. Unter anderem habe der Vorstand klargestellt, dass mit dem Gesamtbetriebsrat keine Vereinbarung zu einer konkreten Zahl abzubauender Stellen getroffen worden sei. Ebenso sei erklärt worden, dass alle bisher „getroffenen Vereinbarungen uneingeschränkt gelten“.

IG Metall Mannheim: Vereinbarungen müssen etwas wert sein

„Für uns war und ist wichtig, dass gemeinsame Vereinbarungen auch gemeinsam eingehalten und umgesetzt werden“, sagt Thomas Hahl, Chef der Mannheimer IG Metall. „Diese Botschaften vom Kapitalmarkttag“ hätten unnötig Unruhe verursacht, Vertrauen und Kraft gekostet. Nun müsse gemeinsam an der Zukunft der deutschen Standorte gearbeitet werden. „Die Menschen müssen wieder spüren, dass Vereinbarungen etwas wert sind.“

Hat für ziemliche Unruhe gesorgt: Finanzchefin Eva Scherer, hier auf der Hauptversammlung Ende Mai. © Daimler Truck AG

Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ist sich der Vorstand von Daimler Truck nicht einig darüber gewesen, die Zahl 5.000 beim Kapitalmarkttag zu nennen. So soll Personalchef Jürgen Hartwig davor gewarnt haben. Rådström verhinderte es allerdings nicht, und so nahmen die Dinge ihren Lauf. Auf der Pressekonferenz zum Kapitalmarkttag reagierte die Vorstandsvorsitzende sichtlich genervt auf Fragen nach der 5.000.

Gesamtbetriebsrat von Daimler Truck kann die Zahl 5.000 nicht nachvollziehen

Explizit zurück nimmt das Unternehmen die Pläne nicht. Ein Sprecher von Daimler Truck bekräftigt zwar, dass mit dem Gesamtbetriebsrat keine konkrete Zahl vereinbart worden sei. Doch gleichzeitig teilt er mit: „Wenn wir die angedachten Maßnahmen – über alle Arbeitspakte und Bereiche hinweg – aufaddieren, bewegen wir uns bis 2030 in einer Größenordnung von etwa 5.000 Stellen.“ Ins Detail geht er nicht.

Was gilt denn nun?

Der Gesamtbetriebsrat kann diese Zahl bis heute nicht nachvollziehen. „Vielleicht erklärt der Vorstand einmal öffentlich und detailliert, wie er auf die Zahl gekommen ist, auch den Effekt von Altersteilzeit und normaler Fluktuation. Vielleicht hilft das, die Verunsicherung zu beruhigen“, sagt Brecht im Interview mit dem „Manager Magazin“. „Ansonsten ist doch klar: Wir haben eine Vereinbarung unterschrieben, alle zusammen. Die gilt.“

Michael Brecht, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Daimler Truck, fordert nun wieder "zu einer konstruktiven Zusammenarbeit" zurückzukehren. © Bernd Weißbrod/dpa

Von dem Sparprogramm „Cost Down Europe“ bei der zuletzt schwächelnden Marke Mercedes-Benz Trucks sind sowohl die Produktion als auch die Zentrale, Verwaltung, Vertrieb und Entwicklung betroffen. Insgesamt sollen die wiederkehrenden Kosten in Europa um mehr als eine Milliarde Euro bis spätestens 2030 dauerhaft gesenkt werden.

Bis Ende 2034 keine betriebsbedingten Kündigungen bei Daimler Truck

Daimler Truck hatte sich im Mai mit dem Gesamtbetriebsrat auf Eckpunkte für die deutschen Lkw-Standorte mit insgesamt 28.000 Beschäftigten geeinigt. Diese umfassen einen sozialverträglichen Personalabbau, der zu einem beträchtlichen Teil „durch eine signifikante Anzahl altersbedingter Austritte“ realisiert wird. In dem Papier haben sich Daimler Truck und Arbeitnehmervertreter auch darauf geeinigt, dass es bis Ende 2034 keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll. Die Bus-Sparte bleibt bei den aktuellen Plänen außen vor. Wie stark einzelne Standorte wie Mannheim und Wörth (Pfalz) vom Stellenabbau betroffen sein werden, ist noch unklar.

Daimler Truck

Daimler Truck ist einer der größten Nutzfahrzeughersteller der Welt mit mehr als 100.000 Beschäftigten.

Es gibt vier Lkw-Produktionsstandorte in Deutschland: Mannheim, Wörth, Gaggenau und Kassel. Die Zentrale sitzt in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart. Die Standorte haben zusammen etwa 28.000 Mitarbeiter.

Mannheim (Lkw-Motoren und Batterie-Technologien) zählt rund 4.200 Beschäftigte, Wörth (Lkw-Montagewerk) rund 10.000.

Ein wesentlicher Punkt: Bei allen Prozessen soll geprüft werden, ob es wirtschaftlicher ist, Arbeiten im Unternehmen zu belassen oder an Dienstleister (im Ausland) zu vergeben. „Wir als Arbeitnehmer haben dabei die Chance, die Produktion beziehungsweise den Prozess mit eigenen Ideen effizienter zu machen, sodass es sich weiter rechnet. Wenn wir eine bessere Lösung finden, wird nicht verlagert“, so Brecht.

Nächste Woche Freitag präsentieren Karin Rådström und Eva Scherer die Bilanz für das zweite Quartal. Die beiden Managerinnen werden sicher so manche Frage zur Zahl 5.000 beantworten müssen, obgleich für Rådström der Fall am liebsten erledigt wäre: „Wir müssen uns jetzt auf die Einsparungen konzentrieren, das ist viel relevanter, als Stellen hin und her zu zählen.“

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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