Fußball

Tod von Franz Beckenbauer: Wie die MM-Glosse „Kleiner Kaiser“ eine große Wirkung erzielte

Der verstorbene Franz Beckenbauer hatte eine ganz besondere Beziehung zu dieser Redaktion - wenn auch ungewollt. Es ging um seinen Nachwuchs, der eigentlich geheim bleiben sollte. Der damalige Autor erinnert sich

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Die letzte große Liebe Franz Beckenbauers begann mit einem folgenreichen Seitensprung. 2006 heiratete das Fußball-Idol dann Heidi Burmester. © dpa

Mannheim. Das Echo auf den Tod Franz Beckenbauers war gewaltig, seitenweise huldigten Gazetten den vielen Höhepunkten im einmaligen Leben des Fußball-Kaisers, keine TV-Station, die nicht in Sondersendungen berichtete. Ein wahnsinnig erfülltes Leben zog da vorbei, Erinnerungen an großartige Erfolge wurden wach und plötzlich wurden auch die persönlichen Momente wieder hervorgerufen. Franz Beckenbauer und der „Mannheimer Morgen“. Da war doch was? Da gab es doch ein paar dicke Schlagzeilen!

Tod von Frank Beckenbauer: Unser Autor erinnert sich an die erste Begegnung

Die erste direkte Begegnung hatten mein Freund und „MM“-Kollege Horst Kinscherff und ich mit Franz Beckenbauer im verschneiten Kitzbühl, wo wir bei einem Bekannten von Kinscherff im noblen Vorort Lutzenberg ein paar Tage verbrachten. Direkter Nachbar war Deutschlands großes Fußball-Idol und die Bewohner beider Häuser vertrauten einem ebenso sympathischen wie bescheidenen einheimischen Ski-Lehrer namens Peter.

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Irgendwann bei einer Pause auf einer Hütte meinte Kinscherff: “Du, Peter, frag doch mal den Franz, ob er den beiden Mannheimer Journalisten ein Interview geben würde?” Tags darauf kündigte Peter an: „Heute abend um acht kommt er zu euch!” Und Schlag acht stand der Kaiser pünktlich wie ein Maurer vor der Tür und blieb geduldig in geselliger Runde bis aller Fragen beantwortet waren. Locker, easy, keine Forderung nach gegenlesen und autorisieren vor der Veröffentlichung. So etwas braucht ein Oberhaupt des Weltfußballs nicht.

Schmonzette am Rande: Manager Robert Schwan und Skilehrer Peter waren mitgekommen und Schwan hatte mit etwas leidender Miene bei der Hausdame ein handwarmes Bier geordert. Als er dann aber den exquisiten Champagner sah, den der Hausherr präsentierte, wurde Peter flugs zum lauwarmen Bier verurteilt und Schwan sah gar nicht mehr leidend aus.

Manager droht Mannheimer Morgen mit Klage

Nachhaltiger wurde die Beziehung Beckenbauer und „Mannheimer Morgen“ aber erst im Jahr 2000. Im November-Nebel stand ich mit einer ganzen Gruppe die Nationalmannschaft begleitenden Sportjournalisten in Kopenhagen, um das Abschlusstraining der DFB-Elf vor dem Länderspiel am folgenden Tag zu beobachten. Da wurde natürlich viel hin und her geredet, aber das große Thema war nicht etwa der Hirntumor des Ex-Nationalspielers Heiko Herrlich.

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Tillmann Mehl
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Nein, hinter vorgehaltener Hand wurde getuschelt, Franz Beckenbauer habe angeblich mit einer Sekretärin des FC Bayern für Nachwuchs gesorgt. So würde die „Süddeutsche“ schon bei jeder Karikatur des Kaisers einen kleinen Schnuller in die Ecke malen. Zu schreiben traue es sich allerdings niemand. Ein Münchner Kollege, seriös und ein absoluter Bayern-Insider, versorgte mich mit Details. Aber ohne nachhaltigen Beweis könne man halt nichts schreiben.

Mir ließ das keine Ruhe und so entstand nachts in einem hyggeligen Kopenhagener Hotelzimmer auf einer klappernden Reiseschreibmaschine die Glosse „Der kleine Kaiser”, die tags darauf neben dem Länderspielbericht erschien und zuerst wenig Beachtung fand. Das änderte sich, als der „Kölner Express“ das Thema aufgriff, bei mir und Robert Schwan nachbohrte. Schwan dementierte und drohte, den „Mannheimer Morgen“ zu verklagen. Es folgten angespannte Stunden, ehe abends dann eine Vorausgabe der Münchener „Bild“-Zeitung erschien, in welcher Beckenbauer alles bestätigte.

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Das Medien-Echo war gewaltig. Nicht nur Spiegel, Focus und Stern berichteten. Die Süddeutsche wunderte sich über ihren Medienpapst Hans Leyendecker, dass da einer aus Mannheim schreibt, was sich andere im Bannkreis der Säbener Straße nicht getrauten und der „Stern“ meinte, ohne den Verthein wäre der Junge wohl nie unter richtigem Namen eingeschult worden. Wie sagte der ehemalige Mercedes-Sportchef Norbert Haug einmal: “It’s only a small step between a hero and a zero” - ein kleiner Schritt zwischen Held und null.

Begegnet bin ich dem Kaiser dann im Vorfeld des Sommermärchens 2006, als Pressechef Wolfgang Niersbach ihm vor einer Konferenz ins Ohr flüsterte, dass ich es war, der ihn damals dazu brachte, nach der Scheidung die Mutter seines Sohnes, Heidrun Burmester, zu ehelichen. Während der PK trafen sich dann unsere Blicke und ich meinte so etwas wie Zornesröte in seinem Gesicht aufflackern zu sehen.

Getroffen haben wir uns dann noch einmal im März 2013 bei den Laureus Awards in Rio de Janeiro, als wir in drückend heißer Nacht Seite an Seite auf Nachschub von eiskaltem Bier warteten und Small Talk pflegten. Da hatte der Kaiser wohl schon längst wieder vergessen mit wem er da sprach. Vergeben und vergessen. Zu viele Menschen in seinem riesigen Gefolge, wer soll sich den da noch alle Untertanen merken können.

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