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Rhein-Neckar Löwen: Pechvogel Thrastarson wird zum Schlüsselspieler

Schwere Verletzungen prägten die noch junge Karriere von Haukur Thrastarson. Bei den Rhein-Neckar Löwen findet er sein Glück. Manchmal muss er aber von Trainer Maik Machulla an etwas erinnert werden.

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Marc Stevermüer
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Haukur Thrastarson spielt seit Juli für die Löwen. © Photo: Krause / Rohdiamant

Mannheim. Es geht zur Sache. Über 60 Minuten. Und zwar in jedem Spiel. Handballer Haukur Thrastarson strebte genau danach. Der Spielmacher der Rhein-Neckar Löwen wollte in eine „Kampfliga“ wechseln, wie er sagt. Und was das angeht, gibt es keine größere Herausforderung als die Bundesliga.

Seit dieser Saison trägt der Isländer das Trikot des zweifachen deutschen Meisters und Pokalsiegers – und so richtig große Anlaufschwierigkeiten hatte er keine. Wenngleich es da einer differenzierteren Betrachtung bedarf. Zunächst einmal wären da die Zahlen. Und die sprechen für sich: Mit 56 Torvorlagen führt der 24-Jährige diese Bundesliga-Statistik an. Sein Wert für die Löwen ist also ausgesprochen hoch. Allerdings, betont Trainer Maik Machulla, müsse er Thrastarson immer mal wieder daran erinnern, was von ihm erwartet werde.

Nun hat der Isländer wahrlich kein Problem mit der Einstellung. „Ganz im Gegenteil“, sagt Machulla. Aber nachdem Thrastarson bei Dinamo Bukarest und KS Kielce jahrelang von den spanischen Trainern Talant Duschebajew und David Davis Cámara geprägt wurde, hat er zwangsläufig auch diese Spielweise übernommen. Und die sieht eben ein wenig abwartender aus als der von Machulla eingeforderte Hochgeschwindigkeits-Handball.

Löwen-Trainer Machulla lobt die Entwicklung

„Haukur hat fünf Jahre in einem komplett anderen System gespielt. Er fällt entsprechend schnell wieder in sein altes Muster“, berichtet Machulla, der um die schwierige Aufgabe weiß: „In Skandinavien sagt man, dass diese Handballschule jetzt in seinem Rückenmark steckt.“ Thrastarson hat sie verinnerlicht, verabschiedet sich aber deutlich sichtbar jeden Tag ein bisschen mehr davon. Sehr zur Freude des Trainers: „Ich glaube, dass das, was wir gerade spielen, zu seinen Fähigkeiten passt.“

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Die 56 Assists belegen das, gegen Stuttgart gelang dem Isländer außerdem eine 14-Tore-Gala. Aus dem Rückraum der Löwen ist er nicht mehr wegzudenken. Thrastarson nimmt eine große Rolle in einer großen Liga ein. Ganz so, wie er sich das bei seinem Wechsel wünschte, nachdem er zuvor einen Schritt zurück hatte machen müssen.

Rückblick: Als Thrastarson 18 Jahre alt ist, gehört er zu den weltweit begehrtesten Talenten. Viele Topclubs wollen ihn, der polnische Spitzenverein KS Kielce bekommt den Zuschlag. Und kurz danach beginnt für den jungen Isländer eine scheinbar niemals endende Leidenszeit. Zwei Kreuzbandrisse, ein Mittelfußbruch. Bei so vielen Ausfallzeiten und Rückschlägen ist es natürlich schwer, sich einen Platz im Starensemble von Kielce zu erkämpfen. Thrastarson will aber spielen und fasst 2024 den Entschluss, seine Laufbahn bei Dinamo Bukarest fortzusetzen. Beim rumänischen Meister wird er in der nationalen Liga zwar kaum gefordert, dafür aber in der Champions League. Und vor allem: Er ist als Stammkraft gesetzt.

Über Kielce und Bukarest geht es zu den Löwen in die Bundesliga

„Es war gut in Bukarest, weil ich eine große Rolle in der Mannschaft übernommen habe. Für mich war es wichtig, in diesem Moment viel Verantwortung im Team zu übernehmen und in der Champions League zu spielen. Bukarest war für mich eine Chance, mich zu entwickeln“, denkt Thrastarson gerne an diese Zeit zurück. Denn dieses eine Jahr gab ihm nicht nur die Möglichkeit, sich zu entwickeln, sondern bot ihm auch die Bühne, sich zu empfehlen. Und zwar für die Bundesliga.

Nun ist der 24-Jährige bei den Löwen, mit denen er am Sonntag (16.30 Uhr) beim Bergischen HC antritt. Beim Aufsteiger und Abstiegskandidaten sind die Mannheimer unumstrittener Favorit. Und klar ist auch: Wollen die Badener nach einigen sehr ärgerlichen Punktverlusten nicht endgültig den Anschluss an die oberen Tabellenplätze verlieren, müssen sie dieses Spiel gewinnen. Und dafür brauchen sie Thrastarson, der von einem großen Wissensdurst getrieben wird und sich komplett auf die Ideen seines Trainers einlässt.

Verstehen sich auf und neben dem Feld: Haukur Thrastarson (links) und Dani Baijens. © PIX-Sportfotos

Viel tauscht er sich mit Machulla aus, was den gebürtigen Greifswalder extrem freut. Ihm gefallen diese Gespräche, das Fachsimpeln, das Arbeiten an Details. Machulla war schließlich selbst einmal Spielmacher und weiß genau, wovon er spricht: „Haukur mag es, über Handball und Taktik zu reden.“

Dani Baijens, der zweite Mittelmann im Löwen-Kader, ist auch oft dabei. Was einen guten Grund hat. Denn meistens stehen der Niederländer und Thrastarson gemeinsam auf dem Feld. Sie rotieren im Rückraum auf den Rechtshänder-Positionen, ergänzen sich und harmonieren – was es für die Gegner schwieriger macht. „Haukur spielt wie ich. Mit Tempo, mit Tiefe. Das ist geiler Handball“, schwärmt Baijens.

Hätten die Löwen Thrastarson ohne dessen Verletzungsmisere bekommen?

Keine Frage: Thrastarson bringt viel Qualität mit. Eine Qualität, die der in den vergangenen Jahren in Richtung Tabellenmittelfeld abgedriftete zweifache deutsche Meister und Pokalsieger vermutlich nicht bekommen hätte, wenn der Isländer von Verletzungen verschont geblieben wäre. So aber gab es in diesem Sommer einen doppelten Neuanfang. Einen für den Club. Und einen für Thrastarson, der ehrlich zugibt, „natürlich“ immer mal wieder darüber nachgedacht zu haben, wie seine bisherige Karriere ohne die ganzen Rückschläge verlaufen wäre: „Aber Verletzungen gehören zum Sport.“

Der Isländer nahm dieses Schicksal an. Und stellt sich nun recht erfolgreich der Herausforderung „Kampfliga“. Mal sehen, was danach noch kommt.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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