Balingen. Ein gewisses Anspruchsdenken gibt es bei den Rhein-Neckar Löwen nach wie vor. Was gut für diesen Verein ist, der vor nicht allzu langer Zeit ganz oben in der Handball-Bundesliga stand. Und in nicht allzu langer Zeit auch wieder ganz oben stehen will. Genau das ist das Ziel, was einem gerade aus vielerlei Gründen ein wenig utopisch vorkommt. Doch im Sport kann es hin und wieder ganz schnell gehen. Auch in die andere, also bessere Richtung. Weshalb Jannik Kohlbacher am Samstagabend auch von einer „Pflichtaufgabe“ spricht, die seine Mannschaft da gerade mit dem 33:31 (18:17)-Sieg beim Tabellenletzten HBW Balingen-Weilstetten erledigt hatte.
Es war in der Liga der erste doppelte Punktgewinn für die Mannheimer seit Anfang Dezember. Und für Kohlbacher dann doch eine Selbstverständlichkeit. Was nichts mit fehlendem Respekt vor dem Gegner, sondern der Sichtweise auf den eigenen Club zu tun hat. Stichwort Anspruchsdenken.
Der dramatische Absturz der vergangenen Monate ist vorerst einmal gestoppt. Zunächst mit dem Sieg in der Hauptrunde der European League gegen die TSV Hannover-Burgdorf, bei der die Mannheimer am Dienstag (20.45 Uhr/live bei Dyn) bereits wieder zum Rückspiel antreten. Und dann eben mit dem Erfolg in Balingen. „Wir haben jetzt zweimal gewonnen und wollen den Rückenwind mitnehmen“, sagt Kohlbacher.
Tobias Reichmanns Routine
Dass die Mannheimer am Samstag ihre dramatische Sieglos-Serie in der Liga beenden, liegt nicht zuletzt auch an ihm. Das ganze Spiel über suchen die Löwen ihren Kreisläufer. Weil es ihrem Spielstil entspricht, Abschlüsse aus der Nahwurfzone zu kreieren. Insgesamt erzielt er acht Treffer. „Natürlich gibt es Sicherheit, wenn man sich Chancen aus sechs Metern herausspielt“, sagt der 28-Jährige.
Direkt nach dem Seitenwechsel erzielt Kohlbacher die ersten drei Treffer zur 21:18-Führung (36.), in der umkämpften Schlussphase trifft der Odenwälder außerdem zum 32:30 (59.). Und zwischendurch holt er mehrere Siebenmeter heraus. Insgesamt treten die Löwen sechsmal zum Strafwurf an. Immer nimmt sich Tobias Reichmann den Ball, jedes Mal trifft der im Januar verpflichtete Rechtsaußen. Wenn man es böse mit den Löwen meint, ist seine Zuverlässigkeit beim Strafwurf bislang die einzige Verbesserung gegenüber den enttäuschenden Vormonaten. Drei Tore aus dem Feld steuert der 35-Jährige auch noch zum Erfolg dazu, weshalb HBW-Trainer Jens Bürkle ebenso leid- wie neidvoll anerkennt: „Es ist schön, den alten Reichmann hier noch rauf- und runterrennen zu sehen.“
Doch in Balingen sind nicht nur Reichmann, Kohlbacher und Torwart David Späth die Sieggaranten. Die Badener machen ebenso als Team Fortschritte. Nachdem die Löwen in dieser Saison eigentlich in jedem Spiel eine zweistellige Anzahl an technischen Fehlern produziert hatten (11,6 im Schnitt), sind es diesmal nur fünf. „Wir hatten sehr viel Kontrolle über den Angriff auf das Spiel und haben es geschafft, Balingen nicht in eine kämpferische Abwehr kommen zu lassen. Ich bin einverstanden mit der Offensivleistung, auch wenn die Wurfquote ausbaufähig ist“, sieht Hinze Verbesserungspotenzial.
Der zuletzt so treffsichere Niclas Kirkeløkke scheitert auf der Schwäbischen Alb im Abschluss (vier Tore bei zwölf Versuchen) ungewöhnlich häufig. Dass sein Vertreter Jon Lindenchrone trotzdem nicht im Rückraum zum Einsatz kommt, sagt wiederum sehr viel darüber hinaus, auf wen Trainer Hinze momentan setzt. Es geht um Stabilität. Um Verlässlichkeit. Um eingespielte Abläufe. Um Sicherheit. Weshalb gleich mehrere Spieler gerade überhaupt keine Rolle spielen: Philipp Ahouansou, Andreas Holst Jensen, Lion Zacharias. Und im Prinzip auch Lindenchrone, der einzig aufs Feld kommt, wenn Rechtsaußen Reichmann eine Pause benötigt.
Rhein-Neckar Löwen lassen sich nicht aus der Ruhe bringen
Der Mannschaft hilft es aber ganz offenbar, in einem festen Gerüst zu spielen. Das sah man schon in der European League gegen Hannover. Und das fällt auch am Samstag in Balingen auf. Die Löwen lassen sich in ihren Schwächephasen nicht aus der Ruhe bringen, sondern kontern. In Balingen führen sie zunächst 7:6 (13.), liegen dann aber binnen kurzer Zeit 7:10 (15.) zurück. Um schließlich wieder ein 12:10 (19.) vorzulegen. Und in der zweiten Halbzeit verspielt der Pokalsieger einmal einen Drei-Tore-Vorsprung und einmal einen Zwei-Tore-Vorsprung. Das Team läuft in diesen Phasen (23:23/41. Minute und 27:27/51. Minute) jeweils Gefahr, in Rückstand zu geraten. Was wegen Späths Glanztaten aber nicht passiert.
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„Natürlich rettet David uns in ein paar Situationen“, räumt der insbesondere in der Schlussphase dominant agierende Spielmacher Juri Knorr ein: „Aber wir hatten eine gute Kontrolle und es fühlte sich auch nicht so an, als ob wir Schwankungen in unserem Spiel haben. Wir sind stabil geblieben und haben eines unserer besten Auswärtsspiele gemacht.“
Was einerseits stimmt. Andererseits auch nicht ganz so schwer war. In Balingen gelingt den Löwen nämlich in dieser Saison erst der dritte Erfolg in der Fremde.
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