Handball

Eulen-Manager Marinese will die Rhein-Neckar Löwen ins Boot holen

Fast wären die Eulen Ludwigshafen aus der 2. Handball-Bundesliga abgestiegen. Im Interview spricht Geschäftsführer Domenico Marinese über die Unruhe im Club und Zukunftsperspektiven.

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Marc Stevermüer
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Wünscht sich endlich Ruhe im Verein: Eulen-Geschäftsführer Domenico Marinese. © PIX-Sportfotos

Ludwigshafen. Es war ein aufregendes erstes Halbjahr für Domenico Marinese bei den Eulen Ludwigshafen – und zwar in jeglicher Hinsicht.

Herr Marinese, Sie sind ehemaliger Pressesprecher des Fußball-Drittligisten SV Waldhof: Wie sehr fiebern Sie noch mit dem Club mit und welche Beziehung haben Sie noch zum Verein?

Domenico Marinese: Mit Geschäftsführerin Jennifer Schäfer geht jetzt die letzte Mitarbeiterin, zu der ich beim SV Waldhof einen Bezug hatte. Insofern gibt es da keine besondere Beziehung mehr. Ich würde auch nicht sagen, dass ich noch irgendwie mit dem Waldhof mitfiebere. Ich habe genug mit den Eulen zu tun. Das war insgesamt aufregend genug.

In der Tat. Denn wie der Waldhof steckten auch die Eulen bis zum letzten Spieltag im Abstiegskampf. Fangen wir mit den guten Dingen an. Warum gelang am Ende der Klassenerhalt in der 2. Handball-Bundesliga?

Marinese: Im Saisonendspurt hat die Mannschaft – abgesehen vom Desaster in Dormagen – den absoluten Willen gezeigt. Leidenschaft, Kampfgeist, Zusammenhalt. Das alles war sehr beeindruckend.

Haben Sie das vorher vermisst?

Marinese: Ich kann nicht sagen, dass die Mannschaft nicht wollte. Aber wir hatten unsere Probleme – gegen Konstanz, Dessau und Ferndorf, in Dormagen. Wir haben die wenigsten Tore aller Zweitligisten erzielt, wir hatten teilweise wirklich sehr große Schwächen im Abschluss.

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War das der einzige Grund für die Misere?

Marinese: Nein. Der Ausfall von Mex Raguse, der nur 16 Mal zum Einsatz kam, hat uns sehr wehgetan. Dazu fehlten Freddy Stüber, Mihailo Ilic und Mats Grupe wochenlang. Der unerwartete Abgang von Magnus Grupe im März kam dazu. Und ich muss ehrlich sagen: Durch die ganze Unruhe im Umfeld war es für die Mannschaft schwierig, sich allein auf den Handball zu konzentrieren. Das soll keine Ausrede sein, aber geholfen hat diese Unruhe nicht.

Ihre Vorgängerin Lisa Heßler ging zum Jahresende, es gab Debatten um Trainer Johannes Wohlrab und auch Veränderungen im Trainerteam.

Marinese: Die zurückliegenden Monate waren schwierig für die Eulen und wir müssen unbedingt schnellstens wieder Ruhe in den Verein bekommen.

Wie soll das gelingen, wenn immer wieder Uneinigkeit unter den Gesellschaftern auftritt?

Marinese: Wir müssen Spielern, Fans und Sponsoren zeigen, dass die Eulen ein verlässlicher Partner sind. Wir werden klare Regeln aufstellen, wer sich zu welchen Themen äußern darf und wer nicht. Das allein wird schon mehr Ruhe bringen.

Oder die Gemüter noch mehr erhitzen.

Marinese: Meiner Meinung nach sind sich alle Seiten in den vergangenen Wochen wieder deutlich nähergekommen. Deswegen bin ich auch davon überzeugt, dass wir dafür eine Lösung finden, bei der am Ende alle sagen: Ja, das ist die Eulen-DNA.

Inwieweit schränkt diese Uneinigkeit ihre Handlungsfähigkeit ein?

Marinese: Grundsätzlich wenig, weil viele Themen und mein Verantwortungsbereich vertraglich ganz klar geregelt sind. Aber es zehrt an meinen Nerven und meiner Energie, sich mit so etwas zu beschäftigen. Ich glaube, dass es bei den Eulen wichtigere Themen gibt, denen mein ganzer Einsatz gelten sollte.

Da passt ein drohender Rechtsstreit mit Ihrer Vorgängerin Lisa Heßler gar nicht ins Bild. Ihr geht es um die Auszahlung ihr angeblich noch zustehender Prämien, Provisionen und Urlaubsansprüche. Wie gehen Sie damit um?

Marinese: Das Thema hat uns nicht unvorbereitet getroffen. Ich werde mich dazu öffentlich nicht äußern. Klar ist, dass wir eine außergerichtliche Einigung anstreben. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.

Zurück zum Sport. Der Katastrophenfall Abstieg wurde vermieden. Wie groß war die Erleichterung nach dem letzten Spieltag?

Marinese: Als ich abends im Bett lag, wurde mir bewusst, wie groß der Druck war. Mir ist eine Zentnerlast von den Schultern gefallen. Dieses Saisonende war sehr emotional, weil viel auf dem Spiel stand. Für den Verein an sich, aber auch für meine Mitarbeiter, für die ich eine sehr große Verantwortung trage.

Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie das Drittligaszenario durchgespielt?

Marinese: Fünf- bis zehnmal.

Und wie sah dieser Plan aus?

Marinese: Es wäre unser Ziel gewesen, sofort wieder aufzusteigen. Auch wenn uns klar war, dass man das nicht planen kann. In den Play-offs von der 3. zur 2. Liga setzen sich zwei von acht Mannschaften durch. Das ist ein echtes Nadelöhr – und kein Club kann davon ausgehen, dass er am Ende zu den zwei Glücklichen gehört.

Wie arbeiten die Eulen die Saison auf?

Marinese: Wir werden in die Analyse gehen und strukturelle Dinge verändern.

Was bedeutet das konkret?

Marinese: Wie ich bereits sagte, war der Torabschluss ein Problem. Mit Vincent Bülow aus Dessau bekommen wir zur neuen Saison einen Spielmacher, der in der abgeschlossenen Saison an über 200 Toren beteiligt war und unser Angriffsspiel entscheidend verstärken soll. Er hat 123 Tore geworfen und ist auf 118 Assists gekommen.

Wird auch der Trainer Teil der Analyse sein?

Marinese: Definitiv. Wir wollen und müssen in allen Bereichen besser werden. In den vergangenen Wochen haben wir unseren Co-Trainer Andrej Kogut schon mehr ins Boot genommen. Er hatte sich zuvor eigentlich nur um die Defensive gekümmert. Zuletzt hat Andrej mehr Verantwortung bekommen. Wir haben gesehen, dass uns das hilft.

Und welche Strukturen gehen Sie an?

Marinese: Wir brauchen einen Sportlichen Leiter. Das Thema Sport ist bei mir nicht verankert. Das war von Beginn an klar so definiert. Das werden wir jetzt angehen. Es muss jemand da sein, der mit der notwendigen Kompetenz das Thema Sport verantwortet.

Aber Einfluss auf die neue Saison wird der Neue in der Personalplanung nicht haben.

Marinese: Das stimmt. In der Vergangenheit liefen die Spielerverpflichtungen über Christian Deller (Geschäftsführer des Handball-Leistungszentrums Friesenheim-Hochdorf: Anm. d. Redaktion), unseren Teammanager Philipp Grimm und unseren Trainer Johannes Wohlrab. Ich habe am Schluss die finanziellen Rahmenbedingungen abgesegnet und kann mir vorstellen, dass das in der Konstellation weitergeht. Allerdings müssen, wenn ein Sportlicher Leiter da ist, auch die Aufgaben und Kompetenzen klar definiert sein.

Warum wird die nächste Saison besser?

Marinese: Der Kader bekommt mehr Tiefe, wird breiter aufgestellt sein und wir bekommen auf der Mitte und auf der halbrechten Position mit René Zobel Qualität dazu. Aber wie gesagt: Meine oberste Prämisse bleibt, Ruhe in den Verein zu bekommen. Das ist die Grundvoraussetzung, um erfolgreich Handball spielen zu können. Wir können keine Störgeräusche mehr gebrauchen.

Welche sportlichen Ziele peilen die Eulen an?

Marinese: Erst einmal gilt: Wir wollen nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben. Es ist allerdings schwierig, eine Zweitligasaison vorherzusagen. Das haben die vergangenen Monate gezeigt. Mit Hamm ist ein Aufstiegsanwärter abgestiegen. Es befinden sich viele Clubs auf Augenhöhe. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Mannschaft in der neuen Saison ein ganz anderes Gesicht zeigen wird. Und deswegen sage ich: Wir wollen oben angreifen.

Inwieweit ist die Friedrich-Ebert-Halle für dieses Vorhaben noch zeitgemäß?

Marinese: Die Ebert-Halle ist für uns eine riesengroße Baustelle. Es gibt wahnsinnig viel Handlungsbedarf und wir befinden uns sowohl mit der Stadt Ludwigshafen als auch mit dem Land Rheinland-Pfalz im Austausch. Wir brauchen zeitnah eine Lösung und Entscheidung. Sollten wir irgendwann nicht mehr in der Ebert-Halle spielen dürfen, gäbe es in der ganzen Pfalz keine einzige Halle, die für uns als Ausweichstandort infrage käme.

Mit Oskar Knudsen wechselt der norwegische U-21-Nationaltorwart von den Eulen zu den Rhein-Neckar Löwen. In Ludwigshafen hat er wenig bis gar nicht gespielt. Was sehen die Eulen nicht in ihm, was aber die Löwen sehen?

Marinese: Oskar ist ein Talent und ein feiner Junge. Er bekommt bei den Löwen in der 3. Liga die Spielpraxis, die wir ihm auch angesichts der guten Leistungen von Mats Grupe und Ziga Urbic nicht bieten konnten. Außerdem ist es ihm wichtig, regelmäßig mit Erstligaprofis zu trainieren. Er kann bei den Löwen von Mikael Appelgren und David Späth lernen. Deswegen verstehe ich diesen Schritt.

Domenico Marinese



Domenico Marinese wurde am 25. August 1985 geboren.

Von September 2005 bis Juli 2015 war er Veranstaltungsleiter von EurestSports & Food in der SAP Arena.

Es folgten Engagements als Pressesprecher beim SV Waldhof (2015 bis 2020) und bei Bilfinger Manager Group Communications (2020 bis 2025).

Im Januar trat der 39-Jährige bei den Eulen die Nachfolge von Lisa Heßler an.

Wenn Sie Appelgren schon ansprechen. Sein Vertrag bei den Löwen endet 2026. Bislang ist nichts über seine Zukunftspläne bekannt. Fürchten die Eulen, dass es Mats Grupe in einem Jahr zurück zu den Löwen zieht?

Marinese: Mats hat in der vergangenen Saison einen riesengroßen Entwicklungsschritt gemacht und gezeigt, dass er Spiele im Alleingang gewinnen kann. Wir werden alles daran setzen, ihn langfristig an uns zu binden. Aber wir wissen auch, wie schwierig das wird. Er ist ein Toptorhüter. Das wissen nicht nur die Löwen, sondern auch andere Erstligisten.

Die Füchse Berlin und der VfLPotsdam haben vorgemacht, was möglich ist, wenn zwei Vereine aus einer Region sehr eng miteinander kooperieren. Im konkreten Fall haben sich die Potsdamer gewiss auch ein Stück weit den Berlinern unterworfen und sich nach ihnen gerichtet. Wäre solch ein Modell auch für die Eulen mit den Löwen denkbar?

Marinese: Ich habe großes Interesse an einem Austausch mit den Löwen und den künftigen Strukturen des Vereins. Wie planen die Löwen mit ihren Talenten? Das ist eine Frage, die für uns Relevanz hat. An Robert Timmermeister, der an Zweitligist Balingen ausgeliehen war und jetzt zurückkehrt, sehen wir, dass die Löwen auch junge Spieler abgeben, um sie woanders reifen zu lassen. Darin sehe ich für uns eine große Chance. Löwen und Eulen können voneinander profitieren. Meiner Meinung nach macht eine Zusammenarbeit Sinn. Und für einen jungen Spieler ist es gewiss kein Nachteil, wenn er in der Region wohnen bleiben kann.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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