Fußball

Bergsträßer Fußball-Experten freuen sich auf die EM 2024

Der Bergsträßer Anzeiger hat Fußball-Experten befragt, die einen allgemeinen Blick auf die Fußball-Europameisterschaft 2024 werfen. Das sagen sie über das Turnier.

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hs
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Helmut Glanzner, Klaus Schlappner und Bernhard Trares haben mit dieser Zeitung über die EM gesprochen. © Privat/Funck/dpa

Bergstraße. Ab dem morgigen Freitagabend rollt der Ball: Bis zum Endspiel am 14. Juli werden nicht nur die Sportfans die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland verfolgen. Traditionell hat der Bergsträßer Anzeiger wieder Experten befragt, die in der heutigen Ausgabe zunächst einmal einen allgemeinen Blick auf dieses anstehende Turnier werfen, aber dann auch abwechselnd nach den deutschen Spielen als Analysten und kritische Beobachter zu Wort kommen werden.

Alle drei zeigen sich zuversichtlich, dass die DFB-Elf mit Heimvorteil eine gute EM spielen kann; ein Auftaktsieg gegen Schottland (Freitag, 21 Uhr) wird dabei vorausgesetzt – und wäre sehr wichtig. Doch es gibt auch genügend Fragezeichen, ob es für das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann tatsächlich rund laufen wird. Allerdings – und da sind sich die BA-Experten einig – finden sie eine Torhüterdiskussion um Manuel Neuer zumindest zum jetzigen Zeitpunkt für unangebracht. Und noch eine Gemeinsamkeit: Alle drei tippen auf Österreich als Geheimfavoriten. – Die BA-Experten sind:

Für „Schlappi“ ist bereits heute „das eigentliche Eröffnungsspiel“



Für die Trainer-Ikone Klaus Schlappner (9. v. li.) ist es eine Herzensangelegenheit, der Fußball-EM in Deutschland mit sozialem Engagement eine besondere Note zu verleihen. Der 84-Jährige initiierte – wie mehrfach berichtet – das Integrationsprojekt „11 Positionen, 11 Länder“ für Bergsträßer Nachwuchsfußballer der Jahrgänge 2008/09. Rund 20 Talente aus verschiedenen Vereinen, u. a. vom JFV Bensheim/Auerbach und evtl. von der FSG Bensheim, umfasst der Kader, der sich mittlerweile zweimal zum gemeinsamen Training traf.

„Mir ist es wichtig, zu beweisen, dass Jugendliche mit verschiedenen Nationalitäten mit einem harmonischen Miteinander stark sein und Freundschaften schließen können“, so „Schlappi“, für den die Begegnung am heutigen Donnerstag um 14.30 Uhr im Lampertheimer Stadion gegen eine Auswahl des hiesigen Lessing-Gymnasiums „das eigentliche EM-Eröffnungsspiel“ ist. Weitere Spiele gegen den TV Lampertheim am 26. Juni und am 10. Juli in Worms (unter dem Motto „Wir sind beim Halbfinale noch dabei“) sind terminiert. hs/Bild: Jürgen Strieder

Klaus Schlappner (84): Die lebende Trainerlegende aus Lampertheim mit Zweitwohnsitz in Einhausen (Jägersburger Wald) begann als ehemaliger Spieler bis hinauf in die damals zweitklassige Regionalliga mit SW Ludwigshafen und als Elektromeister seine Übungsleiter-Profilaufbahn im Jahr 1997 als Co-Trainer bei Darmstadt 98. Drei Jahre später erwarb er die Fußballlehrer-Lizenz und übernahm bis 1987 den SV Waldhof Mannheim, mit dem er 1983 den Aufstieg in die Bundesliga schaffte. Ein Pepitahut war das Markenzeichen von „Schlappi“, der danach u. a. noch Darmstadt 98 und 1. FC Saarbrücken trainierte, ehe er international tätig war; z. B. in China, im Iran und – durch das NOK eingesetzt – als Fußball-Entwicklungshelfer bzw. Trainerausbilder in der Mongolei. Schlappner ist auch offizieller „Botschafter der Bergstraße“.

Stephan Groß wäre gesetzt

  • Vorfreude/Erwartungen: Zunächst freut sich Klaus Schlappner (Archivbild: Nix), dass er mit seinem Jugend-Integrationsprojekt „11 Positionen, 11 Länder“ am heutigen Donnerstagnachmittag „sozusagen wir die EM eröffnen“. Auf den Verlauf der „richtigen“ Europameisterschaft ist er „sehr neugierig“, nicht nur auf den Auftakt der DFB-Elf gegen Schottland, „denn unsere Nationalmannschaft ist nicht so stabil, dass sie die Nervosität so einfach ablegen kann“. Die Vorrundengegner seien zwar „nicht der große Renner, aber sie sind gefährlich“
  • Der Favoritenkreis: Trotzdem zählt „Schlappi“ die DFB-Elf im eigenen Land, zu den Favoriten für das Erreichen des Halbfinals; neben Frankreich, Spanien, England („Wenn es zu keinem Elfmeterschießen kommt“), Kroatien und Österreich
  • Die DFB-Elf: Klaus Schlappner sieht die Voraussetzungen gegeben, dass die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann unter die ersten Vier kommen kann, „zumal – wie 2006 – nun alles öffentlichkeitswirksam versucht wird, um die Bevölkerung zu mobilisieren, dass es wieder ein Sommermärchen werden kann“. Im Auftaktspiel traut der „Botschafter der Bergstraße“ der DFB-Elf einen ungefährdeten Sieg (3:0 oder 3:1) gegen die Schotten zu, „um die ersten wichtigen Punkte einzufahren, denn gegen Ungarn und die Schweiz wird es nicht einfacher“
  • Die Neuer-Debatte: Schlappner findet es „ungehörig, solch eine Negativpresse um Manuel Neuer zu machen“. Der Torhüter fülle allgemein eine „Individualposition“ aus, „bei der eben die Fehler eher negativ zu Buche schlagen als zum Beispiel bei einem Mittelfeldspieler. Aber ein Torhüter sollte seinen Kasten und Strafraum so gut es geht sauber halten – und da erfüllt Neuer seinen Job“. Der erfahrene Trainer hält sowieso nichts davon, „dass im modernen Fußball der Keeper ins Aufbauspiel miteinbezogen werden soll“
  • Wunschspieler: Im Mittelfeld würde Klaus Schlappner auf jeden Fall in der defensiven Rolle Pascal  Groß neben Toni Kroos eine Einsatzgarantie geben, „nachdem ich mich schon bei der WM 2022 in Katar gewundert habe, dass Groß nicht berücksichtigt wurde.“ Im offensiven Mittelfeld sind Florian Wirtz und Jamal Musiala für „Schlappi“ gesetzt, ebenso Joshua Kimmich auf der rechten Verteidigerposition. Im Angriff würde er durchaus dem erfahrenen Thomas Müller sein Vertrauen schenken, nicht nur wegen „seines guten Auges für tolle Pässe, sondern auch als verlängerten Arm des Trainers auf dem Feld“
  • EM live: Einen Stadionbesuch hat der 84-Jährige nicht geplant. Er wird „so viele Europameisterschaftsspiele wie möglich“ am Fernsehgerät verfolgen, „aber nicht nur die von der DFB-Elf, sondern allgemein, weil ich mich sehr für die fußballerischen Entwicklungen in den anderen Ländern interessiere“. hs

Bernhard Trares (59): Der Heimatverein des Heppenheimers ist der SV Kirschhausen. Als Abwehr- und Mittelfeldspieler streifte er zwischen 1985 und 2004 als Fußball-Profi in insgesamt 464 Partien die Trikots von Darmstadt 98, Alem. Aachen, 1860 München, Werder Bremen, SV Waldhof und Karlsruher SC über. Danach schlug er die Trainerlaufbahn ein, war u. a. bei Wormatia Worms (2007 - ’09) und SV Waldhof Mannheim (2018 - ’20) tätig, daneben noch als Co-Trainer von Bruno Labbadia in der Bundesliga beim Hamburger SV und zuletzt in der Saison ’22/23 für vier Monate beim VfB Stuttgart.

Vertrauen in Manuel Neuer

  • Vorfreude/Erwartung: Die Vorfreude ist für Bernhard Trares (Bild: dpa) „natürlich riesig, denn es ist schön, dass solch ein Turnier im eigenen Land stattfindet“. Der Heppenheimer Ex-Profi hofft, „dass die DFB-Elf mit der neu hereingebrachten Energie eine gute EM spielen kann“, auch wenn das letzte Testspiel (2:1 gegen Griechenland) vor allem in der ersten Halbzeit „nicht gut war, aber ich denke, die Spieler wollten sich nicht mehr maximal aufreiben, da meines Erachtens die Positionen in der Startelf bereits grob vergeben sind“.
  • Der Favoritenkreis: Hier zählt Trares England, Frankreich und Deutschland sowie „womöglich ein Underdog wie Österreich“ auf.
  • Die DFB-Elf: „Es ist wichtig, dass wir mit einem Sieg für ein gutes Gefühl starten“, so der Trainer in Wartestellung aus der Kreisstadt, „und wir sollten mit einem souveränen Erfolg gegen Schottland auch unserer Favoritenstellung gerecht werden, dann sollten auch die Aufgaben gegen eine gute ungarische Mannschaft und die nie leicht zu bespielenden Schweizer machbar sein.“ Die DFB-Elf „kann Europameister werden, aber das wollen auch andere Nationen wie die genannten Favoriten sowie Spanien oder Italien mit den stärksten Ligen“.
  • Die Neuer-Debatte: Manuel Neuer hat laut Trares „eine gute Körpersprache und strahlt etwas aus, das wird dem Team guttun. Er wird den Fokus finden, um eine starke EM zu spielen.“ Deshalb sei eine Diskussion über die Stammtorhüterposition unangebracht, „zumal Marc-Andre ter Stegen Pech hatte, dass die Mannschaft mit ihm nicht gut gespielt hatte“.
  • Wunschspiele für Startelf: Bernhard Trares schwärmt über „eine tolle Offensive mit Wirtz, Musiala und Havertz“. Dazu sei Leroy Sane eine sehr gute Alternative, „wenn er fit ist“; zudem auch Niclas Füllkrug als „Knipser“. Trares rechnet damit, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann auf die gleiche Startelf wie beim 2:1-Sieg gegen Griechenland setzen wird, „auch wenn hier lange Zeit sehr unruhig und mit wenig Ballbesitzphasen gespielt wurde“. Aber Toni Kroos, der mit Robert Andrich einen sehr starken Nebenmann im defensiven Mittelfeld hat, und Antonio Rüdiger bräuchten nach ihrem Champions-League-Triumph mit Real Madrid „auch etwas Zeit, um sich wieder neu zu fokussieren, was aber bei der EM passieren wird“. Zudem sei es für das DFB-Spiel wichtig, „dass die FC-Bayern-Spieler zu ihrer Form finden.“
  • EM live: Bernhard Trares wird „eher nicht in ein Stadion gehen“, sondern im privaten Umfeld „ mit einer kleinen Gruppe vor dem Bildschirm“ die EM-Spiele verfolgen. Als Trainer braucht er beim Fußballschauen etwas Ruhe, „denn ich bin da schon sehr fokussiert, achte sehr auf die Taktik und das Passspiel der Mannschaften“. hs

Helmut Glanzner (61): Fußball ist ein sehr großes Hobby des Bürgermeisters der Gemeinde Einhausen (seit 2014). Aktiv am Ball war er bis hinauf in die damalige Landesliga, u. a. bei seinem Heimatverin SG Einhausen und bei der SG Riedrode. Zudem kickt er immer noch ab und zu im Bürgermeister-Nationalteam mit, das er nun schon fast zehn Jahre lang auch betreut, weshalb er von der „Bild-Zeitung“ vor vier Jahren auch als „Der Rathaus-Jogi“ betitelt wurde, anlehnend an den damaligen Bundestrainer Jogi Löw. Schließlich besitzt Glanzner die Trainer-A-Lizenz und war als Übungsleiter u. a. in Einhausen, beim FC 07 Bensheim und bei der SG Ueberau tätig; darüber hinaus auch als Spielbeobachter für Proficlubs. hs

Schwachpunkte in der Abwehr

  • Vorfreude/Erwartung: Mit der Bürgermeister-Europameisterschaft vor einem Monat in Leipzig wurde für Helmut Glanzner (Archivbild) bereits die Vorfreude eingeleitet, und er hofft, „dass nun bei der EM die DFB-Elf mit genauso viel Leidenschaft und Herz zur Sache geht und damit begeistern sowie Euphorie entfachen kann“. Der Einhäuser Bürgermeister findet es gut, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann „mit jungen Spielern noch frisches Blut in den Kader und somit auch das Leistungsprinzip zur Anwendung gebracht hat“
  • Der Favoritenkreis: Topfavorit ist für Helmut Glanzner Frankreich; den Hauptkonkurrenten sieht er in Spanien. Die Rolle des Geheimfavoriten traut er Österreich zu, „denn ich bin ein Freund der Fußballphilosophie von Trainer Ralf Rangnick, der nach Ulm, Stuttgart und Leipzig nun auch beim ÖFB hervorragende Arbeit leistet“
  • Die DFB-Elf: Dieser traut Glanzner das Erreichen des Halbfinals zu. Er hofft, dass sie trotz der hohen Anspannung und Nervosität gut in die EM startet, „denn ein Auftaktsieg ist bei solch einem Turnier elementar. Mit Leidenschaft sollte sie den kampfstarken Schotten begegnen, damit sich dann auch ihre spielerische Überlegenheit durchsetzt.“ Und auch die weiteren, unangenehmen Vorrundengegner aus Ungarn und aus der Schweiz „muss man zunächst einfach schlagen, wenn man zumindest das Halbfinale erreichen will. Die Fans müssen – im Gegensatz zu früheren Turnieren – spüren, dass das Team alles erreichen will.
  • Die Neuer-Debatte: Helmut Glanzner findet es überflüssig, Manuel Neuer als die Nummer eins zwischen den Pfosten zum jetzigen Zeitpunkt infrage zu stellen, „denn kurz vor dem Turnier wechselt man nicht so einfach den Torhüter“. Für den A-Lizenz-Trainer war vielmehr überraschend, dass Neuer nach seiner langen Verletzungspause gleich wieder den Vorzug erhielt, „denn Marc-Andre ter Stegen hatte eigentlich hervorragend gespielt“
  • Wunschspieler: Die Offensive ist für Glanzner derzeit das Prunkstück des Nationalteams – und hierbei sind Jamal Musiala und Florian Wirtz gesetzt – und als Alternative könne Leroy Sane „sehr viel Tempo ins Spiel bringen“. Die Schwachpunkte sieht der BA-Experte aus Einhausen vielmehr in der Defensive, „denn hier fehlt die Kompaktheit – und der gesetzte Antonio Rüdiger überzeugt mich keineswegs“
  • EM live: Entweder in den eigenen vier Wänden oder bei Freunden wird Helmut Glanzner so viele EM-Spiele wie möglich verfolgen – eben, soweit es seine Zeit zulässt. Bereits zum Auftakt muss er bangen, dass die Versammlung der Jagdgenossenschaft zeitig beendet ist, damit er rechtzeitig zum Anpfiff vor dem Fernsehgerät sitzen kann. Um Eintrittskarten für einen Stadionbesuch hat er sich erst gar nicht bemüht. hs

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