Handball

Flames-Trainerin kritisiert die deutsche Nachwuchsförderung

„Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher“, betont Heike Ahlgrimm. Die Leistung gegen Frankreich beurteilt sie als „okay“.

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Eric Horn
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In den Augen von Heike Ahlgrimm hat ihr ehemaliger Schützling Julia Maidhof im DHB-Dress bei Olympia zu schwankende Leistungen gezeigt. © Brian Inganga/dpa

Bensheim. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft der Frauen hat bei den Olympischen Spielen einen durchwachsenen Auftritt hingelegt. Nach der Vorrunde in Lille schied das Team von Bundestrainer Markus Gaugisch, wie zu erwarten war, im Viertelfinale gegen den Gastgeber und amtierenden Weltmeister Frankreich aus. Mit 23:26 unterlag das Ensemble des Deutschen Handballbundes (DHB) am Dienstagnachmittag in Paris dem Favoriten. „Wir sind noch ein gutes Stück von der Weltspitze entfernt“, resümiert Heike Ahlgrimm (Bild: Neu), Trainerin des Bundesligisten HSG Bensheim/Auerbach, den Auftritt der DHB-Auswahl bei den Spielen.

In der Gruppenphase kassierten die deutschen Handballerinnen gegen die skandinavischen Top-Teams Norwegen, Dänemark und Schweden sowie gegen Südkorea Niederlagen. Der 41:22-Erfolg gegen Slowenien reichte der Mannschaft allerdings, um mit zwei Zählern – aufgrund der besten Tordifferenz – im Dreiervergleich mit Slowenien und Südkorea die Nase vorne zu haben und sich für die K.o.-Runde zu qualifizieren. „Wenn man mit zwei Punkten den Sprung ins Viertelfinale schafft, ist das glücklich. Aber so ist der Modus“, so die Flames-Trainerin.

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Die Leistung der Gaugisch-Truppe im Duell mit Frankreich sei „okay“ gewesen, dennoch seien die Unterschiede zwischen den beiden Kontrahenten trotz der zeitweise knappen Zwischenstände deutlich erkennbar gewesen. „Wenn es eng wurde, konnten die Französinnen immer zulegen.“

Vor allem in Sachen individueller Klasse und Dynamik lagen die Vorteile aufseiten der Gastgeberinnen. „Das ist ein anderes Level.“ Das DHB-Team habe in der Offensive immer wieder versucht, sich mittels Eins-zu-Eins-Situationen gegen die starke Abwehr des Gegners durchzusetzen. „Das hat nicht funktioniert. Wenn aus dem Rückraum abgeschlossen wurde, war das effektiver.“

Flames-Trainerin Heike Ahlgrimm © Thomas Neu

Ebenfalls durchwachsen fällt Ahlgrimms Fazit beim Blick auf die individuellen Vorstellungen der deutschen Feldspielerinnen und Torhüterinnen aus. Einige Akteurinnen hätten ihre Leistungen nicht abgerufen, andere hätten ein Turnier mit Höhen und Tiefen gespielt.

Die Höhen-und-Tiefen-Bilanz zieht die 90-fache Nationalspielerin ebenfalls für ihren ehemaligen Schützling Julia Maidhof. „Julia hat gute und weniger gute Spiele gemacht.“ Die Linkshänderin war bereits als Jugendliche für die HSG aktiv und reifte nach dem Übertritt in den Bundesliga-Kader unter Heike Ahlgrimm zur Nationalspielerin.

Amelie Berger ist „mega-happy“ auch ohne Olympia-Einsatz

Mit Amelie Berger zählte auch eine Handballerin aus dem aktuellen Flames-Kader zum deutschen Olympia-Aufgebot. Die Rechtsaußen bildete gemeinsam mit Torhüterin Dinah Eckerle und Mia Zschocke das Reservistinnen-Kontingent des DHB. Berger, die nach einem Kreuzbandriss im Februar noch rechtzeitig fit wurde für Olympia, kam ebenso wie Eckerle und Zschocke in keiner der sechs Begegnungen zum Einsatz. „Amelie ist mega-happy, dass sie es nach ihrer Verletzung überhaupt nach Paris geschafft hat“, berichtet Ahlgrimm, die während des Turniers regelmäßig mit ihrer Spielerin in Kontakt stand. „Aber klar, wenn du dabei bist, willst du auch spielen.“

Dass Coach Markus Gaugisch die bestehende Wechseloption, für die allerdings eine medizinische Begründung vorliegen muss, nicht zog, kann die 49-Jährige nicht ganz nachvollziehen. „Er ist der Trainer, er muss das entscheiden. Ich hätte es anders gemacht.“ Zumal mit Jenny Behrend die Rechtsaußenposition nur einfach besetzt war. „Ein Wechsel hätte sich schon aus Gründen der Belastungssteuerung angeboten.“

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Wie kann der Abstand der deutschen Nationalmannschaft zu den führenden Nationen im Frauenhandball verringert werden? „Jedenfalls nicht dadurch, dass man von den Bundesliga-Vereinen eine zweite Gegentribüne verlangt.“ Mit ihrer Antwort zielt Heike Ahlgrimm auf das Professionalisierungskonzept des DHB ab, das von den Frauen-Bundesligisten Investitionen in Infrastruktur (Halle, Hallenboden, Management) fordert.

„Wir könnten dieses Geld gut für andere Bereiche nutzen.“ Zum Beispiel in die Ausbildung von Nachwuchshandballerinnen, gerade auf diesem Sektor hinke der DHB im internationalen Vergleich nach wie vor hinterher. Interessant sei darüber hinaus die Zukunft und Entwicklung der Nationalmannschaft. „Es ist die Frage, ob es zu einem personellen Umbruch kommt.“

Nach der öffentlichen Aufmerksamkeit bei den Olympischen Spielen in Paris, für die sich die DHB-Auswahl nach 16 Jahren Olympia-Pause qualifiziert hatte, ist die Medienpräsenz des Frauen-Teams in den nächsten Jahren gesichert. Die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten bekamen bis einschließlich 2026 die Übertragungsrechte für Welt- und Europameisterschaften. Heike Ahlgrimm: „Diese mediale Präsenz ist sehr wichtig für den Frauenhandball.“

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