Riedrode. Er ist der Mann, der die FSG Riedrode vor dem Abstieg aus der Fußball-Gruppenliga Darmstadt retten soll: Tobias Beltz. Mit sieben Punkten aus drei Spielen feierte der 31-Jährige vor der Winterpause einen starken Einstand. Im Interview erklärt der in Bad Kreuznach lebende Trainer, an welchen Stellschrauben er gedreht hat – und warum in Riedrode jetzt zweistündige Einheiten auf dem Programm stehen.
Herr Beltz, in Ihren ersten Wochen als FSG-Trainer haben Sie von Pressegesprächen abgesehen. Warum?
Tobias Beltz
Tobias Beltz wurde am 13. Juni 1992 in Fulda geboren und ist in Marburg aufgewachsen. Seit elf Jahren wohnt er in Bad Kreuznach.
Der gelernte Innenverteidiger spielte unter anderem für Eintracht Bad Kreuznach in der Verbandsliga.
Die Trainer-B-Lizenz schloss Beltz mit Bestnote ab. Bis Ende September coachte er den A-Ligisten VfL Rüdesheim.
Beltz ist Niederlassungsleiter bei einem Personaldienstleiter der Logistikbranche und hat einen 17 Monaten alten Sohn.
Tobias Beltz: Ich wollte kein Blatt Papier zwischen der Mannschaft und mich lassen. Es war jetzt einfach an der Zeit, zu liefern und Punkte zu holen. Ich habe schnellstmöglich versucht, der Mannschaft meine Art von Fußball näherzubringen.
Wie haben sich die ersten Wochen gestaltet?
Beltz: Wir haben sehr viel gearbeitet, viel über Fußball gesprochen und Videoanalysen gemacht. Mein Bestreben ist es, jeden Spieler da abzuholen, wo er ist und auf seiner Position besser zu machen. Wenn jeder Einzelne individuell besser ist, werden wir in Summe auch als Mannschaft besser. Dafür haben wir uns direkt Grundwerte erarbeitet, die ich vorgegeben habe. An diesen Prinzipien können sich die Spieler immer wieder orientieren.
Was sind Ihre Prinzipien?
Beltz: Die talentfreien Tugenden musst du beherrschen. Wenn ich beim Eckball hochspringe, ist das kein Talent. Es ist aber eine Grundtugend, mir das blaue Auge abholen zu wollen. Mir ist auch egal, wer beim Gegner herumrennt, weil ich das nicht beeinflussen kann. Ich kann aber die Einstellung meiner Spieler beeinflussen. Wir wollen unser Spiel durchdrücken und dominanten Fußball spielen.
Was hat Sie an der Aufgabe in Riedrode gereizt? Sie kannten ja weder das Team noch die Liga.
Beltz: Für mich liegt viel Reiz darin, die Liga nicht zu kennen, weil ich ohnehin nicht viel auf die Gegner schaue. Der Kontakt kam über Timo Klauder und Rico Ochsenschläger, zwei ehemalige U19-Spieler von mir, zustande. Da mir die zwei Jungs immer noch sehr am Herzen liegen, habe ich gesagt: ‚Okay, ich helfe euch.‘ Ich fand den Verein sehr sympathisch, habe viel von den Eltern der Spieler gehört und auch das Pokalfinale gegen Fehlheim im Juni gesehen. Schon da konnte man sehen, dass das ein toller Verein ist, in dem Zusammenhalt herrscht und viele Leute mit viel Herzblut und Engagement arbeiten. Diese Eindrücke haben sich absolut bestätigt.
Was für eine Mannschaft haben Sie vorgefunden?
Beltz: Ich habe eine Mannschaft kennengelernt, die natürlich verunsichert war, die aber das Feuer, das ich mit meiner Art entzünden wollte, sofort weitergetragen hat. Wir trainieren immer zwei Stunden, das war für viele neu. Mein Ansatz dahinter ist: Wenn du eineinhalb Stunden Training ansetzt, hast du immer Unterbrechungen. Dann trainierst du effektiv nur eine Stunde. Das ist mir zu wenig, wenn du etwas erreichen willst. Ich habe den Jungs auch gesagt: Das Leben hat keinen Rückwärtsgang, ich bewerte alles neu. Von den Jungs, die da sind, bin ich überzeugt. Wenn du letztes Jahr Fünfter und im Pokalfinale warst, ist das ja nicht einfach weg.
Hilft eine gewisse Distanz zu Spielern? Ihrem Vorgänger Duro Bozanovic wurde zum Teil nachgesagt, zu kumpelhaft gewesen zu sein.
Beltz: Ich glaube schon, dass das hilft. Am letzten Spieltag vor der Winterpause bin ich länger in der Kabine geblieben und habe ein Bierchen mit den Jungs getrunken. Aber das muss alles zur richtigen Zeit passieren.
Ist die bisherige Ausbeute schon der erhoffte Trainer-Effekt?
Beltz: Wenn der Effekt gar nicht gegriffen hätte, hätten wir wahrscheinlich nicht so viele Punkte geholt. Am Ende ist das aber nur die Basis dafür, dass wir wieder dran sind, dass ganz Riedrode wieder lebt. Ich spüre ieine Aufbruchstimmung. Aber wir haben immer noch eine Hypothek aus der Hinrunde.
Wie schwer ist es, die schwache Hinrunde aus den Köpfen zu bekommen?
Beltz: Für mich ist es gar nicht so schwer, weil ich mit der Vergangenheit gar nichts zu tun habe. Ich sage den Jungs, dass die Saison neu gestartet hat. Alles, was jetzt kommt, können wir beeinflussen. Die Jungs sollen Fehler machen. Für alles, was sie machen, wenn sie mutig Fußball spielen und dadurch Fehler passieren, übernehme ich jegliche Verantwortung.
Wie stark schätzen Sie die Liga ein?
Beltz: Bis jetzt muss ich sagen: Ich hätte sie taktischer erwartet. Vieles ist auf individuelle Qualität ausgelegt. Ich bin aber auch ein Taktik-Fanatiker und liebe es, Spiele und Gegner auseinanderzunehmen.
Was für eine Rückrunde erwarten Sie?
Beltz: Ich bin zu 100 Prozent von unserem Klassenerhalt überzeugt, sonst wäre ich gar nicht angetreten. Wir müssen uns viel fußballerische Fitness holen, weil meine Art von Fußball auf Power ausgelegt ist. Wenn wir das schaffen, sollten wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Kein Gegner dieser Welt wird entschieden, ob die FSG Riedrode absteigt, wenn wir unsere Hausaufgaben machen. Es liegt nur an uns.
Wie langfristig denken Sie?
Beltz: Ich bin kein Fan davon, groß in die Zukunft zu schauen. Solange es Spaß macht und wir zusammen an einem Strang ziehen, können auch fünf Jahre daraus werden. Wir wollen jetzt die Klasse halten. Nächstes Jahr wollen wir definitiv eine bessere Runde spielen und mit dem Abstieg gar nichts zu tun haben – und uns dann über die Art, jeden Spieler besser zu machen, sukzessive in andere Tabellenregionen manövrieren.
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