Bergstraße. Die Weschnitzrast in Einhausen hat es in das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes geschafft. In der Begründung dieser eher zweifelhaften Ehre, heißt es, dass die Gesamtkosten bei 636.000 Euro liegen - aber lediglich sechs Vereine an diesem Projekt Interesse gezeigt hätten. Die Idee der Gemeinde ist, wie das Schwarzbuch das Projekt zusammenfasst, einen beliebten Freilufttreffpunkt zu schaffen, an dem sich Spaziergänger, Familien sowie Radfahrer treffen, ein kühles Getränk und einen Imbiss zu sich nehmen und dabei Flora und Fauna der angrenzenden Weschnitz genießen. Das Konzept beinhaltet auch etwa 60 Sitzmöglichkeiten.
Angeblich nur geringes Interesse der Vereine
Der Kiosk soll allerdings nicht gewerblich betrieben werden, sondern von örtlichen Vereinen, die dadurch Einnahmen generieren können. Außerdem soll ihnen weiteres soziales Engagement ermöglicht und das gesellschaftliche Zusammensein gestärkt werden. Speziell für diese Nutzung ist der Kiosk auch konzipiert: In den Räumen werden sich weder eine Gastronomieküche für den gewerblichen Betrieb noch eine Lüftungsanlage befinden. Angeschafft werden lediglich eine Spülmaschine, eine Kaffeemaschine, eine Kuchentheke, Kühlschränke, eine Grundausstattung an Gläsern und weiterem Geschirr sowie ein mobiler Grill für den Außenbereich. Bei einer Umfrage der Gemeinde haben jedoch, wie oben geschrieben, nur sechs von 38 Vereinen Interesse gezeigt, den Kiosk nutzen zu wollen. Nach diesen Rückmeldungen würden sie den Kiosk dann an ca. 30 Tagen im Jahr betreiben.
Auf Anfrage des BA zeigt sich Einhausens Bürgermeister Helmut Glanzer überrascht von der Kritik des Steuerzahlerbundes: „Es handelt sich bei Weschnitzrast um einen Mehrheitsbeschluss in der Gemeindevertretung. Das war eine demokratische Entscheidung. Und wir gehen pflichtbewusst mit Steuergeldern um.“ Glanzner erklärt, dass inzwischen durchaus ein deutlich größeres an der Weschnitzrast bestehe. Er bekomme sowohl von Bürgern als auch von Initiativen und Vereinen durchweg positive Rückmeldungen. Von der Zurückhaltung zur Zeit der genannten Umfrage, die von 2024 stamme, spüre er nichts mehr.
Außerdem hätte die Gemeinde für diverse Open-Air-Feste, wie Kerwe und Weihnachtsmarkt, feste Toilettenanlagen bauen müssen, da die Kosten für mobile Toiletten ins Geld gingen. Eine Container-Lösung, wie sie andere Kommunen angeschafft haben, kosten, wie Glanzner berichtet, alleine schon zwischen 250.000 und 300.000 Euro: „Da haben wir uns für barrierefreie und behindertengerechte Toiletten entschieden, die fest in den Bau der Weschnitzrast integriert werden.“ Zudem habe man auch direkt eine PV-Anlage installiert, um auch die laufenden Stromkosten so gering wie möglich zu halten.
Das Land fördert das Projekt, wie die Autoren des Schwarzbuches recherchierten und Glanzner auch bestätigt, mit bisher insgesamt 49.816,79 Euro. Das Geld kam aus den Programmen „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ sowie „Zukunft Innenstadt“. Mit Letzterem sollen experimentelle Projekte gefördert werden, „die mit neuen Formen des Wirtschaftens, Handels, sozialen Zusammenseins, kulturellen Austauschs und Wohnens mutige und zukunftsweisende Wege“ gehen. Die Gemeinde hofft aktuell auf weitere 300.000 Euro vom Land Hessen. Diese wurden aber bislang nicht sicher zugesagt.
Das genaue Nutzungskonzept wird, so Glanzner, gerade ausgearbeitet. Fest steht, dass die Weschnitzrast im ersten Jahr ausschließlich Vereinen und Initiativen zur Verfügung stehen soll: „Danach werden wir ergebnisoffen über die Erfahrungen beraten.“ Was die laufenden Kosten betrifft, gibt das Schwarzbuch an, dass die Gemeinde mit jährlichen Ausgaben von 14.000 Euro für die Wartung der technischen Ausstattung und Reinigungskosten rechne. Nicht inbegriffen seien hierbei die Verbrauchskosten beispielsweise für Strom und Wasser. Das ist eine Zahl, mit der Glanzner nicht einverstanden ist. Die Reinigungskosten müssten zum Beispiel die Nutzer tragen. Außerdem könne man auch hier erst nach einem Jahr sagen, wie hoch die Ausgaben tatsächlich sind.
Werden die Steuergelder tatsächlich verschwendet?
Das Fazit des Steuerzahlerbundes lautet: „Auf den ersten Blick klingt es nach einer guten Idee: Um die kleine Gemeinde zu beleben, schafft Einhausen einen Kiosk als Treffpunkt und will Vereinen ermöglichen, dort ihre Kasse aufzubessern. Einhausen setzt dabei jedoch auf das Prinzip Hoffnung, wonach sich das Konzept im Laufe der Zeit bewährt und mehr Vereine den Kiosk nutzen werden. Doch sollte dieser Plan nicht aufgehen, wird viel Steuergeld verschwendet sein. Um den Zusammenhalt und das Unterhaltungsangebot in der südhessischen Gemeinde Einhausen zu stärken, wird derzeit an der Weschnitz, einem Nebenfluss des Rheins, direkt am Radweg der Familienerlebnisroute Ried ein Kiosk mit Außengrill und einer öffentlichen Toilettenanlage gebaut – die sogenannte Weschnitzrast.“
Der Bürgermeister zeigt sich dagegen durchaus positiv gestimmt, dass sich das Konzept in Einhausen bewähren wird und hier keine Steuergelder verschwendet werden.
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