Frankfurt. Die Geistlichen in Hessen haben in ihren Weihnachtspredigten vor Ausgrenzung und Abschottung gewarnt. Nicht wenige Menschen ersuchten heute, "sich aus anstrengenden Debatten in ihre Blasen und Sonderwelten" zurückzuziehen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am ersten Weihnachtsfeiertag im Limburger Dom laut einem vorab verbreiteten Redetext.
"Parolen wie die einer "Festung Europa" oder des "America first" sind doch nichts anderes als der Versuch, Eigenwelten zu bauen und sich abzugrenzen, auszuklinken aus der globalen Verantwortungsgemeinschaft, zu der wir als Menschen gehören", sagte Bätzing. Die Weihnachtsbotschaft sei gegenteilig: Gott sei mit Jesus mitten in die unsicheren Verhältnisse der Welt gekommen und habe sich mit allen Menschen solidarisch erklärt. Der christliche Glaube erlaube keine Abgrenzung.
Anschlag auch Thema
"Und nach den menschenverachtenden Anschlägen von Solingen und Magdeburg - auch wenn sie offensichtlich ganz unterschiedlich motiviert waren - mehren sich die Sorgen, ob wir im öffentlichen Raum sicher leben können", fügte Bätzing hinzu. Die Reaktion darauf sei mitunter der Ruf nach autokratisch-autoritären Positionen. "Gnade uns Gott, wenn solche Reaktionen auf die offensichtlichen Krisenphänomene bei der kommenden Bundestagswahl mehr Befürworterinnen und Befürworter finden."
Offene Türen
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber sagte laut Mitteilung am ersten Weihnachtsfeiertag in seiner Predigt: "Wo viele Menschen die Erfahrung von Ausgrenzung, Fremdheit und Einsamkeit machen, öffnet die Botschaft Jesu Christi Türen und zeigt neue Wege auf."
Gerber nutzte dabei das Bild der geöffneten Pforte im Petersdom zu Beginn des Heiligen Jahres, um die tiefere Bedeutung von Weihnachten zu vermitteln. "Die geöffnete Tür ist eines der vielen Bilder, die zu beschreiben versuchen, was Christen an Weihnachten feiern", sagte der Oberhirte.
Jung: Auch in dunklen Zeiten Zeichen des Lichts
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, rief die Menschen dazu auf, auch in dunklen Zeiten Zeichen des Lichts zu setzen. "Menschen bringen immer wieder entsetzliche Dunkelheit in das Leben anderer Menschen", sagte er laut Mitteilung in seiner Predigt in der Katharinenkirche in Frankfurt. "Wir haben das in Magdeburg gerade wieder erlebt. Immer wieder Hass, immer wieder Gewalt, immer wieder Kriege."
Gerade an Weihnachten spürten die Menschen, wie Dunkelheit und Licht miteinander rängen. Die biblische Botschaft von Weihnachten mache Mut, in der Dunkelheit weiter an das Licht zu glauben und selbst hoffnungsvolle Zeichen zu setzen, sagte Jung. "Es geschieht so viel Gutes, so viel Lichtvolles."
Schulbau statt Steinwurf
Am zweiten Weihnachtsfeiertag ging Weihbischof Karlheinz Diez im Fuldaer Dom laut Mitteilung auf die überlieferte Steinigung des Heiligen Stephanus ein: Wenn heute alle real und verbal geworfenen Steine genutzt würden, um Häuser, Schulen und Krankenhäuser zu bauen und Menschen zu versöhnen, dann wäre die Botschaft von Weihnachten angekommen. "Dann wird unser Umfeld ein ganzes Stück friedlicher, eben weihnachtlicher", betonte Diez.
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