Bergstraße. „Für Probleme, die Zuwanderung bringt, muss sich die hohe Politik was einfallen lassen, das kann Viernheim nicht lösen. Wir können vor Ort nur helfen, dass Geflüchtete hier starten können.“ In der jüngsten Sitzung des Sozial- und Kulturausschusses stellte Sozialamtsleiter Rudolf Haas die aktuelle Situation in den Unterkünften für Geflüchtete dar.
Im Mai 2023 hatte der Kreis Bergstraße, bis dahin zuständig für die Aufnahme von Geflüchteten, diese Aufgabe an die Städte delegiert. Nach einem festen Schlüssel werden monatlich Flüchtlinge auf die Städte verteilt, die verpflichtet sind, eine Unterbringung zu stellen. „Wir hatten auch vorher schon Unterkünfte für Geflüchtete“, nannte Haas die Bunsenstraße, das ehemalige Rhein-Neckar-Hotel oder das Fourmann-Gebäude in der Industriestraße als Beispiele.
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Durch die neue Zuteilung kommen nach Viernheim „hauptsächlich Menschen, bei denen hohe Bleibeperspektive besteht“, betont Haas. Die Asylbewerber würden vornehmlich in den kreiseigenen Unterkünften untergebracht.
Rund 50 Standorte im Stadtgebiet wurden geprüft
Um die Anforderungen der Flüchtlingsaufnahme zu erfüllen, wurden und werden in Viernheim mehrere Unterkünfte errichtet. In einem ehemaligen Bürogebäude in der Lilienthalstraße leben seit Mai 2023 zwischen 100 und 110 Menschen – Einzelpersonen und Familien. Ein Jahr später wurde die neu errichtete Wohncontaineranlage in der Industriestraße bezogen. Bis zu 120 Personen sind hier untergebracht. Aktuell wird die nächste Unterkunft in der Friedrich-Ebert-Straße gebaut, danach soll ein ähnlicher Trakt am Heinrich-Lanz-Ring errichtet werden.
„Weitere Standorte sind derzeit nicht in Planung. Es kann aber notwendig werden“ erläuterte Bürgermeister Matthias Baaß. Für die Unterkünfte seien rund 50 Standorte im Stadtgebiet geprüft worden. Weil die Stadt Verfügungsgewalt haben müsse, blieben nur städtische Grundstücke und Liegenschaften. „Passende Standorte gehen zur Neige“ sagte der Bürgermeister. Er betonte aber den „Viernheimer Weg“ in den Unterkünften, wo täglich acht Stunden lang eine Betreuung erfolgt. „In Kreisunterkünften kommt maximal einmal in der Woche ein Sozialarbeiter… Aber wir wollen, dass die Menschen Ansprechpartner für ihre Anliegen haben.“
Zahl der Pflegebedürftigen wächst auch in Viernheim
In der Ausschusssitzung wurde auch der Sachstand im Prozess „Älter werden in Viernheim“ vorgestellt. Fast ein Drittel aller Viernheimer ist älter als 60 Jahre, im Alter steigt auch die Notwendigkeit von pflegerischer Betreuung. „Der größte Teil der Pflegebedürftigen lebt aber nicht im Pflegeheim“ nannte Beate Preuss vom städtischen Seniorenbüro die Fakten. Zum einen seien Plätze knapp und zum anderen sei die Zuzahlung für einen Pflegeplatz (2800 Euro im ersten Jahr) oft nicht aufzubringen, während die Bearbeitungszeit für einen Kostenübernahme-Antrag mehrere Monate beträgt. Die Folge: „Pflege muss mehr und mehr von Angehörigen übernommen werden“. Nicht selten werde die eigene Arbeitszeit reduziert oder früher der Ruhestand angetreten.
Problematisch werde es, wenn Ältere alleinstehend sind oder die Familie nicht in der Nähe wohnt. Da sind Entlastungsangebote wie Pflegedienste oder Caritas-Gruppen oder nachbarschaftliche Hilfe nützlich. Auch die Stadt habe mit der E-Rikscha zur Mobilität im Alter oder der SBS als Treffpunkt entsprechende Angebote.
„Das Thema Älterwerden schiebt man gern von sich weg, aber wir müssen heute unsere Zukunft gestalten“ appellierte Beate Preuss an die Stadtverordneten, Entscheidungen zu treffen. Dazu gehöre auch das Schaffen von barrierefreiem Wohnraum, wenn neue Wohngebiete entwickelt werden. „Es fehlen weitere Wohnmöglichkeiten, in denen sich Ältere noch selbst versorgen können. Es wäre schön, wenn man für Viernheim darüber nachdenkt.“
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