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Video: Ausgelassene Stimmung bei der Bergsträßer Weinlagenwanderung

Bei bestem Wetter und einer monumentalen Kulisse zogen am Maifeiertag wieder Tausende Besucher durch das Weinanbaugebiet zwischen Zwingenberg und Heppenheim.

Von 
Thomas Tritsch
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Bergstraße. Die 35. Bergsträßer Weinlagenwanderung ist vorbei. Die Bilanz: Top-Wetter, entspannte Atmosphäre und zahlreiche Teilnehmer. Es war eine genussreiche Maitour durch das Anbaugebiet Hessische Bergstraße mit Stopps in den prominenten Lagen in Zwingenberg, Bensheim und Heppenheim. „Gefühlt“ ruhiger und weniger Bollerwagen-geschwängert wie in manchen Jahren zuvor. Die Veranstalter dürfen zufrieden sein. Die Stimmung war ausgelassen, aber nicht ins Extreme schwappend. Eingangskontrollen an relevanten Stellen wie in der Auerbacher Bachgasse haben Wirkung gezeigt. Die meisten Flaschen stammten aus der Region.

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Unterwegs servierten rund 120 Helfer ausgewählte Weine und Sekte aus 14 Einzellagen. Die Veranstaltung soll eine regelmäßige Werbung für den Bergsträßer Wein und für das Weinbaugebiet Hessische Bergstraße sein. „Das Gelände dient Personen zum Wandern auf dem Weinlagenwanderweg und zum Verkosten von Bergsträßer Wein, Perlwein und Sekt, der ausschließlich an den sechs Ständen des Weinbauverbandes Hessische Bergstraße erworben wurde“, heißt es in der Festordnung. Das Mitbringen ortsfremder Alkoholika war verboten. Es gab auch keinen Anlass. Ob Zwingenberger Steingeröll, der Auerbacher Höllberg, Bensheimer Paulus oder Heppenheimer Steinkopf: an den Stationen fand sich immer ein schattiges Plätzchen, um bei Temperaturen von bis zu 26 Grad mit kühlem Kopf einen Bergsträßer Wein genießen zu können.

Die Masse konzentrierte sich auf Kirchberg und Fürstenlager

Der Tag fing eher ruhig an. In Heppenheim war es um elf Uhr noch überschaubar. Der Weinstand am Steinkopf ist für viele ein idealer Start, um mit einem aromatischen Weißwein dem Vormittag zuzuprosten, bevor es weiter Richtung Norden geht. Die Maitour ist eine schöne Gelegenheit, um die Weine dort zu probieren, wo sie wachsen. In sechs Stunden lässt sich die Strecke gemütlich bewältigen, doch viele waren am Mittwoch etappenweise unterwegs. Hotspots waren erneut die Bereiche Kirchberg und Fürstenlager. Fast alle Bergsträßer Betriebe waren vertreten. Die 0,1er Füllung an den Ständen kostete in der Regel 2,50 oder drei Euro. Die Aussicht war gratis. An separaten Ständen wurden ausschließlich Flaschen verkauft. Da hat sie Lage an der Thekenfront etwas entschärft. Lange Wartezeiten gab es nirgends. Das Personal war flott und freundlich.

Die Strecke Richtung Bensheim, mit der Starkenburg im Rücken, gestaltet sich als ständiges Auf und Ab über einen serpentinenartigen Weg inmitten der Weinlandschaft, die im aktuellen Weinjahr noch in der Kita-Phase steckt. Es grünt zaghaft, die späteren Beeren sind momentan nur zu erahnen. Im Gegensatz zu vielen anderen Anbaugebieten blieb die chronisch milde und aufgrund ihrer Lage geschützte Hessische Bergstraße von den Frösten Mitte April weitestgehend verschont. Die Odenwälder Weininsel um Groß-Umstadt hat es aber eiskalt erwischt. Ansonsten gab es punktuelle Schäden in Bereichen, in denen die Kaltluft ungehindert eindringen konnte oder dort, wo sie sich gesammelt hat, wie der Weinexperte Reinhard Antes unterwegs erklärt.

Hessische Bergstraße blieb von April-Frost weitgehend verschont

Deutschlandweit geht man im Wein- und Obstanbau von finanziellen Verlusten in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro aus. Das Problem: die Vegetation war zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich fortgeschritten. Für die jungen, fruchtbaren Triebe waren Temperaturen von minus zwei bis drei Grad tödlich. In vielen Anbaugebieten werden massive Ertragsausfälle von 50 bis 100 Prozent erwartet. Der kleine Zipfel in Südhessen kam glimpflich davon.

Am Mittwoch war von Frost nichts zu spüren. Lediglich die Weißweine waren kalt genug. Etwa an der „Schönsten Weinsicht 2012“ in der Lage Bensheimer Paulus mit Blick auf den Hemsberg. „Es lief etwas schleppend an“, so Winzerin Charlotte Freiberger-Rabold gegen 12 Uhr vor Ort. Dafür gibt es zwei Ursachen: der Stand ist aufgrund seiner Lage eher eine Art Durchgangsstation. Nur wenige beginnen hier die Tour. Deshalb ist dort in den ersten beiden Stunden traditionell nicht mit Invasionen zu rechnen. Zudem ist der Ort – von Süden kommend – nur durch einen leichten Schlenker nach rechts zu erreichen. Viele biegen aber gleich links ab – wenngleich der Stand durch Schilder klar angekündigt war. Langweilig wurde es den Helfern aber auch dort nicht.

Der weitere Weg nach Bensheim ist spätestens in der Hemsbergstraße von eher langweiliger Natur. Beton statt Grün. Asphalt statt Reben. Kinder verkaufen Gummibärchen, erwachsene Teilzeit-Imbissbetreiber bieten aus ihrem Garten heraus Bratwurst an mit dem Hinweis, dass diese „sehr lecker“ sei.

Schweißtreibender Aufstieg wird gleich mehrfach belohnt

Trittbrettfahrer hat es immer gegeben. Der Weinbauverband Hessische Bergstraße reagiert darauf eher gelassen – vor allem, wenn sich die Stände nicht auf der Festmeile befinden. Dort können die Gastgeber von ihrem Hausrecht Gebrauch machen. Eine Reaktion auf die Tour 2017, die von viel Müll, einer ungeordneten Abfuhr menschlicher Bedürfnisse und etlichen alkoholisch bedingten Turbulenzen geprägt war. Ein Wendepunkt in der Biografie der WLW, wie der Tag – buchstabensparend – gerne genannt wird.

Der Aufstieg am Kirchberg kostet zwar etwas Schweiß, doch die Ankunft wird gleich mehrfach belohnt. Der Chardonnay-Weißburgunder mundet, während man über die Rebzeilen und die Sankt-Georgs-Kirche die Augen Richtung Horizont schweifen lässt. Michael Jäger und Kollegen haben ordentlich zu tun. Am unteren Kirchberg stärken sich viele vor den steilen letzten Metern zum Kirchberghäuschen, das am 1. Mai ebenfalls stark belagert wird. Jugendliche schießen Selfies, ältere Wanderer fotografieren das WLW-Weingläschen vor monumentaler Kulisse oder ruhen sich zwischen den Zeilen ein wenig aus, bevor sie dem Ruf des Fürstenlagers folgen. Zwischen Kirchberg und der Lage Schönberger Herrnwingert ist die Strecke zumeist schattig und kühler. Wer unter 30 ist, biegt eventuell zum Wambolter Sand ab, wo ein großes Maifest steigt.

Wenig Einsätze für das Deutsche Rote Kreuz

„Nichts“ lautet die lakonische Antwort eines DRK-Mitarbeiters gegen 14 Uhr. Das Deutsche Rote Kreuz ist wie gewohnt am Schönberger Sportplatz stationiert – und übt sich in Geduld. Die Lage sei erfreulich ruhig, heißt es dort. Trotz der steigenden Temperaturen, und trotz der ebenfalls steigenden Pegelstände der Weinlagenwanderer.

Am Stand Fürstenlager konzentriert sich die Masse. Vor allem jene, die von Auerbach herauf strömen. Das Publikum ist deutlich jünger als im südlichen Abschnitt der 18 Kilometer langen Strecke. „Wir kommen aus Zwingenberg, und wir enden hier wahrscheinlich“, so ein Grüppchen von Studenten aus Mannheim, Heidelberg und Frankfurt mit diversen Weinflaschen im Gepäck. Alles von der Bergstraße. Der akademische Nachwuchs weiß, was sich gehört. Und was schmeckt: Sauvignon Blanc, Chardonnay, Riesling und Weißburgunder rollen mit. Die meisten Flaschen sind leer. Das Thekenpersonal um Volker Dingeldey, Rabea Trautmann, Julien Meissner und Rachele Crosara (und viele mehr) hatte alle Hände voll zu tun an einem der beliebtesten Orte der Weinmeile.

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In der Bachgasse in Auerbach, an der Einmündung Weidgasse, sorgte noch im letzten Jahr ein größeres Aufgebot an Stadtpolizei, Polizei und Ordnungsamt für einen möglichst reibungslosen Übergang. Denn hier trafen Autoverkehr und Menschentrauben direkt aufeinander. Diesmal war die Bachgasse ab Höhe Feuerwehr gesperrt, die am Mittwoch einen Tag der offenen Tür veranstaltet hat. Die Kassen dürften auch hier sehr melodisch geklingelt haben.

Tendenziell berichteten die Teams aus den Weinständen von einem etwas späteren Start, bevor sich gegen Mittag langsam der Haupttross in Bewegung setzte. Ein Eindruck, der von Heppenheim bis Zwingenberg mehr oder weniger geteilt wurde. Unaufgeregt, entspannt und mild in jeder Hinsicht: die 35. Weinlagenwanderung bleibt positiv in Erinnerung.

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