Vermisstenfall

Aus dem Altenheim verschwunden - Ermittlungen eingestellt

Die Einrichtungsleiterin des Johanniter-Hauses in Rimbach, Claudia Hafner, nimmt Stellung zum Verschwinden von Marianne Benkel-Eberle.

Von 
Michael Callies
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Aus dem Johanniter-Haus in Rimbach ist am 1. Mai eine Bewohnerin verschwunden. Nach aufwendigen Suchmaßnahmen gibt es kaum noch Hoffnung. © Fritz Kopetzky

Bergstraße. Die Polizei hat ihre Ermittlungen eingestellt. Das Verschwinden der demenziell erkrankten Marianne Benkel-Eberle aus dem Altenheim Johanniter-Haus Weschnitzal in Rimbach am 1. Mai war demnach eine Aneinanderreihung unglücklicher Umstände. Sämtliche Suchaktionen von Seiten der Polizei und der Familie sind ins Leere gelaufen. Was bleibt, ist für Familie, Angehörige, aber auch für das Pflegepersonal des Hauses am Ende nur noch die Hoffnung, dass sich alles doch noch irgendwie zum Guten wendet, wenngleich diese Hoffnung täglich mehr schwindet.

Wir haben uns mit der Einrichtungsleiterin des Johanniter-Hauses, Claudia Hafner unterhalten. Seit dem Verschwinden der Bewohnerin ist dort nichts mehr, wie es war – die Unwissenheit über das Schicksal der 87-Jährigen lässt das Personal nicht zur Ruhe kommen. Es wird noch dauern, bis Normalität zurückkehren.

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Frau Hafner, Ihr Haus wirbt auf der Homepage damit, dass es eine spezielle Betreuung für demenziell erkrankte Menschen gibt. Wie muss ich mir das vorstellen?

Claudia Hafner: Unser Haus hat 2019 begonnen, die Einrichtung auf das biografieorientierte Pflegemodell des Wiener Pflegewissenschaftlers Prof. Erwin Böhm umzustellen. Prof. Böhm stellt die Biografie des Menschen in den Mittelpunkt. Dabei wird den Bewohnern eine selbstbestimmte Alltagsnormalität ermöglicht, die sie aus früheren Zeiten kennen. Ziel der Böhm‘schen Pflegephilosophie ist die psychische Wiederbelebung oder auch Reaktivierung älterer Menschen, die maximale Förderung ihrer noch vorhandenen Ressourcen und die Anerkennung ihrer psychobiografisch gewachsenen Identität. Diese individuelle und wertschätzende Betreuung zeichnet unser Haus ganz besonders aus.

Können Sie sich erklären, wie es am 1. Mai zu dem Verschwinden von Frau Benkel-Eberle gekommen ist?

Hafner: Grundsätzlich dürfen Bewohner in einem Pflegeheim nicht festgehalten oder eingesperrt werden und können sich deshalb frei bewegen. Es ist zudem nicht unüblich für unsere mobilen Bewohner, bei gutem Wetter zu einem Spaziergang aufzubrechen. Bisher konnten sie in der Regel eigenständig zurückfinden.

Wie schnell wurde denn das Verschwinden der Bewohnerin bemerkt?

Hafner: Es ist in der Tat schwierig, den genauen Zeitpunkt des Verschwindens festzustellen.

Wie oft ist es bisher in Ihrem Haus passiert, dass ein demenziell Erkrankter verschwunden ist?

Hafner: Wir sind keine geschlossene Einrichtung. Deshalb kommt es immer mal wieder vor, dass Bewohner alleine oder in Begleitung spazieren gehen. Bislang fanden diese alleine oder mit Unterstützung den Weg zurück.

Gibt es in solch einem Fall Schuldzuweisungen innerhalb Ihres Hauses oder sind solche Fälle einfach unglücklichen Umständen geschuldet, die da zusammengekommen sind? Wie gehen die Mitarbeiter damit um?

Hafner: Alle Mitarbeiter sind natürlich sehr betroffen und aufgewühlt. Wir haben gemeinsam versucht, die Situation mit Seelsorgern aufzuarbeiten und den Mitarbeitern wieder Sicherheit zu geben. Zudem wurden natürlich Überlegungen angestellt, um die Kette der Umstände, die zu dem Verschwinden geführt haben, zu verstehen. Wir möchten sicherstellen, dass ähnliche Ereignisse in Zukunft nach Möglichkeit vermieden werden können.

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mbl/ü
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Ich bin mir sicher, dass auch Sie und Ihr gesamtes Team alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen haben, die betagte Dame im Umkreis Ihres Hauses zu suchen und zu finden. Was genau wurde damals alles veranlasst?

Hafner: Ihre Annahme ist richtig, das Team und auch viele mit der Einrichtung verbundene Menschen haben im Rahmen der Möglichkeiten nach Frau Benkel-Eberle gesucht. Als ihr Verschwinden aufgefallen ist, haben die Mitarbeiter umgehend das ganze Haus durchsucht.

Parallel wurde die Polizei kontaktiert, deren Suche unterstützt und gemeinsam weitere Maßnahmen besprochen. Zusätzlich dazu wurden Kollegen mobilisiert, die zu diesem Zeitpunkt nicht im Dienst waren, um das Gebiet von Mörlenbach bis Fürth – einschließlich der Ortsteile – abzusuchen. Außerdem haben die Mitarbeiter die Suchaktionen der Familie in den folgenden Tagen weiter sehr engagiert unterstützt.

Frau Hafner, wie begegnet man in solch einem Fall den Angehörigen? Stehen Sie in Kontakt?

Hafner: Mit den Angehörigen stehen wir weiterhin in wöchentlichem telefonischen Kontakt. Wir tun wirklich unser Möglichstes, um die Familie in allen Belangen zu unterstützen.

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