Bergstraße. Die Klimaliste Hessen kritisiert in einer Pressemitteilung den jetzt begonnenen Erörterungstermin zur Erweiterung des Steinbruchs Röhrig in Heppenheim-Sonderbach als Teil des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens. Das sei „völlig aus der Zeit gefallen“. „Für die Gewinnung von Granitsplitt für den Straßenbau sollen mehr als 62 000 Quadratmeter hochwertiger Buchenmischwald zerstört werden“, schreibt der gemeinnützige Verein, der sich als „politische Graswurzelbewegung zur Durchsetzung konsequenter Klimaschutzmaßnahmen“ versteht.
Jährlich sollen demnach 500 000 Tonnen Granitgestein gewonnen werden – nicht nur für Arbeitsplatten, sondern vor allem auch für den Straßenbau. „Das ist mit einer Verkehrswende nicht vereinbar, wenn wir die Klimaziele von Paris und das Klimaschutzgesetz ernst nehmen“, wird Wulf Hahn, Vorstandssprecher der Klimaliste Hessen, zitiert. „Mehr Straßen bedeuten mehr Verkehr und somit auch mehr Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase sowie mehr Zerstörung von Natur- und Landschaft.“ Der Granit sei der Rohstoff für den Bau von Straßen und somit für Asphalt statt Wald.
Zweifel an der Begründung
Bei der Klimaliste stoßen die Erweiterungspläne in dem ehemals als Schutzwald ausgewiesenen hochwertigen Buchenmischwald auch deshalb auf Unverständnis, weil noch ausreichend Granit minderer Qualität zur Gewinnung von Straßensplit im Steinbruch zur Verfügung stehe.
In der Erweiterungsfläche erhofft man sich nach Angaben der Firma Röhrig eine bessere Qualität des Gesteins, die nach Ansicht des Vereins aber für Straßensplit gar nicht benötigt werde. Gleichwohl begründe Röhrig die Notwendigkeit der Erweiterung aber mit dem öffentlichen Interesse an der Rohstoffbereitstellung für den Straßenbau.
„Die Begründung für die Steinbrucherweiterung ist somit nicht schlüssig“, so Christoph von Eisenhart Rothe, wald- und naturschutzfachlicher Sprecher der Klimaliste Hessen. „Es geht hier lediglich um Gewinnoptimierung zu Lasten der Allgemeinheit, denn der Steinbruch kann auch mit den bisherigen Genehmigungen noch viele Jahre weiter arbeiten. Vermutlich geht es nur darum, mit einer Genehmigung in der Tasche den Wert des Unternehmens zu erhöhen.“
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„Es ist unverständlich, in Zeiten des massiven Waldsterbens, bedingt durch den vom Menschen verursachten Klimawandel, die Erlaubnis zur Waldrodung zu erteilen“, so von Eisenhart Rothe. Rund 100 000 Hektar Wald seien in Hessen in den letzten fünf Jahren kahl gefallen. Der Wald im Hessischen Ried und im Odenwald sei hiervon keinesfalls verschont geblieben. In der Rhein-Main-Ebene zeigten die Buchen und Eichen sogar deutlich höhere Waldschäden als im übrigen Hessen.
So sei bei älteren Buchen nach dem Waldzustandsbericht 2022 des Hessischen Umweltministeriums eine Kronenverlichtung von 53 Prozent zu beobachten, den höchsten jemals in Hessen erhobenen Wert. Ein Signal für den schlechten Gesundheitszustand der Waldbäume. „Die Bestände auf der Juhöhe, wo die 62 000 Quadratmeter Wald vernichtet werden sollen, sind noch verhältnismäßig gesund. Diesen vitalen Wald für den Steinbruch zu opfern, ist absoluter Irrsinn“, so der Forstwissenschaftler von Eisenhart Rothe.
„Doch die Schäden, die die Steinbrucherweiterung für den Wald bedeuten würden, sind viel größer. Durch das Absinken des Grundwasserspiegels und den frisch aufgeschlagenen Waldrand und die damit verbundene Aushagerung rechnen wir mit mindestens einem doppelt so großen Waldverlust“, so von Eisenhart Rothe.
Statt 62 000 Quadratmeter „Waldzerstörung“ gingen real 120 000 bis 150 000 Quadratmeter unwiederbringlich verloren. Die Klimaliste Hessen fordert die Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne) auf, das Verfahren ihrer Behörde umgehend einzustellen, heißt es in der Erklärung abschließend. red
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