Bergstraße. Im Landkreis Bergstraße gibt es rund 70 100 Wohnungen, die von ihren Eigentümern selbst genutzt werden. Die Wohneigentumsquote liegt damit bei rund 54,7 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt hervor, die das Pestel-Institut aus Hannover erstellt hat. Darin geben die Wissenschaftler eine eher düstere Prognose: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es nach Angaben des Instituts im Landkreis Bergstraße lediglich 165 Baugenehmigungen für neue Ein- und Zweifamilienhäuser. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2022 waren es noch 219 Baugenehmigungen.
„Damit ist der Eigenheimbau innerhalb von nur einem Jahr um 25 Prozent zurückgegangen“, sagt Matthias Günther. Der Leiter des Pestel-Instituts sieht „das Wohneigentum weiter auf der Rutschbahn.“ Der Traum vom eigenen Haus, von der eigenen Wohnung – er platze gerade in Serie.
„In Schockstarre verfallen“
„Wenn es um das Anschaffen von Wohneigentum geht, ist auch der Kreis Bergstraße quasi in eine Schockstarre verfallen“, sagt Katharina Metzger vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), der die Wohnungsmarkt-Untersuchung beim Pestel-Institut in Auftrag gegeben hat. Nur wenige Menschen könnten sich die eigenen vier Wände heute noch leisten. „Hohe Zinsen, hohe Baulandpreise, hohe Baukosten, die vor allem auch durch hohe Klimaschutz-Auflagen nach oben getrieben werden: Wohneigentum scheitert am Geld“, so Metzger.
Ins Geld gehe vor allem der Energiespar-Zwang. Hier müsse der Bund einen Gang zurückzuschalten. Wer heute für sein Wohneigentum die Förderung vom Bund nutzen wolle, müsse nach dem „extrem ehrgeizigen Effizienz-Standard 40“ bauen. Das sei aber extrem teuer. Also mache es kaum einer. Der Staat müsse endlich davon wegkommen, nur ‚Super-Klimaschutzhäuser‘ zu fördern. „Denn die hohen Standards machen das Bauen richtig teuer“, betont Metzger. Und das bei einer Kosten-Nutzen-Relation, die schon rechnerisch nicht passe. Das Geld, das zusätzlich beim Neubau in den Klimaschutz gesteckt werden müsse, hole auf Jahre hinweg keiner beim Energiesparen mehr heraus, sagt die BDB-Präsidentin.
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Das Pestel-Institut hat in seiner Analyse auch einen „Machbarkeits-Check Wohneigentum“ für den Landkreis Bergstraße gemacht. Hierbei haben die Wissenschaftler den Fokus auf den Neubau eines Reihenhauses mit 95 Quadratmetern Wohnfläche gelegt – also auf das Zuhause für eine 4-köpfige Familie. Ökonom Günther erklärt, warum: „Das Reihenhaus punktet bei den Baukosten. Außerdem ist das Verhältnis von der Wohnfläche zur Grundstücksgröße erheblich besser als beim freistehenden Einfamilienhaus. Es ist damit eine attraktive Variante fürs Wohnen im Eigentum.“
Bei seinen Berechnungen zum Wohneigentum im Kreis Bergstraße hat das Pestel-Institut unterschiedliche Kriterien herangezogen. Entscheidende Faktoren waren dabei die Zinsen, die lokalen Baulandpreise sowie die aktuellen Baukosten. „Bei der Bewertung der Haushalte, die sich einen Reihenhaus-Neubau leisten können, ist die Zahl der Verdiener nicht entscheidend. Es kommt nur auf die Höhe des Nettoeinkommens an – egal, ob als Lohn, Gehalt, Rente oder Pension. Dabei liegt die angesetzte Grenze der monatlichen Belastung für die Finanzierung von Wohneigentum bei 40 Prozent vom Haushaltseinkommen“, erläutert Günther.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass für einen privaten Haushalt im Landkreis Bergstraße die Grenze bei einem Nettoeinkommen von 5300 Euro pro Monat liegt: „Wer ein Einkommen in dieser Höhe hat oder darüber liegt und außerdem noch über ein Eigenkapital von mindestens 41 000 Euro verfügt, der sollte sich auch unter den aktuellen Bedingungen den Neubau des eigenen Reihenhauses im Kreis Bergstraße leisten können.“ Hier gehe es allerdings um eine ‚Verdiener-Elite‘. Wirklich viele seien das nicht.
„Für alle anderen Haushalte ist Wohneigentum nur machbar, wenn der Staat den Menschen dabei unter die Arme greift – Familien genauso wie Partnerschaften, Singles oder Wohngemeinschaften, die sich die eigenen vier Wände bauen und darin wohnen wollen“, sagt Ökonom Matthias Günther. red
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