Bergstraße. „Pflege – ein Beruf für mich?“: Unter diesem Motto lud der Kreis Bergstraße gemeinsam mit den Pflegeschulen des Kreises zu Informationsveranstaltungen ein. Ziel sei es, junge Menschen sowie Quer- und Wiedereinsteiger für Pflegeberufe zu begeistern und ihnen die Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, aber auch die vielfältigen beruflichen Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Interessierte hatten an diesem Tag die Chance, im Hotel am Bruchsee Heppenheim mit Menschen in Kontakt zu treten, die selbst als erfahrene Mitarbeiter aus diesem Berufsfeld über die Aufgaben und und ihren Arbeitsalltag berichten konnten.
Vor allem medial liege der Fokus meist nur auf den Negativaspekten der Branche, was ein negatives Image und gesellschaftliches Desinteresse hervorrufe, hieß es.
Personalsituation allgemein angespannt
Auch bei den drei Informationsveranstaltungen, die in Wald-Michelbach, Lampertheim und Heppenheim veranstaltet wurden, habe sich die geringe Resonanz besonders gezeigt, war zu erfahren. Eine digitale Informationsveranstaltung im April sei etwas besser angenommen worden.
Besonders vonseiten der Eltern würde Berufseinsteigern häufig von einem Beruf in der Pflege abgeraten: „Ich beobachte immer wieder, dass Eltern ihre Kinder an Informationsständen, die sich um die Pflege drehen, schnellstmöglich wegzerren, um ihnen zu sagen, sie sollten doch etwas Vernünftiges lernen“, berichtet Norbert Mauer, der als Berater für die Pflegeausbildung Hessen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben vor Ort war. Er selbst habe im Sektor der Pflege eine Ausbildung absolviert und habe die Arbeit stets als erfüllend und positiv empfunden. „Der Beruf gibt einem sehr viel zurück“, fährt er fort. Deshalb sei es auch ihm ein Anliegen, Anreize für diese Branche zu schaffen.
Die Personalsituation sei in nahezu allen Bereichen der Pflege angespannt, vor allem aber in der Altenpflege, dem ambulanten Sektor und in den Pflegeheimen. Letztere könnten aufgrund von mangelendem Personal ihre vorhandenen Kapazitäten häufig nicht voll ausschöpfen.
Die neue Erste Kreisbeigeordnete und jetzt zuständige Dezernentin Angelika Beckenbach empfindet es als besonders schade, dass weder junge Menschen, noch Quereinsteiger wenigstens das Interesse zeigen, sich zu informieren. Die Hemmschwelle, einen Pflegeberuf zu ergreifen, sei aufgrund des schlechten Rufs hoch. „Die Erkenntnisse dieses Desinteresses müssen ein Ansporn sein, dass ein Umdenken stattfindet“, sagte sie.
Bis zum Jahr 2040 erwarte man im Kreis Bergstraße ein Defizit von 1000 Stellen im Pflegebereich. Und das, obwohl das Entgelt erst angehoben worden sei: „Pflegeberufe sind mittlerweile eine der bestbezahltesten Ausbildungsberufe“, betont Mauer. Man müsse lediglich das Bild dieser Berufe ändern.
Sprachbarriere muss zunächst behoben werden
Zwei Interessentinnen ließen sich in Heppenheim individuell beraten. Die geringe Resonanz nutzte man positiv – durch das geschulte Personal vor Ort wurden direkte Möglichkeiten für die Besucherinnen ausgelotet. Beide Frauen sprachen nur gebrochenes Deutsch, wiesen aber fachliche Fähigkeiten auf. Eine von ihnen ist sogar gelernte Krankenschwester. Eine solche Situation sei den Akteuren der Kampagne bereits bekannt: „Es ist meistens so, dass die Kräfte fachlich optimal geeignet sind, aber es an der Kommunikation hadert“, weiß Tanja Dolores Assmus, Schulleiterin der „maxQ. Pflegeschule“ Heppenheim. Die Klassen der Schule seien gut besetzt, jedoch würden dort ebenfalls viele Schüler aus dem Ausland akquiriert werden. Daher sei das Sprachproblem besonders präsent.
Rolf und Christiane Mößinger von der „Integrationsbrücke Bensheim“ helfen dabei, sprachliche Hürden zu meistern. Sie unterstützen Bewerber in den wichtigen Prozessen der Integrierung und Orientierung, begleiten das Anerkennungs- und Bewerbungsverfahren und bieten allgemeinsprachliche Kurse sowie Fachkurse an.
Wenn Fachkräfte die sprachliche Hürde überwunden hätten, stehe dem Besuch einer Pflegeschule, dem Neueinstieg in diese Branche oder einem Quereinstieg nichts mehr im Weg.
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