Bergstraße. Erst Corona, dann steigende Preise in vielen Lebensbereichen und das große Problem Personalmangel. Zwar kommen inzwischen wieder etwas mehr Gäste, um es sich im Restaurant gut gehen zu lassen.
Auf Vor-Pandemie-Niveau seien die Zahlen allerdings nicht, wie Christine Friedrich, Geschäftsführerin der Geschäftsstelle Südhessen des Hotel- und Gastronomieverbands Dehoga berichtet.
„Gegenüber dem Lockdown-Monat März 2021, in dem es starke Einschränkungen für Hotels und Gastronomie gab, hat sich der reale Umsatz im Gastgewerbe zwar wieder mehr als verdoppelt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt, lag der Gastgewerbeumsatz im März 2022 allerdings real 27,7 Prozent unter dem Niveau des Februars 2020, dem Monat vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland“, berichtet Friedrich.
Mit dem Wegfall der Corona-Einschränkungen entfalten, wie Friedrich erklärt, auch andere Herausforderungen ihre volle Wirkung und fordern das Gastgewerbe heraus: steigende Preise, die Anfälligkeit globaler Lieferketten, explodierende Energiekosten und der anhaltende Fachkräftemangel.
„An manchen Tagen erscheinen die Betriebe gut besucht, an anderen Tagen sind sie leer“, so Friedrich. „Von den Betrieben liegen die unterschiedlichsten Rückmeldungen vor. Auch, dass die Unsicherheit bezüglich der allgemeinen Teuerungen bei den Gästen spürbar ist.“
Günstigere statt teure Gerichte
Oftmals würden Restaurantbesuche von Stammgästen reduziert oder günstigere Speisen und Getränke verzehrt, auch versuchen die Gäste wegen der hohen Benzinpreise weitere Anfahrten zum Essengehen zu vermeiden.
Grundsätzlich sei aber die Freude und die Aufbruchstimmung zu spüren, endlich wieder ohne Maßnahmen „ausgehen zu können“.
Der anhaltende Mitarbeitermangel sei ein großes Problem für fast alle Betriebe - und deshalb werden oft die Öffnungszeiten reduziert, was auch zum Wegfall des Mittagstischs beiträgt. „Noch immer stattfindendes Homeoffice ist ein weiterer Grund“, so Friedrich.
Zudem gebe es in größeren Unternehmen immer öfters hauseigene Kantinen, die auch firmenfremde Gäste mit Mittagstisch versorgen und den Gaststätten mit Mittagstisch damit Konkurrenz machen. „Wenn die Kantinen dann noch subventioniert sind und der Mittagstisch entsprechend günstig ist, ist die Wettbewerbsverzerrung perfekt“, beklagt sie.
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Aber auch die Teuerung trage zu einem anderen Konsumverhalten der Menschen bei. Wurde bisher vielleicht drei Mal die Woche ein Mittagstisch-Angebot genutzt, wird es nun beispielsweise nur noch ein bis zwei Mal genutzt und die Brotdose kommt wieder mehr zum Einsatz.
„Diese Personalnot hängt natürlich auch damit zusammen, dass in Pandemie-Zeiten Stellen gekürzt werden mussten und die damaligen Mitarbeiter jetzt anderweitig untergekommen sind“, räumt Friedrich ein.
Kleine Veranstaltungen nehmen zu
Ähnliche Probleme bestätigt auch Wolfgang Mink, Inhaber des Gasthauses „Zur Traube“ in Reichenbach. „Die Gästezahlen sind bei uns noch nicht wie vor zwei Jahren, vor Corona“, so Mink. „Teilweise haben wir zwar wieder Anfragen für Feierlichkeiten, wenn auch nur in kleinem Rahmen, bei unangemeldeten Gästen sind wir noch lange nicht auf dem Stand vor der Pandemie.“
Zum Vergleich: Im Januar 2020 waren für das Jahr in der Traube knapp über 40 Saalveranstaltungen für eine Personenzahl von 50 aufwärts angemeldet. Im Januar dieses Jahres waren es drei. Kleinere Veranstaltungen gebe es inzwischen wieder mehr - beispielsweise Hochzeitsgesellschaften von 15 bis 20 Gästen, die nach der Trauung im gegenüberliegenden Rathaus in der „Traube“ einkehren.
Service-Kräfte erst anlernen
Hintergrund dafür, dass noch immer nicht so viele Gäste kommen, seien bei ihnen neben Corona auch die Preissteigerungen und der geringere Felsenmeertourismus.
Auch die hohen Spritpreise und generell gestiegene Lebenshaltungskosten führen dazu, dass die Bergsträßer nicht mehr so oft ins Restaurant gehen. Servicekräfte gebe es in der Traube zwar, allerdings müsse ungelerntes Personal noch angelernt werden. Erst dann sei Erleichterung in Sicht. In den Aufgabenbereichen Service, Küche und Reinigung gehe es derzeit darum, mit Personal zu jonglieren, damit alles abgedeckt ist. „Personal ist und bleibt das Hauptproblem“, berichtet Mink.
„Seit die Corona-Beschränkungen aufgehoben sind, läuft das Geschäft wieder an“, meldet Hanieh Pirouz, Inhaberin des Restaurants Bunter Löwe in Zwingenberg.
„Leider ist kein Ende in Sicht“
„Es ist besser als in den Jahren 20/21, aber noch ein Stück von der Zeit vor Corona entfernt. Die aktuelle Lage, bei der auch leider kein Ende in Sicht ist, hält mit großer Sicherheit Gäste davon ab, es sich in der Gastronomie gut gehen zu lassen. Die Inflation galoppiert und jeder merkt, dass ein ordentliches Stück Einkommen fehlt.“
Bei steigenden Preisen und Löhnen hofft Pirouz, dass die Mehrwertsteuer nicht wieder auf 19 Prozent angehoben wird, „sonst wird es noch schwieriger, sich etwas zu leisten“, ergänzt sie. Fachpersonal zu finden, ist schwer, weiß die Gastronomin aus eigener Erfahrung. „Wir bilden aber auch aus und der Rest ist ein ordentliches Maß an Eigenleistung für unsere Gäste. Man arbeitet halt für zwei oder drei.“
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