Untersuchungsergebnisse

Jede sechste Wasser-Probe ist stark mit Nitrat belastet

Die gemeinnützige Organisation VSR-Gewässerschutz hat die Ende Mai in Bensheim abgegebenen Wasserproben ausgewertet. Das sind die Ergebnisse.

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red
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Ende Mai hatte das Labormobil des VSR-Gewässerschutz in Bensheim Station gemacht. Zahlreiche Bürger aus dem Kreisgebiet ließen Proben ihres privat geförderten Brunnenwassers untersuchen. Jetzt liegen die Ergebnisse vor. © Ernst Lotz

Bergstraße. Die Nitratbelastung im Brunnenwasser sinkt trotz vieler Auflagen zur Düngemenge und Düngezeitpunkt nicht so wie gehofft. Das stellte der VSR-Gewässerschutz bei der Auswertung der am 28. Mai in Bensheim abgegebenen 36 Brunnenwasserproben fest.

Die gemeinnützige Organisation fordert noch mehr Unterstützung für das Anlegen von Baumstreifen auf den Feldern. „Diese Agroforstsysteme führen nachweislich zu einer erheblichen Senkung der Nitratbelastung, ohne den Ertrag auf dem Acker zu verringern“, heißt es in einer Pressemitteilung der VSR-Gewässerschutz.

Auch eine nachträgliche Untersuchung von Wasserproben ist möglich

  • Das gelbe Labormobil des VSR-Gewässerschutz ist von April bis September unterwegs um Brunnenwasserproben zu untersuchen und Bürger am Informationsstand zu informieren.
  • Bergsträßer Bürger können auch nachträglich gegen einen Kostenbeitrag Wasserproben aus privaten Brunnen untersuchen lassen.
  • Auf der Homepage vsr-gewaesserschutz.de wird darüber informiert, wie man noch eine Wasserprobe mit der Post zusenden kann.
  • Alle bis Ende Oktober zugeschickten Proben fließen in die Jahresauswertung für den Kreis Bergstraße ein.
  • Im Winter werden dann Flüsse und Bäche beprobt, um festzustellen, inwieweit die Nitrate im Grundwasser zur Belastung in den Flüssen und Bächen führt.
  • Für viele Bäche stelle das Zusickern des nitratbelasteten Grundwassers eine Hauptursache für die starke Nitratbelastung dar. red

Matthias Ahlbrecht und der Ehrenamtler Frank Sombrowski beantworteten am Informationsstand in Bensheim viele Fragen von besorgten Brunnenbesitzern zu der Nitratbelastung und der Verwendung des Wassers. Die Brunnenwasserergebnisse vom diesjährigen Termin in Bensheim hat der Physiker Harald Gülzow bereits ausgewertet. In jeder sechsten Probe aus privat genutzten Brunnen stellte er eine Überschreitung von 50 Milligramm pro Liter (mg/l) Nitrat fest.

Höchster gemessener Nitratwert bei Einhäuser Proben

Besonders erschreckend fand der Gewässerexperte die festgestellte Belastung in den Gartenbrunnen in Einhausen mit 93 Milligramm Nitrat pro Liter (mg/l), in Pfungstadt mit 88 mg/l und in Auerbach mit 76 mg/l. Etwas weniger hoch belastet ist das Wasser in Lorsch mit 52 mg/l im Grundwasser.

Doch auch dort sieht Harald Gülzow noch Handlungsbedarf. Er betont, dass die Nitratrichtlinie, dazu verpflichtet eine Überschreitung des Nitratgrenzwertes von 50 Milligramm pro Liter im Grundwasser zu verhindern. „Im letzten Moment konnte gerade noch das Vertragsverletzungsverfahren mit hohen Strafzahlungen wegen der Nichteinhaltung der Richtlinie letztes Jahr abgewendet werden. Bis zur nächsten Überprüfung muss die Nitratbelastung deutlich sinken“, sagt Harald Gülzow.

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Im Kreis Bergstraße bestehen die landwirtschaftlichen Flächen laut VSR-Gewässerschutz zu 53 Prozent aus Ackerflächen. „Es dominieren Felder ohne Bäume. Diese verschwanden im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft“, heißt es in der Pressemitteilung. Das leichtlösliche Nitrat im Dünger werde durch Regenfälle schnell in tiefere Bodenschichten verlagert. Dort könnten die Feldfrüchte die Nährstoffe nicht mehr zum Wachstum verwenden. Im Gegensatz dazu könnten Bäume mit ihren tiefen Wurzeln das in die Tiefe transportierte Nitrat für sich nutzen.

„Bäume auf den Feldern helfen, das Nitrat wieder an die Oberfläche zu befördern und so in der Zukunft die Nitratbelastung im Brunnenwasser zu verringern“, erläutert berichtet Harald Gülzow.

Baumstreifen auf Feldern sollen Belastung verringern

Dieses Agroforstsystem, eine Kombination von Forst- und Landwirtschaft, sei an die Technik und die Produktionsweise der heutigen Landwirtschaft angepasst. Auf dem Feld stehen Baumstreifen aus schnellwachsenden Bäumen wie Pappeln, Weiden oder Erlen, die alle vier bis sechs Jahre geerntet und als Hackschnitzel zur Energiegewinnung verkauft werden. Der Abstand zwischen den Baumreihen bietet genügend Platz für Trecker, Grubber und Erntemaschinen zur Bearbeitung von Getreide, Zuckerrüben, Mais und Raps.

Niedrige Werte bei der Riedgruppe

  • Im Gegensatz zu den privaten Brunnen gibt es bei dem von der Riedgruppe Ost auf Einhäuser und Lorscher Gemarkung geförderten und ins Netz eingespeisten Trinkwasser kein Problem mit einer zu hohen Nitratbelastung. Der am 25. März erstellte Untersuchungsbericht nach der Trinkwasserverordnung weist für das Werk Feuersteinberg einen Nitratgehalt von 1,1 mg/l aus. Der Grenzwert liegt auch hier bei 50 mg/l. Mit dem Wasser aus Feuersteinberg werden Einhausen, Fehlheim, Langwaden, Lorsch, Rodau und Schwanheim beliefert
  • Beim Werk Jägersburg wurde laut Untersuchungsbericht ein Nitratwert von 1,4 mg/l festgestellt. Das Wasser wird unter anderem nach Bensheim-Stadt, Biblis und Groß-Rohrheim geliefert
  • Der deutlich niedrigere Nitratwert in den Ergebnissen des Wasserbeschaffungsverbandes Riedgruppe Ost hängt nach Angaben des Verbandsdirektors Armin Kromer mit der Lage der Brunnen zusammen. Gefördert wird nämlich im Wald. Nitrat gelange aber insbesondere unter landwirtschaftlich genutzten Flächen ins Grundwasser
  • Über die Webseite www.riedgruppe-ost.de kommt man zu den jeweils aktuellen Ergebnissen der Trinkwasser-Untersuchungen der Riedgruppe Ost mit zahlreichen weiteren Daten. kel

Die Angst, dass die Bäume zu Ernteeinbußen führen, hat sich laut VSR-Gewässerschutz nicht bestätigt. „Während an den Baumstreifen tatsächlich weniger Ertrag ist, beobachtet man ab einer gewissen Distanz zu den Bäumen in den meisten Fällen eine höhere Produktion als bei einem Vergleichsacker ohne Baumstreifen. Bei trockenen und heißen Sommer kommt es auch ohne Bewässerung zu weniger Ernteausfällen, da die Bäume vor Verdunstung schützen“, sagt Harald Gülzow.

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Außerdem weist er darauf hin, dass Landwirte mit Agroforst zum Klima- und Artenschutz beitragen würden. Landwirte können seit Anfang 2023 für Agroforstflächen Förderungen beantragen. Harald Gülzow hat jedoch festgestellt, dass die Höhe und die Bedingungen zum Erhalt dieser Fördergelder nicht zu einer bedeutenden Zunahme der Agroforstfläche geführt habe. Das liege daran, dass die Neuanlage von Agroforstsystemen sehr teuer ist und erst nach Jahren das Holz verkauft werden kann.

Größere finanzieller Unterstützung in Hessen gefordert

„Deshalb erhalten die Landwirte in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern für die Neuanlage von Baumstreifen auf den Feldern bereits weitere Unterstützung. Das muss unbedingt auch für die Landwirte in Hessen erfolgen. Die Landwirte dürfen mit den hohen Investitionskosten nicht allein gelassen werden“, betont Harald Gülzow. red

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