Umwelt

Damit das Gartengemüse nicht mit Bakterien berieselt wird

Zahlreiche Bergsträßer kamen zum Stand des Vereins VSR-Gewässerschutz, um ihr selbst gefördertes Brunnenwasser untersuchen zu lassen.

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Jörg Keller
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Dr. Matthias Ahlbrecht untersucht in dem Labormobil am Beauner Platz in Bensheim das Brunnenwasser © Ernst Lotz

Bergstraße. „Geht das so? Ich habe die Flasche fünfmal ausgespült.“ Der Fragesteller stellt eine kleine Cola-Flasche auf den vor einem gelben Kleinbus aufgebauten Tresen. Das Fahrzeug des Vereins VSR-Gewässerschutz hatte am Dienstag auf dem Beauner Platz in Bensheim Station gemacht.

Bürger aus der Region waren aufgerufen, Wasserproben aus dem heimischen Gartenbrunnen, aus privaten Quellen oder Teichen mitzubringen. Gegen ein je nach Aufwand variierendes Entgelt konnte man dieses analysieren lassen. „Wir haben ein Haus in Schwanheim gekauft. Da gibt es bereits einen Brunnen. Jetzt wollen wir wissen, für was wir das Wasser verwenden können“, sagt der Mann mit der Cola-Flasche.

Tipps zur Gartenbewässerung

  • Der Verein VSR-Gewässerschutz gibt Tipps, aus was man beim Gießen von Gartenpflanzen mit Brunnenwasser achten sollte.
  • Manche Gemüsesorten wie beispielsweise Kopfsalat, Radieschen, Spinat, Endivie, Rettich, Fenchel, Chinakohl oder Rote Bete nehmen besonders viel Nitrat auf, wenn im Boden hohe Nitratkonzentrationen vorhanden sind. Nicht nur stickstoffhaltiger Dünger, sondern auch das Nitrat im Gießwasser erhöht den Nitratwert im Boden.
  • Eisen ist für Pflanzen zwar ein wichtiges Spurenelement, aber ein Eisenüberschuss kann auch schädlich sein.
  • Saures Wasser versauert den Boden. Bei einem niedrigen pH-Wert stehen die Nährstoffe im Boden den Pflanzen ggf. nicht ausreichend zur Verfügung. Außerdem setzt ein niedriger pH-Wert für Pflanzen schädliche Metalle im Boden frei. Höhere Aluminiumkonzentrationen können in sauren Böden von den Wurzeln aufgenommen werden und die Pflanzen schädigen.
  • Die Pflanzen in unserer Region sind darauf eingestellt, mit ihren Wurzeln Süßwasser aufzunehmen. Je nach Empfindlichkeit der Pflanzen gegenüber Chlorid können höhere Konzentrationen im Bewässerungswasser Schäden hervorrufen. Zu salzhaltiges Gießwasser kann die Wurzeln und den Wassertransport in der Pflanze schädigen.
  • Auch Keime stellen ein Problem dar. Bakterien können sich beim Kontakt mit dem Obst oder Gemüse anheften und gegebenenfalls mitgegessen werden. red

Mit seinem Anliegen war er nicht alleine. Schon kurz nach Beginn der um 15 Uhr gestarteten zweistündigen Aktion hatte sich eine längere Schlange vor dem Wagen gebildet. Matthias Ahlbrecht und Frank Sombrowski hatten alle Hände voll zu tun, die Besucher individuell zu beraten und abzuschätzen, welche Untersuchung letztlich sinnvoll ist. Die Bandbreite reicht von einer Vor-Ort-Analyse für 12 Euro, bei der lediglich der Nitratgehalt, der pH-Wert und die Leitfähigkeit des Wassers gemessen werden, über eine Brauchwasseranalyse (59 Euro) bis zur „Großen Kombi-Wasseranalyse + Schwermetalle“ für 138 Euro.

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Während erstere Untersuchung nur zeigt, ob das Nass aus dem Brunnen zum Gießen von Bäumen und Zierpflanzen geeignet ist, erfährt man bei dem Rundumschlag beispielsweise auch, ob man darin Baden kann, ob es für Tiere geeignet ist und ob man es selbst trinken kann. Letzteres will beispielsweise eine Frau aus Lorsch wissen, die extra für diesen Termin nach Bensheim gefahren ist. Was ist, wenn mal die öffentliche Trinkwasserversorgung ausfällt? Wäre dann das Wasser aus dem Brunnen eine gefahrlose Alternative, um den Durst zu löschen?

Bedenkenlose Erfrischung aus einer Quelle im Wald?

Ob der Verzehr der von ihm mitgebrachten Flüssigkeit unbedenklich ist, will auch ein weiterer Besucher wissen. Er hat das Wasser aus einer öffentlich zugänglichen Quelle im vorderen Odenwald abgefüllt, die viele Sportler und Wanderer zur Erfrischung nutzen würden.

Den genauen Ort will er der Zeitung lieber nicht verraten. Dass der Standort durch die Untersuchung des Vereins bekannt wird, braucht er nicht zu fürchten. Ebenso wenig wie Bürger, die Wasser aus einem Gartenbrunnen vorbeibringen. „Unsere Untersuchung ist anonym. Die Namen und Adressen werden nach der Rücksendung des Ergebnisses gelöscht“, erläutert Matthias Ahlbrecht auf Nachfrage. Die erhoben Analysedaten würden lediglich zu statistischen Zwecken weiterverwendet.

Viele Interessenten wollen wissen, ob sie mit dem selbst aus der Tiefe geförderten Wasser bedenkenlos Obst und Gemüse gießen können. Problematisch ist das insbesondere dann, wenn der Brunnen mit Keimen belastet ist. Und das kommt gar nicht so selten vor.

VSR-Gewässerschutz

  • Der VSR-Gewässerschutz e.V. ist eine gemeinnützige Umweltschutzorganisation.
  • Bereits 1980 entstand der VSR-Gewässerschutz als Zusammenschluss verschiedener Bürgerinitiativen im Rheineinzugsgebiet. Sein damaliger Name „Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse“ beschrieb das Ziel.
  • Heute engagiert sich der Verein nach eigenen Angaben für den Schutz der Gewässer im gesamten deutschen Nord- und Ostseeeinzugsgebiet. Deshalb wurde der Name in VSR-Gewässerschutz umgewandelt.
  • Mit Wasseranalysen soll der Zustand des Grundwassers bewertet werden. Belastungen sollen möglichst frühzeitig und umfassend erkannt werden. red

Bei den zwischen 2018 bis 2023 durchgeführten Wasseruntersuchungen im Kreis Bergstraße fand der VSR-Gewässerschutz coliforme Keime in 16,8 % untersuchten Brunnen. Grund dafür ist zumeist eindringendes Oberflächenwasser. Gerade Starkregenfälle können zu Bakterien im Brunnenwasser führen. Oder auch Baumwurzeln, die in das unterirdische Reservoir hineinreichen, wie Matthias Ahlbrecht am Stand erläutert.

Eine weitere Gefahr stellen im Untergrund liegende defekte Abwasserleitungen dar, kann man auf der Webseite des Vereins nachlesen. In diesem Fall kann Abwasser ins Grundwasser eindringen und dieses mit e.Coli belasten. E.Coli-Bakterien fanden die Experten vom VSR-Gewässerschutz nach eigenen Angaben in 2,5 Prozent der von 2018 bis 2023 untersuchten Brunnen im Kreis Bergstraße.

472 Brunnenbesitzer aus dem Kreis Bergstraße brachten bereits in den Jahren zuvor ihre Wasserproben aus dem eigenen Brunnen zum Informationsstand des VSR-Gewässerschutz. Außer einer möglichen Bakterienbelastung wurden noch zahlreiche weitere Mängel gefunden.

Fast ein Viertel aller Proben weist eine zu hohe Nitratbelastung auf

In 23,5 Prozent der von 2018 bis 2023 untersuchten Brunnenwasserproben lag die Nitratbelastung über dem Trinkwassergrenzwert von 50 mg/l. „Ein Grund für diese Belastung ist die intensive Landwirtschaft. Gerade das oberflächennahe Grundwasser ist besonders belastet“, erläutert der Verein. Nitrat im Brunnenwasser stelle bei der Nutzung bereits ab 25 mg/l ein Problem dar: Gartenteiche sollten mit diesem Wasser nicht aufgefüllt werden, da es das Algenwachstum fördert.

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red
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Für andere Nutzungen muss das Wasser im Garten nicht den Trinkwassergrenzwert einhalten. Dass viel Eisen im selbst geförderten Wasser gelöst ist, hat wohl so mancher Hausbesitzer schon feststellen müssen, wenn eine weiße Wand im Einzugsbereich eines Beregners steht. Nach und nach färbt sie sich rostrot. Grundsätzlich sei Eisen im Brunnenwasser aber nicht gefährlich, erläutern die Experten.

Bis zu einem Wert von 0,8 mg/l stelle das Metall beim Trinken oder auch beim Befüllen eines Planschbeckens kein Problem dar. In der deutschen Trinkwasserverordnung liegt dieser Grenzwert bereits bei 0,2 mg/l. Dies wurde jedoch in erster Linie aus optischen und geschmacklichen Gründen festgelegt.

„Leider haben wir im Kreis Bergstraße in 12,6 Prozent der 2018 bis 2023 untersuchten Brunnen schon Eisengehalte von über 0,8 mg/l gefunden. Bei solch hohen Werten kann es zu Problemen bei technischen Geräten kommen und die Ablagerungen von Eisen in den Leitungen können einen Nährboden für Keime darstellen“, erläutert der Verein.

Für was sie das Wasser aus dem eigenen Brunnen bedenkenlos nutzen können, werden die meisten Besucher des jüngsten Ortstermins in Bensheim in etwa zwei Wochen erfahren. Dann werden die abgegebenen Proben ausgewertet sein und die Ergebnisse werden versandt. „Wenn dann noch etwas unklar ist, kann man sich gerne bei uns melden, sagt Matthias Ahlbrecht.

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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