Heppenheim. Wo, wenn nicht im Kino, lassen sich Visionen ausleben? Widmen sich die großen US-Produktionen, die „Blockbuster“, der Welt, geht es meist um deren Untergang oder unerschrockene Helden, die diesen gerade noch abwenden. Die großen Entscheidungen fallen (auch) in der Realität auf höchster Ebene, aber in der Kommune lässt sich eine bessere Welt im Kleinen formen und vorleben.
In Heppenheim versuchen sich verschiedene Akteure daran; der Betreiber des Saalbau-Kinos, Jörg Fritz, zählt dazu. Das hessische Wissenschaftsministerium hat ihn und sein Lichtspieltheater nach eigenen Angaben im Rahmen einer „bundesweit einzigartigen Ausrichtung“ gewürdigt. Wofür und was er sonst noch vorhat inklusive eines Heppenheimer Regenwalds erzählte Fritz dieser Zeitung. Der zum fünften Mal verliehene Hessische Preis für nachhaltiges Kino, festgemacht an ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Aspekten, ging diesmal ins nordhessische Städtchen Wolfhagen.
Auf Umweltverträglichkeit achten
Würdigungen erhielten die Kinos in Bad Nauheim, Nidda sowie in Südhessen Weiterstadt und eben, verbunden mit einer Prämie von 1000 Euro, auch Heppenheim. Dort beschäftigt sich Jörg Fritz schon länger mit den Themen Energie und Nachhaltigkeit. In der ohnehin großen Herausforderung, noch wirtschaftlich arbeiten zu können, achtet er auf Effizienz, aber eben auch auf Umweltverträglichkeit und seine gesellschaftliche Verantwortung. Sein Kino thematisiert cineastisch Nachhaltigkeit und ist viel mehr als ein Vorführraum – ein Ort der Begegnung und des Austauschs. Unter anderem darin erkläre sich, merkt Fritz wie zur Rechtfertigung an, weshalb Kinos staatliche Förderung erfahren.
Zum Beispiel über das Kino der Kulturen, in Zusammenarbeit mit der Flüchtlingshilfe Heppenheim, bringen die Saalbau-Lichtspiele ganz unterschiedliche Menschen zusammen, die sonst wohl nicht zusammenfänden. Und die auch kein Algorithmus definierte, wie es in den sozialen Medien verbreitet ist. Um neue Perspektiven, einen erweiterten Horizont, geht es freilich auch beim Thema Nachhaltigkeit, das Fritz schon im Gebäude selbst verankert.
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Bereits 2020, also noch vor den Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs, der auch hierzulande eine Energiekrise auslöste, stand Fritz vor der Frage, wie er das Kino künftig belüften und beheizen wollte. So oder so „war klar, dass wir etwas machen müssen“.
Es folgten eine neue Lüftungsanlage und eine Wärmepumpe, gefördert durch Bund (Filmförderung) und Land („HessenFilm und Medien GmbH“), sodass dies finanzierbar war. Gleiches gilt für die nun geplante Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.
Soweit ist auch dafür alles in die Wege geleitet. Fritz hofft, dass die Verwirklichung noch dieses Jahr gelingt. „Das Kino ist dann mit seiner alten Technik in die Zukunft katapultiert worden.“ Das verantwortliche hessische Ministerium unterstützt und würdigt Umgesetztes wie Konzeptionalisiertes. Zu Letzterem zählt eine Zukunftsmusik, die sich um den Hof des Saalbaus dreht. Die mehr als hundert Jahre alten Kastanien liegen nicht nur Fritz am Herzen. Und die heute wegen anhaltender Hitze und Trockenheit zunehmend nur schwierig zu lösende Aufgabe der Wasserversorgung städtischer Bäume umtreibt ihn sehr.
Eine Lösungsoption, vielmehr noch eine Vision, ist Fritz zufolge, einen oberen Teil des versiegelnden Bodens zu entfernen und durch Kies zu ersetzen. Damit das Wasser nicht einfach über den Boden in die Kanalisation rauscht und verloren geht, sondern bleibt und zur Kräftigung der Bäume versickern kann.
Der andere Gedanke gilt einer Zisterne, um Regenwasser gewinnen und anderweitig verwenden zu können. Darüber spricht Jörg Fritz augenzwinkernd, aber aus völlig ernst gemeinter Intention heraus vom Heppenheimer „Regenwald“, in dem den auch als Schattenspendern immer wertvolleren Bäumen eine zentrale Rolle zufällt. Ihre Rettung wird zur Lebensqualität in Heppenheim, für seine Bürger und Gäste, einen Beitrag leisten können.
Stellt sich wieder die Frage der Finanzierung. Hunderttausende oder gar Millionen Euro, wie sie für Bensheims Parktheater oder den Heppenheimer Kurfürstensaal im Amtshof zu Sanierungszwecken zum Einsatz kamen, „habe ich nicht“, macht Fritz deutlich.
Also muss es Hilfen geben, „vielleicht ja größere Firmen in Heppenheim, die etwas Nachhaltiges lokal finanzieren wollen“. Das sich dann auch gut vermitteln ließe. Eben beispielsweise im Saalbau-Kino. Bei Landeswissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) sei das Thema gut angekommen, sagt Jörg Fritz. Eine Sponsoring-Kampagne hat er noch nicht, eine Vision aber schon. mbl/ü
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