Bergsträßer Jazzfestival

Bergsträßer Jazzfestival zu Gast bei Maiway in Bensheim

Eine ruhige Insel innerhalb des Maiway-Trubels: Das Duo Flute ‘n’ Bass brillierte mit leisen Klängen in der magisch illuminierten Stadtkirche St. Georg

Von 
Thomas Tritsch
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Das Duo Flute ’n’ Bass – Stephanie Wagner und Norbert Dömling – spielte im Rahmen des Bergsträßer Jazzfestivals in der Stadtkirche St. Georg. © Showmaker

Bergstraße. Auch in diesem Jahr war das Bergsträßer Jazzfestival wieder zu Gast bei Maiway: in der atmosphärisch farbenreich illuminierten Stadtkirche gastierte am Abend das Duo Flute ‘n’ Bass, dessen leise und lyrische Klangwelten wunderbar mit dem Ort harmonierten. St. Georg war am Mittwoch so etwas wie die ruhige Insel inmitten des Trubels auf dem Marktplatz und in den Straßen um ihn herum.

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Die Jazzflötistin Stephanie Wagner und Norbert Dömling am Kontrabass haben den sakralen Klangraum mit filigranen Arrangements und effektvollen Eigenkompositionen ausgefüllt. Bruno Weis, künstlerischer Leiter des Jazzfestivals, begrüßte um 21 Uhr zahlreiche Gäste, die ein noch junges Duo aus zwei allerdings sehr erfahrenen Musikern erlebt haben.

Tiefe Leidenschaft und kreatives Niveau

Mit ihrem Debüt-Album „Traces“ haben sie im vergangenen Jahr eine sehr intensive und musikalisch elegante Aufnahme veröffentlicht, die nicht nur das Spektrum beider Instrumente offenbart, sondern auch deren Kombinationsmöglichkeiten auf eine selten gehörte Art und Weise verdeutlicht. Die Musik steckt voller Dynamik und kontrastreicher Texturen, angereichert mit plastischen Improvisationen und einer rhythmischen Verspieltheit, die auf tiefe Leidenschaft und kreatives Niveau schließen lässt.

Die stilistische Bandbreite wird in einem beredten Dialog der Instrumente ausgelotet und permanent auf unterschiedlichen Ebenen neu interpretiert. Dömling und Wagner beweisen hohes Verständnis für eine effektvolle Zusammenarbeit, experimentelle Ausflüge und melodische Strukturen, die trotz etlicher perkussiver Pointen und Überraschungen ins Ohr gehen. Der Ausdruck reicht von melancholisch-verträumt bis überschwänglich und tänzerisch-vergnügt. Das präzise Timing verweist auf ein tiefes Verständnis zwischen den Musikern. Dass hier keine Begleitband potenzielle Unsauberkeiten ausbügeln kann, macht die Besetzung umso faszinierender. Im Grunde kann sich Flute ‘n’ Bass keinerlei Nachlässigkeiten leisten, die ungehört blieben.

Zwei Generationen von Musikerinnen und Musikern treffen aufeinander

Das Konzert in Bensheim vereinte nicht nur freie Spielräume und geordnete Strukturen, frische Sounds und klassische Harmonien, sondern auch zwei Generationen von Musikern. Stephanie Wagner ist 1967 in Mainz geboren und zählt zu den führenden deutschen Jazz-Flötistinnen. Der Würzburger Norbert Dömling ist 15 Jahre älter und hat als Autodidakt Bassgitarre und Kontrabass zunächst in Bluesbands gespielt, bevor er zum Jazzrock und zum Modern Jazz gekommen ist. Er wurde mit dem Darmstädter Musikpreis 2023 ausgezeichnet. Auch in seinem Quintett Norbert Dömling’s Flying Spices gehört Stephanie Wagner neben Tony Lakatos, Manuel Seng und Andreas Neubauer zum Stammpersonal.

Die versierte Fingertechnik des Bassisten und der lyrische Ton der Flötistin passen sehr schön zueinander. Aber auch Stephanie Wagner fordert ihre Instrumente (C-, Bass- und Altflöte), indem sie alle Techniken des Querflötenspiels von Überblas- und Nebenblaseffekten bis zu rhythmisch arrangierter Mehrstimmigkeit und Lufteffekten bisweilen spektakulär in Einklang bringt. Das Stück „Wind“ war in Bensheim beispielhaft für das Zusammenspiel aus Klappen- und Atemgeräuschen, während Dömlings permanente Suche nach der inneren Magie und klanglichen Souveränität des Tieftöners immer wieder in verblüffenden klanglichen Sphären vor Anker ging.

Eigenkompositionen und Werke anderer Musiker

Das Publikum erlebte maximale Plastizität und Transparenz, filigrane Sound-Nuancen und eine leuchtende Vielfalt an musikalischen Farben und Formen. Kaum ein Zufall, dass „Traces” für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde und steht auf der Liste der „Recommended CDs” des New York City Jazzrecords-Magazins zu finden ist.

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Zu den Eigenkompositionen der CD gehören Stücke wie „Pumpkins and Pearls“ oder „Daydreaming“ (beide Dömling), die in der feinen, aber auch schwierigen Akustik der Stadtkirche auch klanglich reüssieren konnten – wenn man richtig platziert war. Am besten nicht zu nah und nicht zu distanziert, um Dopplungen und Hall-Effekte zu umgehen. Aber auch Werke anderer Musiker gehören in Bensheim zum Menü, darunter „Jeep On 35“ vom amerikanischen Jazz-Gitarristen John Scofield.

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