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Maiway bringt die Bensheimer Innenstadt zum Leuchten

Am Vorabend des Feiertags Christi Himmelfahrt lockte das Musikfestival wieder Tausende Besucher in die Stadt. Insgesamt spielten 42 Bands auf 28 unterschiedlichen Bühnen.

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ro
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Bensheim. Die Bensheimer Innenstadt ist kein märchenhaft verzauberter Frosch, der auf die küssende Prinzessin wartet, um aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen. Dafür ist sie allen Zweiflern zum Trotz zu lebendig. Zumal die Rolle vermutlich nur schwer zu besetzen sein dürfte. Die der Prinzessin wohlgemerkt. Aber ein paar Denkanstöße? Die verträgt jede Innenstadt. Als zuverlässiger Lieferant kreativer Impulse hat sich seit Jahren die Showmaker-Truppe um Agentur-Inhaber Harry Hegenbarth einen Namen gemacht. Das Musik- und Kneipenfestival Maiway, 2003 von Hegenbarth und Thorsten Zanger aus der Taufe gehoben, dient dabei als Paradebeispiel.

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Es zeigt, wie Fassaden, Denkmäler, Ecken und Winkel illuminiert und faszinierend in Szene gesetzt werden können – vom Musikgenuss mal ganz abgesehen. Die Innenstadt wird so tatsächlich zu einem Spielraum für Fantasien, zu einem zauberhaften Gesamtkunstwerk.

Womit wir bei Maiway 2024 wären. Die 22. Auflage am Mittwochabend toppte noch einmal die bereits schon erstklassigen Vorgänger. Tausende Besucherinnen und Besucher fluteten die Festivalmeile und hangelten sich am roure Schdrisch entlang zu den Spielstätten. Der rote Strich, Markenzeichen und Wegweiser zugleich, bekam in diesem Jahr Gesellschaft von einem kleinen roten Teppich, der kunstvoll illuminiert in der Erbacher Straße für gezückte Handys und Catwalk-Feeling sorgte.

Die Fassade von Sankt Georg als visuelles Flaggschiff

Es sind diese kleinen, aber feinen Akzente, mit denen Maiway unter der Regie von Projektleiterin Adriana Filippone Bensheim belebt und bereichert. An Aha-Effekten mangelt es zwischen Stadtpark und Storchennest nicht. Der Rodensteiner Hof verwandelte sich in einen strahlenden Leuchtturm, während zu seinen Füßen im wie immer gut gefüllten Stadtpark zunächst das Hoffmann-Projekt und anschließend The Groove Generationen selbst chronische Bewegungsmuffel zu leichten Tanzschrittchen animierten.

Visuelles Flaggschiff an einem durchaus milden Mai-Abend war aber wieder ein anderes Bensheimer Wahrzeichen. Was Tobias Rohatsch (Young Dimension Eventtechnik) auf die Fassade von Sankt Georg zauberte, war extrem großes Kino. Nur für die Lichtspiele alleine hätte man Eintritt verlangen können. Diesen Schorschblick sollte man sich tatsächlich nicht entgehen lassen. Mal flatterten Schmetterlinge über die steinerne Leinwand, mal funkelten Sterne oder lief ein Feuerband die Konturen des Gotteshauses entlang – von den durchaus genialen 3D-Effekten ganz zu schweigen.

Benefiz-Euro

Zum wiederholten Mal unterstützt Showmaker mit dem Benefiz-Euro (ein Euro pro verkauftem Bändchen) die Deutsche Muskelstiftung, die insbesondere Menschen hilft, die an der seltenen Krankheit Spinale Muskelatrophie (SMA) erkrankt sind.

Die Deutsche Muskelstiftung hilft Betroffenen von SMA und deren Familien und möchte die Forschung nach Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet weiter voranbringen.

Außerdem fördert man über den Erlös eine Gruppe von Jugendlichen, die erneut in Bensheim das „Sundaze Open Air“ auf dem Verkehrsübungsplatz ausrichten. Termin ist am 12. und 13. Juli, inklusive Skatecontest und Workshops. Mehr Informationen gibt es unter www.sundazeopenair.de. ro

Auch das illuminierte Innenleben der Stadtkirche war ein beliebtes Fotomotiv. Wer jedoch zu sehr die Handykamera bemühte, lief Gefahr, einen absoluten Hörgenuss zu verpassen. Das Duo „Flute ’n’ Bass“ mit der Jazzflötistin Stephanie Wagner und Norbert Dömling am Kontrabass präsentierte im Zuge des Bergsträßer Jazzfestivals einen frischen Sound im alten Gemäuer (ausführlicher Konzertbericht folgt).

Maiway lebt, was keine neue Erkenntnis ist, musikalisch vom Spaß am Gegensätzlichen. Wer sich von harten Gitarrenriffs kurz die Ohren durchpusten lassen möchte, ist hier ebenso richtig wie Freunde südamerikanischer Klänge, gecovertem Radio-Pop, Soul, Blues, spannender Eigenkompositionen oder Liebhaber deutscher Schlagerkunst, gewohnt genussvoll vorgetragen vom Bergsträßer Schlagerkönig Rico Bravo.

Experimenteller ging es im Hof hinter der Hospitalkirche zu. Der Lichtkünstler Pascal Kulcsár und der Musiker Niklas Kleber, der unter dem Pseudonym Abukurt auftritt, erweiterten das Festival mit ihrer Melange aus Lichtinstallation und Livemusik um eine weitere Facette. Meditative Klänge, elektronische Sounds und die Wände des alten Hospitaltrakts verschmolzen zu einer Einheit aus Tönen und Farben. Zum Aufwärmen empfahl sich im Anschluss ein Abstecher ins Café Storch des Familienzentrums, wo Stir it up mit Roots, Rock und Reggae ablieferten.

Wer keine Experimente eingehen wollte, konnte es sich wie immer im Bürgerhaus gemütlich machen. Dort rockten DNS vor großer Kulisse in den Feiertag hinein. Weniger meditativ – aber in den vorzeitigen Entspannungsmodus wollte dort sowieso niemand schalten.

Platz für ein Konzert ist in der kleinsten Hütte

Es ist eben auch die Lust am Entdecken, die Maiway ausmacht. Es sind die Konzerte an Orten, die im Alltag alles andere sind – nur eben keine Bühnen. Platz ist dann selbst in der kleinsten Hütte, für eine Gitarre und ein Mikro findet sich immer ein Fleckchen. Wie in einem leerstehenden Geschäftsräumchen an der Mittelbrücke. Dort bewiesen zunächst der 14 Jahre alte Tim Blesing und anschließend Danny Wünschel, dass es kein großes Orchester braucht, um erstklassige Unterhaltung zu bieten. Apropos erstklassig: Die Mittelbrücke hatte Showmaker mit vier geflaggten Bühnenteppichen in eine Kulisse verwandelt, die problemlos bei Game of Thrones eine tragende Rolle hätten spielen können.

Auf eine schnelle musikalische ÖPNV-Runde konnten die Besucher mit dem Shuttlebus gehen, der die beiden Satelliten-Spielstätten in der Weststadt mit dem Zentrum verband. Ein kurzer Ausflug an diesem Abend lohnte sich sowohl ins Center-of-Moving-Arts als auch in die Bergsträßer Kaffeerösterei.

Schweizer Band als Geheimtipp im Parktheater

Als echter Geheimtipp erwies sich übrigens das Parktheater. Die Schweizer Formation M.O.T.H.E.R. rockte den hinteren Bühnenbereich, den das Parktheater-Team der Stadtkultur in einen kleinen Underground-Club umfunktioniert hatten. Perfekt für die drei Schweizer, die in klassischer Besetzung mit Gitarre, Bass und Schlagzeug für ein echtes Maiway-Highlight sorgten – und sich dringend für ein Wiedersehen in Bensheim empfahlen.

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Fazit: Der rote Strich hat nichts von seiner Strahlkraft verloren, er leuchtet heller denn je. Gute Laune und ausgelassene Stimmung gerecht verteilt zwischen den Locations. Maiway mobilisiert friedlich die Massen. Die Besucherzahl dürfte sich auf Rekordniveau bewegen, auch wenn die genaue Auswertung noch aussteht. Danach streben die Veranstalter zwar nicht, aber Maiway ist längst Selbstläufer, Szenetreff, Hotspot in einem und weitaus mehr als „nur“ ein Musik- und Kneipenfestival. Der Nachtmarkt auf dem Marktplatz und die Foodtrucks mit einer kulinarischen Vielfalt auch jenseits der Klassiker stehen für eine gezielte Weiterentwicklung.

Für einen Abend setzte Bensheim wieder alles auf Rot – eine gute Entscheidung. ro

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